Am 18. Mai 2022 kamen über dreißig Interessierte aus Wissenschaft, Lehre und Praxis inmitten des Naturparks Nuthe-Nieplitz zusammen, um an einem Erfahrungsaustausch mit Landwirt Jürgen Frenzel von der Landgut Hennickendorf GmbH teilzunehmen. Die Vorträge von Dr. Matthias Plöchl, früherer Wissenschaftler am Leibniz Institut für Agrartechnik Bornim und jetziger Geschäftsführer der Bioenergie Beratung Bornim GmbH, sowie Dipl.-Biologin Maja Schultze von der ATB Potsdam thematisierten die neuesten Erkenntnisse zur Biokohlegewinnung und dem damit verbundenen Beitrag zum Klimaschutz. Katrin Greiser von der Naturparkverwaltung Nuthe-Nieplitz erläuterte, wie der Naturschutz durch die Kooperationen mit den landwirtschaftlichen Betrieben wie dem Landgut Hennickendorf vorangetrieben werden kann. Die Besichtigungen der Versuchsanlage zur Gewinnung von Biokohle und eines Orchideenschutzgebiets rundeten die Veranstaltung ab.
Standortherausforderungen mit innovativen Maßnahmen begegnen
In der brandenburgischen Streusandbüchse ist es um die Bodenfruchtbarkeit von jeher nicht gut bestellt. Die durchschnittliche Ackerzahl liegt unter 35 Bodenpunkten, Klimafaktoren und Extremwetterereignisse erschweren die Ertragsergebnisse von Landwirten wie Jürgen Frenzel. "In den letzten vier trockenen Jahren sind wir gerade mal auf durchschnittlich 350 Millimetern Niederschlag gekommen." Für Frenzel, der mit sieben Jahren das Melken von Kühen erlernte und schon drei Jahre später Pferdegespanne steuerte, eine "absolute Katastrophe".
Neben der Bullenmast, Mutterkuhhaltung und Feldfruchtanbau treibt Frenzel in Zusammenarbeit mit der FÖL den Ausbau von Blühstreifen, Wildkräutervermehrung und Moorrenaturierung voran. Eindrucksvoll wurde vor allem der Einsatz Frenzels für seine Verwendung von Biokohle geschildert. Die Pflanzenkohle aus dem Pyrolyseprozess helfe einerseits, eine bessere Atmosphäre in den Ställen zu schaffen und unter anderem den Stickstoff aus der Luft zu binden. Andererseits werde die Kohle so mit Mineralien und Nährstoffen aufgeladen und wirke über viele Jahre hinweg als Depotdünger, der darüber hinaus auch Wasser speichere, den Boden in vielfältiger Weise aufwerte und Kohlenstoff bis zu einem Jahrhundert im Boden binde.
Verlust der Artenvielfalt in vollem Gange
Im Büro des Landguts Hennickendorf GmbH wandert der Blick des 69-jährigen Landwirts suchend durch den Raum, das wettergegerbte und schmale Gesicht in Sorgenfalten gelegt. "Hier ist nicht eine einzige Fliege zu sehen", kommentiert Frenzel und verweist auf den Stall mit den Mastbullen nebenan. Früher sei sofort ein Insekt im Auto gewesen, sobald die Tür geöffnet wurde. Egal ob Fliege oder Biene, der Rückgang der Insektenpopulation lässt den Landwirt, der eigentlich schon vor Jahren in Rente gehen wollte, nicht kalt.
Pro Tag würden 50 Hektar Agrarfläche durch Flächenversiegelung, Aufforstung, Naturschutzmaßnahmen, Temperaturerhöhung und Wassermangel in Deutschland verloren gehen. "Das ist so eine erschreckende Zahl für mich. Nur als Vergleich: Unser Betrieb ist 900 Hektar groß. Nach den aktuellen Flächenverlusten wäre unser Betrieb in achtzehn Tagen weg." Laut Umweltbundesamt verschwinden weltweit pro Jahr zehn Millionen Hektar Agrarland. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft strebt nach eigener Aussage bis zum Jahr 2030 an, die landwirtschaftlichen Flächenverluste auf unter 30 Hektar pro Tag zu senken.