Wie kann die Landwirtschaft die Folgen der Klimakrise bewältigen?

Wie kann die Landwirtschaft die Folgen der Klimakrise bewältigen?

Extreme Dürre 2018, Hochwasserkatastrophe 2021 – auch in Deutschland sind die Folgen der Klimakrise immer deutlicher zu spüren. Prognosen zeigen, dass solche Extremwetterereignisse in Zukunft häufiger auftreten werden. Die Landwirtschaft kommt daher nicht umhin, sich an diese Klimaveränderungen anzupassen.

Die Landwirtschaft in Deutschland hat die Folgen der Klimakrise bereits mehrmals deutlich zu spüren bekommen. Die extreme Trockenheit 2018 und das Hochwasser 2021 haben zu Schäden in dreistelliger Millionenhöhe geführt und zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Existenz bedroht. Prognosen des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass solche Extremwetterereignisse in den kommenden Jahrzehnten in ihrer Häufigkeit und Intensität mit hoher Wahrscheinlichkeit zunehmen werden. Die Landwirtschaft kommt daher nicht mehr umhin, sich an diese nicht mehr abwendbaren Klimafolgen anzupassen.

Versicherungen: Teuer und nicht immer verfügbar

Wenn man über Vorsorge spricht, denkt man in der Regel zuerst an Versicherungen. Das ist auch in der Landwirtschaft nicht anders. Im Ackerbau besteht in Deutschland auch grundsätzlich die Möglichkeit, sich gegen Risiken wie Hagel, Starkregen, Sturm, Frost und Trockenheit allein oder in Kombination (Mehrgefahrenversicherung) zu versichern. Flächendeckend durchgesetzt haben sich hierzulande jedoch bislang nur Versicherungen gegen Hagelschäden. Bei allen anderen Risiken – allen voran Dürre – sind die Versicherungsprämien so hoch, dass es sich viele Betriebe nicht leisten können.

Eine staatliche Zulage für Versicherungen, wie sie in vielen anderen Ländern der EU die Regel ist und auch hier inzwischen von vielen gefordert wird, gibt es in Deutschland nicht. Bislang wird eine solche Zulage vom Bund auch abgelehnt.

Produktionssysteme müssen angepasst werden

Will man die Schäden und Ertragseinbußen, die durch die Folgen des Klimawandels entstehen, abwenden, kommt man in der Landwirtschaft künftig also nicht umhin, die Produktionssysteme an die sich ändernden Klimabedingungen anzupassen. Wissenschaft und Praxisforschung sind hier bereits seit Jahren auf der Suche nach passenden Lösungen. Zahlreiche Anpassungsprozesse werden bereits in der Praxis umgesetzt.

Risikostreuung durch mehr Vielfalt

Die Vielfalt in der Fruchtfolge auf deutschen Äckern hat in den vergangenen Jahrzehnten enorm abgenommen. Über Erfolg oder Misserfolg der Betriebe entscheiden häufig nur wenige Kulturen. Nehmen diese aufgrund von Wetterextremen Schaden, hat dies direkte Folgen für den Gesamtbetrieb und seine Beschäftigten.

Die landwirtschaftliche Züchtungsforschung arbeitet schon seit Jahren an Sorten, die an die veränderten Bedingungen wie Trockenheit, verlängerte Vegetationsperiode und Hitze besser angepasst sind. In der konventionellen Landwirtschaft verspricht man sich insbesondere vom Genome Editing – einem neuen Züchtungsverfahren auf Molekularebene – schnelle Erfolge. Der Öko-Landbau steht dem Genome Editing hingegen sehr kritisch gegenüber und sieht darin nur eine weiterte Form der Gentechnik.

Der Einsatz angepasster Sorten hat aber Grenzen: Denn extreme Wetterereignisse sind vielfältig und können in sehr unterschiedlicher Weise Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion nehmen. Wann welches Ereignis eintritt, lässt sich meist nur schwer voraussagen. Somit lässt sich auch nur schwer voraussagen, wann welche Sorte die geeignete ist. Das Problem mit der Züchtung ist außerdem, dass es meist viele Jahre oder Jahrzehnte dauert, bis eine Sorte mit den gewünschten Eigenschaften die Marktreife erlangt.

Eine sehr viel bessere Möglichkeit, das Risiko von Ertragsausfällen so gering wie möglich zu halten, ist daher eine vielfältige Fruchtfolge. Je breiter das Spektrum aus Arten und Sorten auf den Feldern, umso größer ist die Chance, dass auch Pflanzen dabei sind, denen die jeweils auftretende Extremsituation nichts ausmachen. Zusätzlich hilft es, Sorten, Reifetypen und den Zeitpunkt der Aussaat zu variieren.

Künftig werden dabei auch solche Kulturen zunehmend eine Rolle spielen, die hierzulande bislang noch keine oder nur wenig Bedeutung hatten. Darunter fallen zum Beispiel die sehr trockentolerante Sorghum-Hirse, aber auch wärmeliebende Kulturen wie Sojabohnen, Körnerhirsen, Sonnenblumen oder Hartweizen.

