Gärreste aus Biogasanlagen

Gärreste aus Biogasanlagen im Ökolandbau einsetzen: Was ist erlaubt?

Biogasanlagen sind inzwischen ein bedeutender Bestandteil der Energieversorgung. Bei der Vergärung der organischen Substrate bleiben Biogasgärreste übrig. Diese sind nährstoffreich und können unter bestimmten Bedingungen auch im Biolandbau als Düngemittel eingesetzt werden.

Was sind Gärreste und wie entstehen sie?

Gärreste sind die verbleibenden Rückstände aus der Biogaserzeugung. Sie entstehen bei der Vergärung organischer Materialien – etwa Pflanzenreste, Mist oder Gülle – in einer Biogasanlage. In einem mehrstufigen, anaeroben Prozess wird dabei Biogas erzeugt; zurück bleibt ein nährstoffreicher Gärrest, der sich in einen festen und einen flüssigen Anteil trennen lässt.

Feste Gärreste enthalten vor allem organische Substanz, während die flüssige Phase mehr lösliche Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphor und Kalium aufweist.

Gärrest – Wirtschaftsdünger oder organischer Dünger?

Ob und wie Gärreste im Ökolandbau eingesetzt werden dürfen, hängt wesentlich von ihrer Herkunft und Zusammensetzung ab. Die rechtliche Einordnung erfolgt dabei nach den verwendeten Substraten im Biogasprozess: 

  • Gärreste aus pflanzlichen Materialien wie Ernterückständen, Zwischenfrüchten oder Grünschnitt aus landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieben sowie Gärreste von tierischen Erzeugnissen wie Gülle und Mist gelten als Wirtschaftsdünger. Ihre Nutzung ist im Ökolandbau unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. 

  • Gärreste aus mitvergorenen Bioabfällen, zum Beispiel aus der Biotonne, aus Küchen- und Speiseabfällen oder kommunalen Sammelstellen, werden hingegen als organische Dünger klassifiziert. Diese unterliegen zusätzlich den Vorgaben der Bioabfallverordnung (BioAbfV) und müssen strengen hygienischen und qualitativen Anforderungen genügen. 

Diese Unterscheidung hat direkte Auswirkungen auf die Zulassung und Anwendbarkeit im ökologischen Landbau. 

Einsatz von Gärresten im ökologischen Landbau gemäß EU-Öko-Verordnung

Grundsätzlich gilt: Gärreste unterliegen nicht der Bio-Zertifizierung. Die EU-Öko-Verordnung 2018/848 findet ausschließlich auf Lebensmittel, Futtermittel sowie lebende Tiere Anwendung. Betriebsmittel wie Dünger und Bodenverbesserer werden nicht bio-zertifiziert, können jedoch als zugelassene Betriebsmittel im ökologischen Landbau eingesetzt werden – sofern sie den entsprechenden Anforderungen genügen. 

Die wesentlichen rechtlichen Grundlagen hierfür sind: 

Voraussetzungen für den Einsatz von Gärresten im Ökolandbau 

Damit Gärreste im ökologischen Landbau eingesetzt werden dürfen, müssen sie spezifische Anforderungen erfüllen. Im Einzelnen sind folgende Voraussetzungen zu beachten: 

  • Zulässige Ausgangsstoffe: Neben pflanzlichen Materialien und pflanzlichen Nebenprodukten sind auch tierische Nebenprodukte nach der Verordnung (EU) Nr. 2021/1165 (Kat. 2 und 3), erlaubt, sofern sie nicht aus industrieller Massentierhaltung stammen und den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 entsprechen.
  • Keine Gentechnik: Gärreste dürfen keine gentechnisch veränderten Organismen (GVO) oder daraus gewonnene Bestandteile enthalten – weder als Ausgangsstoff noch als Zusatz. 
  • Verarbeitungsanforderungen: Der Produktionsprozess muss klar dokumentiert und konform mit den geltenden hygienischen und technischen Standards durchgeführt werden. Insbesondere bei tierischen Bestandteilen gelten strenge Vorschriften zur Hygienisierung und Rückverfolgbarkeit. 
  • Nährstoffgrenzen pro Hektar: Der Einsatz von Gärresten darf den Grenzwert von 170 Kilogramm Stickstoff (N) pro Hektar und Jahr nicht überschreiten. Zudem dürfen Biogaszusätze (beispielsweise zur Erhöhung des Gasertrags) nicht gezielt zur Steigerung des Nährstoffgehalts des Gärrests verwendet werden. 

Strengere Richtlinien der Bio-Verbände für Gärreste aus Biogasanlagen

Über die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung hinaus haben die deutschen Bio-Anbauverbände eigene, teils deutlich strengere Richtlinien zum Einsatz von Gärresten formuliert. Im Mittelpunkt stehen dabei die Herkunft und Zusammensetzung der eingesetzten Substrate sowie die Art der Rückführung der Gärreste auf landwirtschaftliche Flächen.

Während etwa Bioland einen hohen Anteil ökologischer Substrate (mindestens 60 Prozent) verlangt und den Einsatz von konventionellem Mais stark begrenzt, lehnt Demeter den Einsatz konventioneller Ausgangsstoffe mit wenigen Ausnahmen nahezu vollständig ab. Dort müssen zudem zwei Drittel der Substrate aus dem eigenen Betrieb oder von Kooperationspartnern stammen. Naturland lässt begrenzt konventionelle pflanzliche Substrate zu, legt jedoch besonderen Wert auf Reststoffnutzung und Fruchtfolgevielfalt.

