Mini-Biogasanlagen

Mini-Biogasanlagen für milchviehhaltende Betriebe

Kleine Biogasanlagen zur Güllevergärung könnten für viele mittelgroße Milchviehbetriebe eine interessante Option sein. Doch die Investitionskosten sind in der Regel sehr hoch. Mit sogenannten Mini- oder Kleinst-Biogasanlagen, die zurzeit in einem Forschungsprojekt entwickelt werden, zeichnet sich eine vielversprechende Alternative ab. Sie sind deutlich günstiger und sollen bereits ab 2027 verfügbar sein.

In Deutschland fallen pro Jahr mehr als 100 Millionen Tonnen Rindergülle an. Davon werden zurzeit aber nur rund ein Drittel in Biogasanlagen verwertet. Der Grund: Die Zahl größerer Biogasanlagen stagniert, seitdem die Förderung eingeschränkt wurde. Zwar gibt es für kleinere Anlagen zur Gülleaufbereitung mit einer Leistung von bis zu 150 Kilowatt (kW) eine höhere Einspeisevergütung. Aber für Milchviehbetriebe mittlerer Größe lohnt sich die Investition in der Regel nicht aufgrund der hohen Baukosten.

Mini-Biogasanlagen tragen zum Klimaschutz bei

Dabei bietet die Vergärung von Gülle mehrfachen Nutzen für das Klima und die Betriebe, auch im Öko-Bereich. Denn der Gärprozess verringert die Menge des besonders klimaschädlichen Methans um bis zu 60 Prozent im Vergleich zur Lagerung in offenen Güllebehältern. Zudem kann das aus der Gülle gewonnene Biogas als flexibler Energieträger genutzt werden und zum Klimaschutz beitragen. Für die Betriebe ergibt sich durch die eigene Energieerzeugung eine zusätzliche Einkommensquelle.

Damit auch kleinere Milchviehbetriebe die Möglichkeit erhalten, in die Biogaserzeugung zu investieren, fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seit Ende 2023 ein dreijähriges Projekt, in dem eine kostengünstige Kleinst- oder Mini-Biogasanlage zur Vergärung von Rindergülle mit 50 kW Leistung entwickelt wird. Ziel ist ein Anlagenpreis, der für Betriebe ab 100 Kühen plus Nachzucht interessant ist. Umgesetzt wird das Projekt von Forschungsteams der Universität Hohenheim, der Technischen Universität Dortmund, der Live Energies GmbH und der renergie Allgäu e.V.

Neue Anlagen sind nur halb so teuer

Laut Patrick Altendorf von der Universität Hohenheim, der im Projektteam arbeitet, ist die Entwicklung bereits weit fortgeschritten. So lässt sich bereits absehen, zu welchem Preis eine Mini-Biogasanlage angeboten werden könnte. "Wir rechnen zurzeit mit Kosten von etwa 8.000 Euro pro kW Leistung. Damit wäre eine von uns vorgesehene 50 kW-Anlage etwa halb so teuer wie derzeit verfügbare Anlagen zur Güllevergärung, die eine Leistung von 35 bis 50 kW haben", sagt Altendorf.

Nicht enthalten im Preis ist ein Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Umwandlung in Strom und die Verrohrung. Denn dem Betrieb soll es freigestellt bleiben, wie das Gas verwertet wird. Möglich ist eine Nutzung per Brenner (Wärme), im BHKW (Strom und Wärme) oder in aufbereiteter Form (Einspeisung ins Gasnetz).

Kostenvorteile durch Standardisierung

Doch wie gelingt es dem Team, die Mini-Biogasanlagen deutlich günstiger zu produzieren? Entscheidend ist laut Altendorf der Fokus auf die Wirtschaftsdüngervergärung und der hohe Standardisierungsgrad der verbauten Anlagenteile. Die Anlage ist konsequent auf Güllevergärung ausgelegt und optimiert. Zudem besteht sie immer aus den gleichen Komponenten, vom Fermenter bis zur Steuerungstechnik. Es gibt im Grunde nur ein Anlagenmodell.

Zudem können die Mini-Biogasanlagen in sehr kurzer Zeit aufgebaut werden. "Für die Anlieferung der Komponenten genügen drei Lkw. Ist ein Fundament vorhanden, dauert der gesamte Aufbau inklusive Verrohrung nur drei Wochen", erklärt Patrick Altendorf. "Mit dieser kurzen Bauphase senken wir die Kosten zusätzlich."