Vermarktung im Blick behalten

Bei aller Diversifizierung dürfen jedoch die Vermarktungsmöglichkeiten nicht aus dem Auge verloren werden. Denn nicht für alle Kulturen gibt es überall Abnehmer oder verarbeitende Unternehmen, die daraus Lebens- oder Futtermittel herstellen.

Bodenfruchtbarkeit verbessern

Strukturstarke und humusreiche Böden mit einem aktiven Bodenleben sind weniger anfällig für Erosion und schützen Pflanzennährstoffe vor der Auswaschung in tiefere Bodenschichten. Überdies dienen sie als Kohlenstoffsenke – auch Negativemissionen genannt. Das heißt über eine Steigerung des Humusgehalts können Landwirtinnen und Landwirte dafür sorgen, dass Kohlenstoff aus der Luft langfristig im Boden gebunden wird. Jede Maßnahme, die die Fruchtbarkeit, Struktur und Wasserhaltefähigkeit der Böden nachhaltig verbessert, ist somit ein wichtiger Ansatz, um die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen. Bei der Verbesserung des Bodens spielen die oben beschriebenen vielfältigen Fruchtfolgen ebenso eine Rolle wie der Zwischenfruchtanbau und das Einbringen von Gülle, Mist oder Kompost.

Agroforstwirtschaft besonders klimaschonend

Die Agroforstwirtschaft gewinnt bei Landwirtinnen und Landwirten in den vergangenen Jahren zunehmend an Interesse. Dieses System, bei dem landwirtschaftliche Kulturen oder Grünland mit Gehölzen auf einer Fläche kombiniert werden, bringt einen großen ökologischen Mehrwert – das zeigen zahlreiche Studien. 

Die Agroforstwirtschaft könnte auch bei der Anpassung an die Klimakrise künftig eine Hauptrolle spielen: Denn die Gehölze schützen den Boden vor Austrocknung und halten das Wasser in der Fläche. Wie Versuche der Universität Cottbus-Senftenberg zeigen konnten, verdunsteten auf einer mit Wintergerste und Baumstreifen bepflanzten Fläche 20 bis 25 Prozent weniger Wasser als auf Vergleichsflächen ohne Bäume. Der Grund: Die Bäume beschatten den Boden und bremsen höhere Windgeschwindigkeiten aus. Durch das Laub und die abgestorbenen Wurzeln der Bäume entsteht auf der Fläche zudem vermehrt Humus, der wiederum als Wasserspeicher und Kohlenstoffsenke dient. Weiterer positiver Effekt: Im Holz der Bäume wird Kohlenstoff langfristig gebunden.

Technische Risikominderung

Je nach Region, Wetterlage und Betrieb, kann sich auch die Investition in risikomindernde Technik, zum Beispiel für Bewässerung, Dränung, Frost- oder Hagelschutz lohnen. Investitionen in technische Anlagen rechnen sich für die Betriebe in der Regel jedoch nur, wenn die zu erwartenden Ertragsausfälle hoch und die Schadensfälle relativ wahrscheinlich sind. Hier sollten sich Betriebe hinreichend beraten lassen.

Anpassungen in der Tierhaltung

Der Hitzestress in der Tierhaltung lässt sich über ein angepasstes Herdenmanagement, die richtigen Stalltechnik und stallbauliche Maßnahmen abmildern. Im Stall ist darauf zu achten, die Temperatur niedrig zu halten und für einen maximalen Luftaustausch zu sorgen. Dies kann über Ventilatoren, Kuhduschen, Vernebelungsanlagen oder geöffnete Tore, Türen und Seitenwände erreicht werden. Außerdem sollte immer für ausreichende Wasserversorgung gesorgt werden, denn in Hitzeperioden trinken die Tiere deutlich mehr. Anhaltende und extreme Trockenheit kann, wie das Jahr 2018 zeigte, auch schnell zu Futterknappheit auf Wiesen und Weiden führen und damit besonders rinderhaltende Betriebe in Not bringen. Jeder Betrieb sollte daher immer für ausreichend Futterreserven sorgen. Vorsorge kann man zudem treffen, indem man über artenreichere Grünlandmischungen, Nachsaaten im Herbst und ein angepasstes Erntemanagement dafür sorgt, dass auch bei Dürre noch ausreichend Futter vom Grünland zu holen ist.

Öko-Landbau hat in Sachen Klimaanpassung die Nase vorn

Wie eine Studie des Thünen-Instituts aus dem Jahr 2019 zeigt, hat die ökologische Landwirtschaft eindeutige Vorteile gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. Insbesondere die meist breiteren Fruchtfolgen oder die Stärkung der Bodenfruchtbarkeit durch Zwischenfruchtanbau, Kompostwirtschaft und damit verbundenen, höheren Humusgehalten gelten als vorteilhaft. Der Öko-Landbau hat jedoch seine ganz eigenen Schwachstellen in Bezug auf den Klimawandel. Lesen Sie dazu mehr in unserem Beitrag "Wie gut ist der Öko-Landbau für die Klimakrise gerüstet?"


Letzte Aktualisierung 19.10.2022

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