Auch die Düngung mit Gärresten ist streng reglementiert – manche Verbände erlauben sie nur unter bestimmten Voraussetzungen oder in festgelegten Mengen. Besonders kritisch steht Demeter der Gärrestdüngung gegenüber, da diese als zu nah an einer mineralischen Düngung betrachtet wird. Viele Verbände verlangen außerdem einen geschlossenen Nährstoffkreislauf: Gärreste dürfen nur im Verhältnis zur zuvor gelieferten Menge an Substraten verwendet werden.

Einen detaillierten Überblick gibt das Factsheet Biogas der Bio-Anbauverbände (PDF_Datei).

Gärreste als Dünger im Ökolandbau nutzen

Als Düngemittel können Gärreste im ökologischen Landbau – unter Einhaltung der genannten gesetzlichen Vorgaben und der Verbandsrichtlinien – zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit beitragen und helfen, Nährstoffkreisläufe zu schließen. Transparenz und Rückverfolgbarkeit der eingesetzten Substrate sind unerlässlich, um die ökologische Integrität des Kreislaufs zu sichern. Gleichzeitig müssen Landwirtinnen und Landwirte ein gezieltes Nährstoffmanagement betreiben, um Überdüngung und Nährstoffverluste zu vermeiden. Besonders in Regionen mit bestehenden Nährstoffüberschüssen ist eine sorgfältige Abstimmung der Düngung auf die tatsächlichen Bedarfe der Kulturen essenziell.

Wie viel Gärreste pro Hektar sind zulässig und sinnvoll?

Die zulässige Ausbringungsmenge von Gärresten im Ökolandbau richtet sich nach den Grenzwerten der Düngeverordnung sowie der EU-Öko-Verordnung. Grundsätzlich sind pro Hektar und Jahr maximal 170 kg Gesamtstickstoff aus organischen Düngern erlaubt, wobei viele Bio-Verbände eigene, teilweise strengere Obergrenzen definieren. Entscheidend ist, dass die Ausbringungsmenge am tatsächlichen Nährstoffbedarf der jeweiligen Kultur orientiert wird – etwa 40 Kilogramm Stickstoff pro Hektar im Ackerbau oder bis zu 110 Kilogramm Stickstoff pro Hektar bei Gemüse. Beispielrechnungen helfen, eine Überdüngung zu vermeiden und den Düngeeffekt gezielt zu nutzen. Dabei sollten auch die Mineralisierungsdynamik und die Verfügbarkeit der Nährstoffe im Gärrest berücksichtigt werden.

Der richtige Ausbringungszeitpunkt: Wann bringt man Gärreste aus?

Gärreste sollten vorzugsweise dann ausgebracht werden, wenn die Pflanzen den enthaltenen Stickstoff aktiv aufnehmen können – also während der Hauptwachstumszeit im Frühjahr und Sommer. In den Wintermonaten gelten auch für ökologisch wirtschaftende Betriebe Sperrzeiten gemäß Düngeverordnung, in der Regel vom 1. November bis 31. Januar. Zusätzlich ist die Ausbringung bei gefrorenen, wassergesättigten oder verschneiten Böden verboten, um Auswaschungsverluste zu vermeiden. Eine witterungsangepasste und bodenschonende Ausbringung – idealerweise mit emissionsarmen Techniken wie Schleppschläuchen – erhöht die Nährstoffeffizienz und schützt die Umwelt. Gleichzeitig sollte auch die Bodenstruktur nicht beeinträchtigt werden.

Vorteile von Gärresten als Dünger für Bodenfruchtbarkeit und Klimaschutz

Neben der Versorgung mit Nährstoffen leisten Gärreste einen wertvollen Beitrag als Bodenverbesserer – ähnlich wie Pflanzenkohle, Tonminerale oder andere organische Stoffe. Sie fördern den Humusaufbau, verbessern die Bodenstruktur und können die biologische Aktivität im Boden anregen.

Zudem trägt die Vergärung von Gülle und anderen organischen Materialien zur Reduktion von Treibhausgasemissionen bei, da Methanverluste in offenen Lagerstätten vermieden werden. Gärreste können somit mineralische Dünger teilweise ersetzen und helfen, natürliche Ressourcen zu schonen.

In Kombination mit bodenschonender Bearbeitung und weiteren organischen Düngern wie Kompost lässt sich ihr Potenzial im Ökolandbau optimal nutzen.

Gärreste aus Biogasanlagen können unter bestimmten Voraussetzungen ein wertvoller Beitrag zur Nährstoffversorgung im ökologischen Landbau sein. Entscheidend ist dabei die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der eingesetzten Substrate, der Verarbeitung und der Herkunft. Wer Gärreste nutzen möchte, sollte sich frühzeitig informieren und eng mit Kontrollstellen zusammenarbeiten – so lässt sich die Nutzung rechtssicher und im Einklang mit den Grundsätzen des ökologischen Landbaus gestalten. 

Text: Dr. Jennifer Ritzenthaler, Ecocert


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Letzte Aktualisierung 21.07.2025

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