Reduktion von THG-Emissionen aus der Landwirtschaft

Welche Rolle kommt der Landwirtschaft bei der Reduktion von Treibhausgas-Emissionen zu?

Laut einem Gutachten der Stiftung Klimaneutralität gibt es drei zentrale Handlungsfelder, über die sich die Treibhausgas(THG)-Emissionen der Landbewirtschaftung in Deutschland nennenswert reduzieren ließen. Wir stellen sie Ihnen vor!

Laut offizieller Emissionsberichterstattung des Umweltbundesamtes lagen die THG-Emissionen der deutschen Landwirtschaft 2020 bei rund 62,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten, was 8,7 Prozent der gesamten deutschen THG-Emissionen entspricht. Würde man die Treibhausgas-(THG) Emissionen aller für die Landbewirtschaftung relevanten Quellgruppen zusammenrechnen, käme man etwa auf einen doppelt so hohen Wert. 

Damit gehört die Landbewirtschaftung in Deutschland nicht zu den größten THG-Emittenten. Andere Wirtschaftssektoren tragen deutlich mehr bei: So lag 2020 beispielsweise der Anteil der Energiewirtschaft bei 30 Prozent, der der Industrie bei 24 Prozent. 

Während in den anderen Sektoren – insbesondere in der Energiewirtschaft – in den vergangenen Jahren jedoch beträchtliche Senkungen erreicht werden konnten, sind die Minderungserfolge in der Landwirtschaft über die letzten 30 Jahre eher gering. 

Im Unterschied zu allen anderen Sektoren, in denen es fast ausschließlich um den Umstieg von fossiler auf regenerativer Energie geht, besteht die Herausforderung für die Landwirtschaft darin, biogene Emissionen – allen voran Methan und Lachgas – zu mindern. Dafür gibt es bislang nur wenige technische Minderungsmöglichkeiten jenseits einer Einschränkung der landwirtschaftlichen Produktion. Will man die THG-Emissionen der Landwirtschaft mit allen in Betracht kommenden Quellen in naher Zukunft also nennenswert senken, so sind laut Expertinnen und Experten enorme politische, ökonomische und rechtliche Anstrengungen erforderlich.

Die bedeutendsten Handlungsfelder im Bereich Landwirtschaft

Laut einem Gutachten der Stiftung Klimaneutralität gibt es drei zentrale Handlungsfelder, über die sich die Treibhausgasemissionen der Landbewirtschaftung in Deutschland nennenswert reduzieren ließen. Dazu zählen

  • die Verbesserung der Stickstoffeffizienz,
  • die Reduzierung der Erzeugung und des Konsums tierischer Produkte und
  • die Wiedervernässung und Nassnutzung von Mooren.

Den Autorinnen und Autoren des Gutachtens zufolge ließen sich mit diesen drei Handlungsfeldern die der Landbewirtschaftung zuzurechnenden Treibhausgas-Emissionen bis 2045 halbieren.

Moore wiedervernässen

Das wohl größte THG-Minderungspotenzial steckt in der Wiedervernässung der landwirtschaftlich genutzten Moorböden. Rund 95 Prozent der Moore in Deutschland sind heute entwässert, davon werden etwa 86 Prozent land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Sie machen rund acht Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands aus. 

Das Problem bei der trockenen Nutzung von Moorböden ist: Durch die Entwässerung gelangt Sauerstoff in den Boden. Dieser verbindet sich dort mit dem Kohlenstoff und wird als CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Moorböden sind damit laut Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) für mehr als ein Drittel der THG-Emissionen aus Landwirtschaft und Landnutzung verantwortlich. 

Die Wiedervernässung landwirtschaftlich genutzter Moorböden wäre daher ein starker Hebel, um der Klimaerwärmung entgegenzuwirken. Das THG-Minderungspotenzial liegt laut Gutachten bei über 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr. 

Wiedervernässung bedeutet dabei nicht, dass Landwirtinnen und Landwirte diese Flächen künftig überhaupt nicht mehr wirtschaftlich nutzen können. Eine Möglichkeit, die Wiedervernässung mit einer Bewirtschaftung zu kombinieren, besteht zum Beispiel in der sogenannten Paludikultur. Statt auf typisches Grünland oder Mais setzt man in der Paludikultur auf Pflanzen, die mit dauerhaft nassen Böden gut umgehen können und sich sinnvoll verwerten lassen, wie zum Beispiel Torfmoose, Schilf, Rohrkolben oder Seggen. 

