Am Ei erkennen, ob es aus ökologischer Haltung stammt

Am Ei erkennen, ob es aus ökologischer Haltung stammt

Die Echtheit von Bio-Eiern lässt sich künftig sicher nachweisen. Ein Forschungsteam am DIL (Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik e.V.) hat dafür eine innovative Methode entwickelt. Wie sich die ökologische Haltung der Legehennen mittels NMR-Spektroskopie zuverlässig bestimmen lässt, erläutert Dr. Andreas Juadjur, Abteilungsleiter Chemische Analytik beim DIL, im Interview.

Für den gesicherten Nachweis der Bio-Qualität von Eiern haben Forschende am DIL eine innovative Methode zur Qualitäts- und Authentizitätsprüfung von Lebensmitteln weiterentwickelt und rund 4.500 Eiproben untersucht. Ihr Forschungsprojekt "Analyse des Einflusses einer nachhaltigen und ökologischen Haltung von Legehennen auf die Eiqualität mittels 1H-NMR-Spektroskopie", kurz OekoEiSpec, wurde  über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert. Ziel ist es, dass Unternehmen zukünftig entsprechende Analysen beim DIL beauftragen können, um zu überprüfen, ob der Stempelcode auf der Eischale die Haltungsform der Legehennen korrekt angibt. Ein solcher Nachweis würde das Vertrauen in die Echtheit von Bio-Eiern und somit die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach Bio-Eiern zusätzlich stärken.

Zum Nachweis der Haltungsform wurden aus den Eiern gewonnene Eigelb-Extrakt-Proben mittels 1H-NMR-Spektroskopie analysiert. Aus den so erzeugten Spektren haben die Forschenden mithilfe multivariater Datenanalysen für jede Haltungsform charakteristische Muster identifiziert und eine Datenbank sowie ein Authentizitätsmodell aus diesen Referenzspektren erstellt. Durch den Abgleich des 1H-NMR-Spektrums von unbekannten Eigelb-Proben mit dem Modell aus Referenzspektren ist es dann möglich, mit einer Genauigkeit von 99,9 Prozent die tatsächliche Haltungsform nachzuweisen. Nach Einschätzung der Forschenden bieten die Ergebnisse ein großes Potenzial in der Lebensmittelüberwachung, etwa im Verdachtsfall oder bei Stichprobenuntersuchungen für den Handel und den Verarbeitungsbereich.

Interview mit Dr. Andreas Juadjur, Abteilungsleiter Chemische Analytik

Oekolandbau.de: Wie weit verbreitet ist das Verfahren der Kernspinresonanz-Spektroskopie generell in der Lebensmittelanalytik?

Andreas Juadjur: Die Kernspinresonanz-Spektroskopie wird in der Lebensmittelanalytik immer häufiger eingesetzt. Auch immer mehr Untersuchungsämter setzen auf diese Technologie, um die Authentizität und Qualität von Lebensmitteln zu überprüfen. Metabolomik-Ansätze, unterstützt durch die heutigen Möglichkeiten im Bereich Künstliche Intelligenz und maschinellem Lernen, werden immer gefragter. Diese fortschrittlichen Techniken ermöglichen sehr schnelle, detaillierte Analysen und Vorhersagen. Allerdings sind authentische Daten die Grundvoraussetzung für zuverlässige Ergebnisse.

Oekolandbau.de: Sie haben im Rahmen des Projektes OekoEiSpec mit Ihrem Team eine Datenbank mit den Referenzspektren von rund 4.500 Bio-Eiern aufgebaut. Bleibt diese Datenbank langfristig erhalten?

Andreas Juadjur: Ja, beim DIL wird die Datenbank mit den Referenzspektren von Bio-Eiern dauerhaft und zentral angesiedelt bleiben und auch für externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Labore zugänglich sein. Wir werden sie weiterhin für die Authentizitätsbestimmung von Eiern und für weitere Forschungstätigkeiten nutzen.

Oekolandbau.de: Welche Inhaltsstoffe sind charakteristisch für Bio-Eier?

