Brücken bauen in der Öko-Weiterbildung

Brücken bauen in der Öko-Weiterbildung

Wer nach der landwirtschaftlichen Grundausbildung sein Wissen noch vertiefen möchte, kann dies mit einem Weiterbildungsstudiengang tun. Zahlreiche Fachschulen haben den Öko-Landbau inzwischen fest in den Lehrplan integriert und bieten Öko- wie auch konventionellen Landwirtinnen und Landwirten die Möglichkeit, sich intensiver mit dem Öko-Landbau auseinanderzusetzen. Wir haben mit zwei Fachschullehrern über die Weiterbildung im Bereich Öko gesprochen und wie wichtig doch der Austausch und das Brückenbauen für beide Seiten ist.

Andreas Schmitt

Andreas Schmitt ist Leiter des Arbeitsbereiches Umweltgerechte Erzeugung am Institut für Erwerbs- und Freizeitgartenbau an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Bamberg. Als Semesterleiter und Fachschullehrer unterrichtet er außerdem an der Fachschule für Gemüsebau in Fürth.

Christian Wucherpfennig

Christian Wucherpfennig ist stellvertretender Leiter der Öko-Fachschule in Kleve der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Dort unterrichtet er als Fachschullehrer die Fächer "Konventionelle Tierhaltung", "Ökologische Tierhaltung" sowie "Marketing". Zusätzlich berät er Betriebe rund um die ökologische Schweineerzeugung. 

Oekolandbau.de: Können Sie kurz skizzieren, wie Öko-Inhalte in der Weiterbildung an Ihrer Fachschule vermittelt werden?

Andreas Schmitt: Wir haben in der Fachschule für Gemüsebau in Fürth seit sechs Jahren einen Schwerpunkt ökologischer Gemüsebau im Lehrplan. Auslöser dafür war, dass in Bayern der Wunsch aufkam, eine eigene Öko-Gemüsebaufachschule zu eröffnen. Aber wenn man beide Richtungen voneinander getrennt hätte, hätte man aufgrund der geringen Zahl an Schülerinnen und Schülern keine der Klassen mehr voll bekommen. Und weil sich deshalb einiges an Widerstand geregt hat wurde letztlich von Ministeriumsseite entschieden, dass es keine eigene Schule gibt, sondern einen Schwerpunkt im Lehrplan. Der Öko-Gemüseanbau ist somit jetzt ein fester Teil im Fach Produktion, der mit zwei bis drei Stunden fest verankert ist.

Christian Wucherpfennig: Vor allem die Unternehmensführung hat bei uns in der Fachschule eine sehr große Bedeutung und wird sehr ausführlich behandelt. Am Ende geht es ja darum, als Betriebsleiterin oder Betriebsleiter eine Landschaft zu bewirtschaften oder einen Betriebszweig komplett selbständig zu organisieren und zu verantworten, daher auch die Schwerpunktsetzung in diesen Bereich. Ein weiterer Fokus liegt auf der Personalwirtschaft, also der Ausbildereignung. Kommunikation ist hierbei ein wichtiges Stichwort. Wir schaffen damit eigentlich schon ein Stück weit die Voraussetzungen für die Gesprächsführung später im eigenen Betrieb. Bei den produktionstechnischen Fächern, wie Pflanzenbau und Tierhaltung, geht es vor allem darum, das Ganze mit der Betriebswirtschaft zu verknüpfen. Im konventionellen Bereich vielleicht noch ein Stück weit intensiver als im Öko-Landbau. Dabei gilt es, die Umweltrelevanz der einzelnen Produktionsverfahren zu prüfen. Das machen wir auch für die Teilnehmenden von konventionellen Betrieben. Ziel ist es, verschiedene (ökologische) Maßnahmen zum einen ökonomisch und zum anderen auch aus Sicht von Ökologie, Nachhaltigkeit sowie Klimaschutz zu bewerten.

Oekolandbau.de: Wie wichtig sehen Sie es denn an, dass auch konventionelle angehende Landwirtinnen und Landwirte Öko-Inhalte mitbekommen? Und wie sind die Reaktionen?

Christian Wucherpfennig: Es ist auf jeden Fall sehr wichtig. Immerhin werden über zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche hierzulande mittlerweile ökologisch bewirtschaftet und dann ist es ja nur angemessen, den Öko-Landbau als eine mögliche Bewirtschaftungsform auch in den Berufsschul- und Fachschulunterricht zu integrieren – egal ob man es jetzt als einzelnes Fach oder ob man das beispielhaft an bestimmten Themen macht. Natürlich besteht immer die Gefahr, dass der Gedanke des Öko-Landbaus als System verloren geht, wenn man ihn einfach nur in den Unterricht integriert. Es kann aber möglicherweise für die Lehrenden sowie für die Schülerinnen und Schüler einfacher sein ihn zu integrieren statt den Öko-Landbau einzeln beziehungsweise beide Richtungen getrennt voneinander zu unterrichten. Das Interesse ist definitiv da, denn jeder hat inzwischen einen benachbarten Betrieb, der ökologisch wirtschaftet. Die Berührungsängste sind dadurch deutlich geringer geworden.

