Überblick über den Bio-Kartoffelmarkt in Deutschland

Überblick über den Bio-Kartoffelmarkt in Deutschland

Mit diesem Blogbeitrag verschaffen wir uns einen Überblick über den deutschen Bio-Kartoffelmarkt. Dabei schauen wir ebenso auf die Entwicklungen der Öko-Kartoffelanbaufläche, wie auch der Erträge und Erzeugerpreise. Zum Schluss wagen wir einen Ausblick und beleuchten dabei die Zukunftsperspektiven.

Nachdem Friedrich II. im 18. Jahrhundert die Bauern noch per Gesetz zum Anbau von Kartoffeln drängen musste, war die Knolle im 20. Jahrhundert bereits zum Grundnahrungsmittel aufgestiegen. Um das Jahr 1900 belief sich der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland auf etwa 285 kg pro Jahr. Seither ist die Ernährungsweise jedoch etwas vielfältiger geworden und so verspeisen die Deutschen heute nur noch etwa 55 kg Kartoffeln pro Kopf und Jahr.

Zugenommen hat derweil der Anteil an Bio-Kartoffeln in Deutschland. Aktuell werden etwa 4 Prozent der Kartoffeln hierzulande ökologisch erzeugt. Deutschland ist damit im Bereich der Öko-Kartoffeln Selbstversorger, erzeugt also 100 Prozent der konsumierten und nachgefragten Kartoffeln selbst. Durch das stetige Wachstum bei Anbaufläche und Ernteerträgen in den vergangenen Jahrzehnten sind Importe bspw. aus Israel oder Ägypten überflüssig geworden. Vereinzelt wird fehlende Ware, beispielsweise durch Ernteausfälle, mit spanischen Bio-Kartoffeln kompensiert.

Die heimischen Erzeugerinnen und Erzeuger haben sich an die Anforderungen des Marktes angepasst und beliefern, dank ausgefeilter Lager- und Kühltechnik sowie Verfrühungsmaßnahmen bei der Frühkartoffel, nunmehr das ganze Jahr den Groß- und Einzelhandel mit qualitativ hochwertigen heimischen Öko-Kartoffeln. Erzeugerinnen und Erzeuger, Verbände, Beratung und Handel haben durch Kooperation ein attraktives Umfeld für alle Marktteilnehmende geschaffen.

Kennzahlen des Öko-Kartoffelanbaus in Deutschland

Tabelle: Kartoffel-Vergleich: Öko versus Konventionell

2022

Öko

Konventionell

Gesamt

Fläche

12.800 ha

253.600 ha

266.400 ha

Anteil an Gesamtfläche

4,8 %

95,2 %

100 %

Erträge gesamt

430.000 t*

10.270.000 t

10.683.000 t**

Erträge je Hektar

336,3 dt/ha

404,1 dt/ha

401,1 dt/ha

Umsatz €

133.000.000 €

2.604.000.000 €

2.974.000.000 €**

Umsatz € je Hektar*

10.390 €/ha

10.268 €/ha

-

* eigene Berechnung
** inkl. Industriekartoffeln (Quelle: BMEL)

Im Jahr 2022 wurden deutschlandweit auf circa 12.800 Hekar Öko-Kartoffeln gepflanzt, was etwa 4,8 Prozent der gesamten deutschen Kartoffelanbaufläche entspricht. Über die vergangenen 25 Jahre betrachtet bedeutet dies ein Wachstum von rund 270 Prozent. Insbesondere seit 2019 hat sich eine starke Wachstumsdynamik entwickelt, was mit einem Flächenzuwachs von circa 25 Prozent innerhalb von 3 Jahren zu Buche geschlagen hat. Im Jahr 2023 ist die Anbaufläche leicht rückläufig gewesen und lag bei etwa 12.000 Hektar. Deutschland liegt dennoch weiterhin, wie im konventionellen Bereich auch, bei der ökologischen Kartoffelanbaufläche europaweit an der Spitze, vor Frankreich und Österreich. Die großen Anbaugebiete innerhalb Deutschlands liegen in Niedersachsen, Nord-Rheinwestfalen, Rheinland-Pfalz und in Bayern.

Die Erntemengen sind im gleichen Maße gestiegen und betrugen im Jahr 2022 etwa 430.000 Tonnen ökologisch erzeugter Kartoffeln, was ungefähr 4 Prozent der gesamten Kartoffelernte ausmachte. Im Jahr 2022 konnten die Öko-Kartoffel-Bäuerinnen und -bauern 32,6 Tonnen Rohwarenertrag pro gerodeten Hektar erzielen. Bei einem durchschnittlichen Erzeugerpreis von 37,90 Euro je Dezitonne erwirtschafteten die deutschen Öko-Kartoffel-Erzeuger somit insgesamt einen Umsatz von 133.000.000 Euro. Je Hektar bedeutet dies durchschnittlich einen Umsatz von 10.390 Euro.  Dabei ist es wichtig einzuordnen, dass die Gegebenheiten auf den Erzeuger-Betrieben teilweise stark unterschiedlich sind, wodurch die angegeben Durchschnittswerte teilweise deutlich von denen einzelner Betriebe abweichen können.