Andreas Juadjur: Aufgrund der aktuellen Datenlage sprechen einige Inhaltsstoffe wie eine bestimmte Zusammensetzung der Fettsäuren, Aminosäuren, Carotinoide und Cholesterin für die ökologische Haltung, reichen aber als alleiniges Merkmal nicht aus. Die Konzentration dieser und anderer Inhaltsstoffe im Ei wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst, darunter Fütterung, Jahreszeit und die Gesundheit der Hennen. Diese Faktoren variieren sowohl innerhalb als auch außerhalb ökologischer Haltungen. Dadurch können sich die metabolischen Profile von ökologischen und konventionellen Eiern teilweise überlappen. Ein so aussagekräftiges Modell wie in unserem Projekt funktioniert nur über einen ganzheitlichen Ansatz, der auf dem Metabolom basiert und möglichst alle Inhaltsstoffe erfasst. Das ist auch eine wichtige Erkenntnis des Projektes, dass ein valider Nachweis der Authentizität nur über die Gesamtheit der Stoffwechselprodukte im Eigelb möglich ist. 

Die 1H-NMR-Spektroskopie in Kombination mit multivariater Datenanalyse, wie der linearen Diskriminanzanalyse (LDA), ermöglicht es, komplexe Muster in den NMR-Spektren zu erkennen, die charakteristisch für unterschiedliche Haltungsformen und Herkunftsquellen sind, die aber leider nicht auf einzelne Inhaltsstoffe zurückgeführt werden können.

Die 1H-NMR-Spektroskopie überwindet somit die begrenzte Aussagekraft bei der Analyse einzelner Inhaltsstoffe und bietet eine zuverlässige Möglichkeit, die Authentizität und Qualität von Bio-Eiern sicherzustellen.

Oekolandbau.de: Wie aufwändig ist es, die Eiprobe aufzubereiten und mittels Kernspinresonanz-Spektroskopie zu analysieren?

Andreas Juadjur: Dies ist im Vergleich zu anderen analytischen Methoden recht unkompliziert. Der Prozess umfasst Schritte wie die Extraktion des Eigelbs, das Vorbereiten der Messlösung, das Einstellen des pH-Wertes und die eigentliche Messung mittels NMR-Spektroskopie, die nur 20 Minuten dauert.

Mit geeigneter Ausrüstung können andere Labore das Verfahren problemlos anwenden.

Oekolandbau.de: Muss Ihre Datenbank fortlaufend aktualisiert werden, damit die Ergebnisse weiterhin aussagekräftig bleiben?

Andreas Juadjur: Ja, die Datenbank muss kontinuierlich mit neuen Daten aktualisiert werden, um eine hohe Vorhersagekraft zu gewährleisten. Regelmäßige Updates reflektieren mögliche Veränderungen in den Inhaltsstoffprofilen, die durch Änderungen in den Produktionsbedingungen oder der Fütterung verursacht werden. Nur so lässt sich die Modellgenauigkeit erhalten. Eine große Anzahl von Ei-Proben beziehungsweise Referenzspektren ist notwendig, um statistisch robuste und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Deshalb sollten jährlich mindestens 400 authentische Proben, also mindestens 100 pro Haltungsform, gemessen werden.

Oekolandbau.de: Aus der DIL-Internetseite geht hervor, dass das DIL auch die Qualität und Echtheit von pflanzlichen Lebensmitteln anhand von NMR-Spektroskopie untersucht. Ist hier auch, wie bei dem BÖL-Projekt, der Nachweis der Bio-Qualität möglich?

Andreas Juadjur: Ein Nachweis der Bio-Qualität ist auch bei Honig und pflanzlichen Produkten wie Fruchtsaft und Wein denkbar, wird jedoch derzeit nicht von uns durchgeführt. Bei pflanzlichen Produkten zielt die Analytik mehr auf spezifische qualitätsbestimmende Inhaltsstoffe sowie den Nachweis von Regionalität und möglichen Verfälschungen ab.

Da pflanzliche Produkte nicht durch Fütterungsbedingungen beeinflusst werden, wird es komplexer sein, die Bio-Qualität anhand des Metabolom zu identifizieren.

Oekolandbau.de: Eignet sich das NMR-Spektroskopie-Verfahren auch, um bei Milch, Fleisch und Wurstwaren die Öko-Haltung der Tiere zu ermitteln?

Andreas Juadjur: Unser Ziel ist es, diese innovativen Analysetechniken auch auf Fleisch und weitere tierische Produkte auszuweiten und weitere relevante Fragestellungen zu untersuchen, etwa im Bereich der ökologischen Haltung, der Grünlandnutzung und des Tierwohls. Wir sind zuversichtlich, dass sich diese Methode auch  für andere tierische Lebensmittel sehr gut eignet, um deren Qualität sicherzustellen.

Dr. Andreas Juadjur im Interview mit Nina Weiler für Oekolandbau.de


Letzte Aktualisierung 10.12.2024

Nach oben
Nach oben