Andreas Schmitt: Wir wollen, dass auch die Studierenden konventioneller Betriebe möglichst viel zur ökologischen Erzeugung mitbekommen. Die Offenheit der Studierenden gegenüber Öko-Inhalten ist absolut gegeben. Die Reaktionen sind wirklich sehr positiv und das in beide Richtungen. Wir wollen auf keinen Fall spalten, denn schließlich haben wir nur diese eine Welt und wir müssen alle gemeinsam schauen, dass wir nachhaltig mit den vorhandenen Ressourcen umgehen!

Oekolandbau.de: Eine strikte Trennung beider Richtungen ist also nicht nötig?

Andreas Schmitt: Man muss in diesem Fall vielleicht die reine Landwirtschaftsausbildung vom Gemüsebau unterscheiden. Natürlich gibt es viele Betriebe, oft auch kleinere Gemüsebetriebe, die sich gänzlich auf Bio konzentrieren. Aber gerade die großen Betriebe wirtschaften überwiegend konventionell und haben sich parallel eine Ökoschiene aufgebaut – einfach um am Markt entsprechend platziert zu sein. Die sind also sehr flexibel. Und insofern glaube ich tatsächlich nicht, dass es gut wäre, den Unterricht komplett zu trennen. Wichtig ist es einfach nur, immer die Bedürfnisse der Studierenden miteinzubeziehen. Wir können natürlich nicht immer alles in der Bandbreite abhaken, versuchen aber dennoch sehr speziell auf Themen einzugehen, wenn das gewünscht ist.

Christian Wucherpfennig: Ich glaube das Schwierige ist es, genug Schülerinnen und Schüler zusammenzubringen für beispielsweise eine reine Öko-Ausbildung. Daher finde ich die Idee der Öko-Klasse wie an der Justus-von-Liebig-Schule in Hannover eigentlich sehr charmant. Alle sind erst einmal zusammen und erst im dritten Ausbildungsjahr haben die "Ökos" dann die Chance auf einen spezifischen Blockunterricht. Ich denke es ist einfach wichtig, auch weiterhin Brücken zu bauen und keine Trennung zu schaffen. Die Grundlagen sind immer erstmal gleich, nur in der Ausgestaltung oder in der Schwerpunktsetzung gibt es dann halt Unterschiede.

Oekolandbau.de: Was für was für Bedürfnisse haben Ihre Studierenden im Hinblick auf den Lehrplan und die Praxisvermittlung?

Andreas Schmitt: Speziell im Fach Produktion wollen die Studierenden vor allem Antworten auf alle produktionstechnischen Fragen. Und natürlich, welche Lösungen es dafür im biologischen Bereich gibt. Generell sind unserer Studierenden total wissbegierig. Auf die Fragen, auf die ich als Lehrer direkt keine Antwort habe, recherchiere ich nach. Bei manchen Fragen gibt es manchmal keine eindeutigen Antworten, da werden dann verschiedene Standpunkte diskutiert. Oft basiert Wissen ja auf Erfahrungen, denn Regionen, Standorte, Klima etc. unterscheiden sich sehr stark.

Christian Wucherpfennig: Wir gehen immer gerne auf die Bedürfnisse unserer Studierenden ein und passen entsprechend die Schwerpunkte an. Dieses Jahr besteht größeres Interesse am Feldgemüseanbau und daher unternehmen wir hier zusätzliche Exkursionen.

Oekolandbau.de: Gibt es irgendein spezielles Thema, das gerade sehr aktuell ist und stark nachgefragt wird bei den Studierenden?

Andreas Schmitt: Ja, aktuell vor allem alles in Richtung Biostimulanzien oder Pflanzenstärkungsmittel. Das versuchen wir dann auch wirklich mit Fakten zu hinterlegen beziehungsweise naturwissenschaftlich an das Thema heranzugehen. Gerade im konventionellen Bereich stößt das gerade auf großes Interesse bei den Praktikerinnen und Praktikern. Da ist ein großer Bedarf da, weil viele hoffen, dass diese Produkte eine Lösung für viele produktionstechnischen Probleme sein könnten.

Christian Wucherpfennig: Die betrieblichen Erfahrungen der Studierenden sind sehr unterschiedlich, was auch zu unterschiedlichen Wünschen führt. Betriebswirtschaft und Unternehmensführung rücken heute stärker in den Fokus, aber ebenso auch die Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus vor dem Hintergrund weltweiter Krisen. Die Themen gehen uns in jedem Fall nicht aus.


Letzte Aktualisierung 20.09.2024

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