Wie sieht die Vermarktung der Bio-Kartoffeln in Deutschland aus?

Bio-Kartoffeln werden in Deutschland hauptsächlich als Speisekartoffeln vermarktet. Insgesamt 80 Prozent des gesamten Absatzes landet so auf dem Speisefrischmarkt, hierzu zählen neben den eigentlichen Knollen auch Fertig- und Halbfertiggerichte wie Knödel, Gnocchi und Co. 10 Prozent werden darüber hinaus als Pflanzgut vorgehalten und weitere 10 Prozent als Verarbeitungsware beispielsweise für Pommes oder Chips vermarktet. Die Speisestärkeproduktion aus Kartoffeln spielt im Bio-Bereich bislang nur eine kleine Rolle.

Hauptabsatzkanäle sind mit über 80 Prozent der LEH und hier vor allem die Discounter. Demgegenüber spielen die Direktvermarktung und der Naturkostfachhandel mengenmäßig eine kleinere Rolle. An Bedeutung gewonnen hat in den vergangenen Jahren auch die Vermarktung der Bio-Kartoffeln in Richtung der Außer-Haus-Verpflegung zum Beispiel in Kantinen und Mensen. Hier werden, im Hinblick auf die Zielsetzung der Politik, 30 Prozent Ökoanbaufläche bis 2030 in Deutschland, auch noch die größten Wachstumspotentiale vermutet. 

Wie sieht die Wertschöpfungskette der Bio-Kartoffel aus?

Entlang der Wertschöpfungskette der Bio-Kartoffeln treten verschiedene Akteurinnen und Akteure in einen direkten oder indirekten Austausch miteinander. So interagieren die Bio-Kartoffel anbauenden Betriebe auf der einen Seite mit den sortenzüchtenden Betrieben. Bestimmte Betriebe in sogenannten Gesundlagen sind für die Vermehrung des Pflanzgutes zuständig. Sie geben den Züchterinnen und Züchern Rückmeldung zu Qualitäten und Problemen bei den neuen Sorten, sodass diese reagieren können. Gleichzeitig versorgen die Pflanzguterzeugenden und -vermarktenden Betriebe die Erzeuger-Betriebe mit Öko-Pflanzgut in ausreichender Menge und höchster Qualität.

Die Erzeuger-Betriebe ihrerseits stehen auf der anderen Seite über die direkte Vermarktung und durch enge Beziehungen zum Naturkostfachhandel und Lebensmitteleinzelhandel mit den Konsumentinnen und Konsumenten im direkten oder indirekten Kontakt.

Größere Mengen Bio-Kartoffeln werden oft auch über Abpackbetriebe bzw. Bündler vermarktet. Diese nehmen vorab vereinbarte Mengen zu festgelegten Zeitpunkten ab und übernehmen Aufgaben wie waschen, sortieren, packen und vermarkten an den Groß- und Einzelhandel. An dieser Stelle der Wertschöpfungskette erhalten die Kartoffel-Erzeugerinnen und Erzeuger Informationen zu ihrem Verdienst, denn die Abpacker beziehungsweise Bündler nehmen nur Qualitätsware in Zahlung. Hier müssen Größe, Form und Gesundheit der Knollen den Anforderungen des Marktes entsprechen. Die Erzeugerinnen und Erzeuger erhalten nicht selten erst nach der Ablieferung der Kartoffel einen Preis, mit Abrechnung und Auszahlung des Betrages.

Die Abpack-Betriebe ihrerseits beliefern nun die verschiedenen Märkte, wie den Groß- und Einzelhandel, den Naturkostfachhandel oder Unternehmen der Außerhausverpflegung wie Kantinen oder Catering-Services. Diese Gruppe bildet schließlich das Bindeglied zu den Endverbraucherinnen und -verbrauchern und damit die letzte Stufe der Wertschöpfungskette.

Entstehung und Entwicklung der Bio-Kartoffel-Erzeugerpreise

Der Start in die deutsche Bio-Kartoffelsaison erfolgt immer mit der allseits beliebten Frühkartoffel. Diese wird aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen traditionell  zuerst in der Pfalz gerodet und von dort aus vermarktet. Dort erfolgt auch durch die Pfälzische Früh-, Speise- und Veredlungskartoffel-Erzeugergemeinschaft w.V. eine erste Preisnotierung für die Saison, an der sich der restliche Markt meistens orientiert. Die Frühkartoffel stellt aufgrund des attraktiven Erzeugerpreises für viele Betriebe ein zentrales Standbein dar.