Eine andere Möglichkeit, die Moorflächen wirtschaftlich zu nutzen, ist die Erzeugung von Strom über Freiflächenphotovoltaik. Technisch gesehen wären die Errichtung und Instandhaltung von PV-Anlagen auf vernässten Flächen möglich.

Reduzierung des Konsums und der Erzeugung tierischer Produkte

Als zweiten zentralen Hebel, um die landwirtschaftlichen THG-Emissionen zu senken, schlagen die Autorinnen und Autoren des Gutachtens einen geringeren Konsum tierischer Produkte mit einer entsprechenden Reduzierung der Tierhaltung vor. Schon ein Rückgang von 30 Prozent, so die Autorinnen und Autoren, würde etwa 14 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten einsparen.

Der Effekt dieser Maßnahme beruht auf der Tatsache, dass Lebensmittel tierischer Herkunft mehr landwirtschaftliche Fläche benötigen und je Einheit Eiweiß mit wesentlich höheren THG-Emissionen verbunden sind als Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs. 

In Deutschland ist es so, dass auf mehr als der Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche Tierfutter wächst. Zusätzlich importiert Deutschland in erheblichem Umfang Futtermittel. Lebensmittel tierischer Herkunft decken dabei jedoch nur etwa 31 Prozent des gesamten Kalorien- und 61 Prozent des gesamten Proteinverbrauchs der Ernährung in Deutschland, so das Gutachten. Demgegenüber stammen rund zwei Drittel der THG-Emissionen des deutschen Ernährungssystems aus dem Konsum tierischer Produkte. Allein auf Rindfleisch, Milch und Milchprodukte entfallen etwa 40 Prozent.

Um den Fleischkonsum wirksam zu verringern, schlagen die Autorinnen und Autoren vor, neben klassischen Informationskampagnen den Anteil an tierischen Produkten in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung zu reduzieren. Ebenfalls wichtig seien Bildungsangebote an Kitas und Schulen in Verbindung mit einer nachhaltigen Verpflegung. Auch ein staatliches Klimalabel für Lebensmittel könnte hilfreich sein. Darüber hinaus sollten Preisanreize gesetzt werden: Tierische Produkte müssten durch staatliche Maßnahmen verteuert und die Gründe dafür klar kommuniziert werden. Ein erster und wichtiger Schritt wäre die Ausnahme tierischer Produkte vom reduzierten Mehrwertsteuersatz. Allein darüber ließen sich zusätzliche Steuereinnahmen von bis zu fünf Milliarden Euro erzielen, so das Gutachten. Eine andere Möglichkeit, die Produktpreise von Fleisch zu erhöhen und damit den Konsum zu reduzieren, ist die Einführung einer Verbrauchssteuer, wie sie unter anderem auch vom Kompetenzzentrum Nutztierhaltung 2019 im Zusammenhang mit einer Verbesserung des Tierwohls in Deutschland vorgeschlagen wurde. Eine solche Verbrauchssteuer bezieht sich auf die von den Endkundinnen und -kunden erworbene Menge an tierischen Produkten und nicht auf den Preis, wie die Mehrwertsteuer. 

Die steuerlichen Mehreinnahmen könnten in den Umbau der Tierhaltung investiert werden, um das Tierwohlniveau in Deutschland substanziell zu verbessern. Alle Maßnahmen, die zu einer Verteuerung von Fleisch führen, müssten allerdings sozial flankiert werden, um einkommensschwache Haushalte zu entlasten.

Verbesserung der Stickstoffeffizienz

Drittes zentrales Handlungsfeld ist laut Gutachten die Verbesserung der Stickstoffeffizienz. Stickstoff ist ein unentbehrlicher Nährstoff in der Landwirtschaft. Im Übermaß in die Umwelt eingetragene Stickstoffverbindungen – auch reaktiver Stickstoff genannt – haben jedoch gravierende Auswirkungen auf das ⁠Klima sowie die Artenvielfalt, Landschaftsqualität und Wasserversorgung. Rund zwei Drittel des reaktiven Stickstoffs stammen heute aus der Landwirtschaft. In Bezug auf das Klima spielt hier vor allem das Lachgas eine zentrale Rolle. Es ist rund 300-mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid.