Biogasanlagen können abgebaut und verkauft werden

Um das Investitionsrisiko für die Betriebe gering zu halten, sind die Mini-Biogasanlagen bewusst so konstruiert, dass sie auch wieder abgebaut oder umgestellt werden können. Dadurch sind Betriebe – anders als bei Großanlagen – nicht langfristig an die Investition gebunden und können die Anlage bei veränderten Rahmenbedingungen jederzeit verkaufen, etwa bei Neuausrichtung des Betriebs oder fehlender Nachfolge.

Nach Berechnungen von Patrick Altendorf machen sich Mini-Biogasanlagen für Betriebe relativ schnell bezahlt. Bei der geltenden Förderung (Stand: EEG 2023) werden für neue Güllekleinanlagen bis 75 kW Leistung 22 Cent pro kWh Strom gezahlt, bei degressiver Vergütung mit jährlich 0,5 Prozent Abschlag pro kWh. "Bei durchschnittlichen Standzeiten kommt man mit einer 50 kW-Anlage auf etwa 50.000 Euro Umsatz pro Jahr", kalkuliert der Experte. "Damit könnte eine Anlage nach etwa zehn Jahren abbezahlt sein, wenn man sich für eine Einspeisung entscheidet."

Mini-Biogasanlage liefert Wärme für 15 Haushalte

Nicht berücksichtigt in dieser Kalkulation sind über 350.000 kWh Abwärme pro Jahr. Die Wärme kann wie bei großen Anlagen zum Beheizen von Wohn- und Betriebsgebäuden genutzt werden oder zur Einspeisung in ein Nahwärmenetz. Die Wärmemenge reicht aus, um etwa 15 Haushalte zu versorgen.

Insbesondere beim Wärmemanagement arbeitet die Anlage laut Altendorf sehr effizient. Das beruht auf einer besonders starken Dämmung des Fermentationsbehälters und auf einer integrierten Wärmerückgewinnung. Damit wird die Energie der entzogenen, warmen Gülle gespeichert und dazu genutzt, eingeleitete, kalte Gülle zu erwärmen. Auf diese Weise werden mindestens 40 Prozent der Wärmeenergie im System gehalten. So muss deutlich weniger Energie von außen zugeführt werden, um die optimale Temperatur im Fermenter aufrechtzuerhalten.

Komplett digitalisierte Steuerung der Anlage

Ein weiteres Ziel des Forschungsteams ist es, den Aufwand für die tägliche Betreuung der Anlage möglichst gering zu halten. Deshalb ist die Sensorik und Steuerung der Anlage komplett digitalisiert. Über eine speziell entwickelte App können alle wichtigen Prozesse und Gärparameter fernüberwacht und bei Bedarf per Smartphone angepasst werden. "Wir gehen von einem täglichen Zeitaufwand von maximal 15 Minuten aus. Bei größeren Biogasanlagen liegt der tägliche Aufwand dagegen bei etwa einer Stunde", sagt Altendorf.

Als Substrat ist für die Mini-Biogasanlagen ist 100 Prozent Gülle vorgesehen oder eine Kombination aus Gülle und maximal 20 Prozent nachwachsenden Rohstoffen. Die Anlage verfügt auch über eine Zerkleinerungseinheit, die Stallmist, Einstreu oder Silagereste ausreichend aufbereitet.

Potenzial für Bio-Betriebe

Altendorf schätzt, dass eine Mini-Biogasanlage für etwa 10.000 Milchviehbetriebe in Deutschland eine sinnvolle Lösung sein könnte, einschließlich Bio-Betrieben. Für Bio-Betriebe sieht er zusätzliche Vorteile, weil die entstehenden Gärreste deutlich flüssiger sind und sich dadurch leichter ausbringen lassen. Zusätzlich fördert der Gärprozess die Mineralisierung des enthaltenen Stickstoffs im Substrat. Das verbessert die Pflanzenverfügbarkeit und ermöglicht eine gezielte, schnell wirksame Düngung.

Eine erste Pilotanlage soll bereits im Sommer 2025 auf der Versuchsstation Lindenhof in Ehingen, Baden-Württemberg, fertiggestellt sein. Interessierte können sich dann vor Ort ein Bild von der Technik machen (Anfragen an patrick.altendorf@uni-hohenheim.de). Patrick Altendorf berichtet schon jetzt von einem großen Interesse aus der Praxis. Deshalb plant das Entwicklungsteam voraussichtlich ab Mitte 2026 die Ausgründung eines eigenen Unternehmens, das die Kleinst-Biogasanlagen in Serie produzieren und vertreiben wird. Die ersten Mini-Biogasanlagen sollen dann ab 2027 verfügbar sein.

Text: Jürgen Beckhoff


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Letzte Aktualisierung 05.03.2025

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