Im weiteren Verlauf der Saison sinkt der Erzeugerpreis für Kartoffeln meist deutlich ab, bis am 10. August offiziell die Frühkartoffelsaison zu Ende geht. Die Preise ergeben sich oft als Reaktion auf das Geschehen am Markt, also in  Folge von Angebot und Nachfrage. Die Erzeugerbetriebe sind daher vielen Unwägbarkeiten ausgesetzt, bis sie schließlich ihre wohlverdienten Einnahmen erzielt haben. Ein Merkmal des Bio-Kartoffel-Erzeugerpreises ist dabei ein konstanteres und kontinuierlich höheres Preisniveau als das der konventionellen Kartoffeln. Dieser ist bei entsprechend niedrigeren Erträgen im Öko-Landbau jedoch auch notwendig.

Hinweise zum Einstieg in den Bio-Kartoffelmarkt

Betriebe, die Interesse an einem Einstieg in den Bio-Kartoffelanbau haben, wird dringend empfohlen, vorab Kontakt zu einer Fachberatung zum Beispiel von Verbände aufzunehmen. Weiter unter finden Sie Links für Anlaufstellen für eine Erstberatung. Wichtige Informationen zum Marktgeschehen und den Herausforderungen des Einstieges in die Vermarktung von Bio-Kartoffeln werden auch in der zweiten Folge des Podcastest "Kartoffel-Talk" gegeben.

Expertinnen und Experten empfehlen keine Kartoffel in den Boden zu legen, wenn vorab keine gesicherte Vermarktung vereinbart wurde. Der Kartoffelmarkt in Deutschland, einschließlich des Bio-Sektors, ist bereits weitgehend gesättigt, sodass ein erhebliches Risiko besteht, die Ware nicht erfolgreich vermarkten zu können.

Jeder Betrieb sollte sich zudem vor der Entscheidung für den Einstieg in den Öko-Kartoffel-Anbau selbst die Frage nach der Eignung des eigenen Betriebes hinsichtlich der Struktur und Kultur aber auch bezüglich des Standortes, der verfügbaren Wassermengen, der Bodenqualität und auch der Erreichbarkeit von Absatzmärkten stellen. Nicht für jeden Betrieb ist der Einstieg in den Öko-Kartoffelanbau gleichermaßen erfolgversprechend.

Daneben gehört es heute auch zum Standard für Anbaubetriebe mittels Lagerhalle, Belüftung und Kühlung eine ganzjährige Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Kartoffeln zu gewährleisten. Hier müssen Betriebe genau kalkulieren, ob die hohen Investitionen in Neubau und Ausstattung mit moderner Kühl- und Belüftungstechnik Aussicht auf Deckung der Investitionskosten haben.

Zukunftsperspektiven für den Bio-Kartoffelmarkt

Der Pro-Kopf-Konsum bei Frischkartoffeln ist in Deutschland im konventionellen Bereich seit Jahren rückläufig. Im Bereich der Bio-Kartoffel ist dieser Trend etwas langsamer. Gleichzeitig steigt aber die Nachfrage nach Convenience-Produkten wie Pommes und Chips stetig an. Hier liegen auch für den Bio-Bereich noch Wachstums-Potenziale. Daneben stellt die Außer-Haus-Verpflegng (AHV) mit ihren potenziell großen Nachfragemenge eine zentrale Stellschraube für eine positive Nachfrageentwicklung dar. Sollte das politische Ziel 30 Prozent Öko-Anbaufläche bis 2030 noch erreicht werden, so könnte die AHV ein Hebel für die notwendige Nachfrage-Steigerung sein.

Kleinere Erzeugerbetriebe finden derweil immer wieder Nischen im Bereich der Direktvermarktung. Ob Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi), Abo-Kiste oder Hofladen, hier entstehen fortlaufend neue Möglichkeiten der Vermarktung und bieten auch für Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern Chancen sich auf dem Bio-Kartoffelmarkt zu etablieren.

Autor(in)

Nikolai Scharsich (M.B.A) Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), Fachgebiet Agrarökologie und nachhaltige Anbausysteme

Dr. Isabella Karpinski, Julius-Kühn-Institut (JKI) Institut für Strategien und Folgenabschätzung

Ansprechpartner

Prof. Dr. Ralf Bloch
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Fachgebiet Agrarökologie und nachhaltige Anbausysteme
Schicklerstr. 5, 16225 Eberswalde
E-Mail: ralf.bloch@hnee.de

Prof. Dr. habil. Stefan Kühne
Julius Kühn-Institut (JKI)
Institut für Strategien und Folgenabschätzung
Stahnsdorfer Damm 81, 14532  Kleinmachnow
E-Mail: stefan.kuehne@julius-kuehn.de

Quellen

Sie sind gefragt!

Sie interessieren sich für den Anbau, die Verarbeitung oder Vermarktung von Öko-Kartoffeln? Sie haben Fragen zur Züchtung von Öko-Kartoffeln? Was wollten Sie schon immer mal über den Kartoffelkäfer wissen? Auf welche Themen sollen wir einen besonderen Fokus im Blog legen? Schlagen Sie uns gerne Themen und Ideen vor! Schicken Sie uns einfach eine E-Mail an info@oekolandbau.de.

Letzte Aktualisierung 30.08.2024

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