Um die Emissionen reaktiver Stickstoffverbindungen zu verringern, müssten laut Gutachten künftig die Nährstoffkreisläufe stärker geschlossen werden. Zentrale Ansatzstelle dafür sei die Düngeverordnung beziehungsweise die Düngepolitik. Aus Sicht der Autorinnen und Autoren sind die diesbezüglichen Regelungen in der Vergangenheit jedoch zu wenig zielgenau gewesen, um die Stickstoffüberschüsse in Deutschland wirksam zu senken. Die zentrale Politikempfehlung des Gutachtens ist daher die zügige Umsetzung einer engagierten einzelbetrieblichen Stoffstrombilanzierung, mit deren Hilfe die Nährstoffflüsse in landwirtschaftlichen Betrieben transparent und überprüfbar abgebildet werden können.

Zieht man das gleitende Fünfjahresmittel heran, lagen die Stickstoffüberschüsse in Deutschland 2017 bei 92 Kilogramm pro Hektar. Bei einer Verringerung des Gesamtbilanzüberschusses auf 70 Kilogramm Stickstoff pro Hektar ergäbe sich laut Gutachten bis 2030 eine THG-Minderung von jährlich rund 3,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Hinzu kämen eine Million Tonnen aus der Mineraldüngerproduktion. Bei einer weiteren Reduktion bis 2045 auf 50 Kilogramm Stickstoff pro Hektar ließen sich weitere Einsparungen in der Größenordnung von 1,5 Millionen Tonnen in der Landwirtschaft erreichen, sowie weitere in der Mineraldüngerproduktion.

Weil die Umsetzung einer solchen politischen Maßnahme unsicher ist und meist einen langen Vorlauf braucht, bis sie wirksam ist, empfehlen die Autorinnen und Autoren des Gutachtens parallel die Einführung einer Stickstoffsteuer auf den Verbrauch von mineralischen Düngemitteln von vorerst 50 Cent pro Kilogramm. In Abhängigkeit von der Wirksamkeit der Stoffstrombilanzierung könnte diese Stickstoffsteuer dann entsprechend zurückgefahren oder verstärkt eingesetzt werden.

Komplette Verhinderung der THG-Emissionen in der Landwirtschaft unmöglich

Bei einigen Emissionsquellen aus der Landwirtschaft handelt es sich um diffuse Methan- und Lachgasemissionen aus biologischen Prozessen, die nicht vollständig vermieden werden können. Die Landwirtschaft wird deshalb bei den Emissionsminderungen hinter anderen Sektoren zurückbleiben, und ihr Anteil an den Gesamtemissionen wird bei fortschreitender Emissionsminderung in anderen Sektoren steigen. Die Landwirtschaft sollte daher anstreben, die verbleibenden THG-Emissionen soweit es geht durch negative Emissionen (Senkenbildung) auszugleichen. 

Ein besonderes Potenzial in dieser Hinsicht bietet die humusfördernde Bewirtschaftung der Felder. Gelingt es zum Beispiel, den durchschnittlichen Humusgehalt im Boden nur um 0,1 Prozent zu steigern, können je nach Bodenart bis zu sechs Tonnen CO2-Äquvalente pro Hektar gespeichert werden. Förderlich auf die Humusbildung wirken sich Zwischenfrüchte, mehrjährige Kulturen wie Kleegras und das Einbringen von Wirtschaftsdüngern aus. Besonders vorteilhaft ist der Erhalt von Dauergrünland, wo die Humusgehalte im Schnitt etwa zwei- bis dreimal höher sind als auf reinen Ackerflächen.

Ist Öko-Landbau besonders klimaschonend?

Wie eine Studie des Thünen-Instituts aus dem Jahr 2019 zeigt, hat der Öko-Landbau in Bezug auf den Klimaschutz eindeutige Vorteile. So weisen ökologisch bewirtschaftete Böden im Durchschnitt einen um 10 Prozent höheren Gehalt an organischem Bodenkohlenstoff und damit eine deutlich höhere jährliche Kohlenstoffspeicherungsrate auf. Die ökologische Landwirtschaft ist aber auch in anderer Hinsicht positiv für das Klima. Denn im Öko-Pflanzenbau wird insgesamt weniger Stickstoff eingesetzt. Außerdem wird auf den Einsatz synthetisch hergestellter Düngemittel verzichtet. Aus diesem Grund entstehen bei der ökologischen Bewirtschaftung weniger Lachgas-Emissionen. Ein Nachteil der ökologischen Landwirtschaft ist, dass hier im Vergleich zum konventionellen Anbau deutlich geringeren Erträge erzielt werden, sodass mehr Fläche benötigt wird, um die gleiche Menge Nahrungsmittel anzubauen.


Letzte Aktualisierung 13.09.2022

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