Berlin-Brandenburg: Bio-Weidefleisch für Kantinen

Berlin-Brandenburg: Bio-Weidefleisch für Kantinen

Wie bringen Küchenprofis aus der Gemeinschaftsgastronomie erfolgreich Bio-Rindfleisch aus der Weidehaltung auf die Teller? Genau das will das Pilotprojekt GanzTierStark in der Region Berlin-Brandenburg erreichen. Oekolandbau.de berichtet über erste Erfahrungen.

Bei dem Projekt GanzTierStark geht es nicht nur um eine artgerechtere Tierhaltung mit Bio-Standards und eine höhere Fleischqualität in der Gemeinschaftsgastronomie. Vielmehr möchte das Forschungs- und Entwicklungsprojekt auch Stadt-Land-Partnerschaften stärken. Mehrere Projektpartner in der Region Berlin-Brandenburg unterstützen Küchen der Gemeinschaftsverpflegung dabei, Bio-Rindfleisch von regionalen Betrieben auf ihre Teller zu bringen. "Durch die Vernetzung von Köchen mit den Landwirten und Verarbeitern und die spätere Kommunikation an die Tischgäste fungieren die Menschen in der Küche und ihre Gerichte als Brücke zwischen Erzeuger und Tischgast", so Peter Schmidt von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V.

Das Projektteam hatte von Anfang an Kontakt zu mehreren Kantinen, die Interesse an einer Umstellung auf Bio-Weiderindfleisch haben. Trotz des eingeschränkten Betriebs wegen der Corona-Pandemie haben sich bereits drei Unternehmen für eine dauerhafte Umstellung entschieden: Die Mensen des Studentenwerks Frankfurt (Oder), die taz-Kantine und die Küche des GLG Werner Forßmann Klinikum Eberswalde. Erste Umfragen unter den Gästen zeigen: Die Umstellung auf dem Speiseplan kommt sehr gut an. "Gut bewertet wurden vor allem der Geschmack, die Bio-Qualität und die Regionalität", so Professorin Martina Schäfer. Die Projektleiterin ist Geschäftsführerin des Zentrums für Technik und Berlin an der TU Berlin. Ein zentrales Anliegen bei diesem Projekt ist der intensive Austausch mit den Küchen beziehungsweise auch der Küchen untereinander. "Gerade die Peer-to-Peer-Gespräche schätzen die Küchenprofis". Zudem bietet das Projekt den Küchen Beratung bei speziellen Fragen, stellt Kommunikations-Materialien zur Verfügung und führt Befragungen der Kantinengäste durch. Richtig gut fanden die Küchen-Mitarbeitenden auch die Exkursionen zu Bio-Betrieben. "Das hat nochmals einen richtigen Motivationsschub gebracht", so Martina Schäfer. Weitere Kantinen stehen in den Startlöchern für eine Umstellung auf Bio-Weiderindfleisch sobald der Normalbetrieb beginnt.

Studierendenwerk Frankfurt an der Oder

Das Studierendenwert Frankfurt (Oder) betreibt insgesamt sechs Mensen an drei Hochschulen für rund 15.000 Studentinnen und Studenten. Die beiden Mensen in Eberswalde und Cottbus hatten schon vor dem Projekt biozertifizierte Gerichte im Angebot. "Aber dann haben wir auf eine rohstoffbasierte Bio-Zertifizierung umgestellt", so der Abteilungsleiter Hochschulgastronomie Sören Hilschenz. Jetzt gibt es in allen Mensen durchgängig bei allen Gerichten Reis, Kartoffeln, Rindfleisch und Kaffee nur in Bio-Qualität. "Damit bringen wir insgesamt mehr Bio auf die Teller, als wenn wir reine Bio-Gerichte anbieten". Seit November 2020 beziehen die Mensen das Rindfleisch von der Biomanufaktur Havelland. Damit es gelingt im Kostenrahmen zu bleiben, müssen die Küchenprofis kreativ werden und an den Rezepturen arbeiten. So gibt es jetzt gezupftes Rindfleisch oder Gulasch mit höherem Gemüseanteil und etwas weniger Fleisch. "Aber die Fleischqualität und der Geschmack sind eindeutig besser – und das kommt bei den Tischgästen gut an".

taz-Kantine in Berlin

Die Kantine der taz in Berlin kochte vor der Pandemie täglich 250 bis 350 Mittagessen für die eigenen Mitarbeitenden und externe Tischgäste. Aktuell sind es nur 80 bis 85. In den letzten Jahren wurde mit Blick auf eine nachhaltigere Ausrichtung der Bio-Anteil in der Küchen Schritt für Schritt gesteigert, ebenso das Angebot an vegetarischen und veganen Gerichten. Bei einer Abendveranstaltung im Herbst 2020 servierte Küchenchef Jörn Heckert zum ersten Mal Bio-Weiderindfleisch und war begeistert von der Spitzenqualität. "Der Geschmack spricht Bände". Inzwischen kommt nur noch Bio-Fleisch auf den Teller. Wenn Rindfleisch auf der Karte steht, stammt es von Weide-Tieren. Die Tischgäste schätzen die Qualität und finden es gut, dass sich die Küche bei diesem Thema engagiert und das Fleisch direkt von den landwirtschaftlichen Betrieben bezieht. Für den Küchenchef ist es zudem wichtig, bei diesen Veränderungsprozessen immer das ganze Küchenteam mitzunehmen. "Alle sollen dahinterstehen und Bock auf das haben, was wir hier machen".

Küche des GLG Werner Forßmann Klinikums, Eberswalde

Mit einem täglichen Angebot an vegetarischen Speisen legte der Klinikküchenleiter Sebastian Frölich schon vor dem Projekt Wert auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung. Seit Ende 2020 schreibt er regelmäßig Bio-Weiderindfleisch auf die Speisekarte: vom Falschen Filet über Hackfleisch-Bällchen bis hin zu Gulasch aus der Oberschale und Kalbsleber. Die Gäste schätzen das: Über 93 Prozent würden die Kantine weiterempfehlen. Und wenn die Gäste Fragen zum Bio-Rindfleisch stellen, kann er sie durch das Projekt jetzt auch besser beantworten als früher. Denn durch die Exkursionen und Gespräche mit den Bio-Landwirtinnen und Landwirten hat er neue Informationen erhalten und interessante Erkenntnisse gewonnen. Auf jeden Fall, so sein Zwischenfazit, möchte er auf diesem Weg mit seiner Küche weitergehen.

Wer steckt hinter GanzTierStark?

Projektpartner sind das Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin, die Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V., die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, die Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG, die Beratungsagentur a’verdis sowie produzierende und verarbeitende Betriebe:

Biomanufaktur Havelland
Gut Hessenhagen
Gut Temmen

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert.

Häufige Fragen

Letzte Aktualisierung 04.08.2023

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