Oekolandbau.de: Wie lange bestehen die Partnerschaften mit den Produzentinnen und Produzenten in der Regel und wie fördern Sie langfristige Beziehungen?
Barbara Altmann: Einige unserer Partnerschaften bestehen bereits seit 1987 – also seit die ersten Ideen zu einem Bio-Fairhandelsprogramm entstanden sind. Ein Beispiel dafür ist die Kooperation mit der bolivianischen Kooperative El Ceibo, die 1987 den Kakao für die erste Bio-Schokolade lieferte, sowie das Familienunternehmen Planeta Verde aus Brasilien, das den Rapadura-Vollrohrzucker beisteuerte. Beide Unternehmen sind heute noch HAND IN HAND-Partner. Die erste Bio-Schokolade wurde damals von Maestrani in der Schweiz verarbeitet – auch Maestrani ist weiterhin ein wichtiger Lieferpartner.
Viele unserer Partnerschaften im Rahmen des HAND IN HAND-Programms gehen auf die 1990er Jahre zurück. Langfristige Lieferbeziehungen entstehen und bestehen, wenn im Alltag keine größeren Probleme auftreten oder wenn auftretende Herausforderungen transparent und gemeinsam gelöst werden. Eine wichtige Grundlage dafür ist das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen Anforderungen und Herausforderungen der Partner.
Im Zentrum steht dabei das gemeinsame Verständnis für die Qualität der Produkte. Dieses Verständnis entwickelt sich über die Zeit, wenn beide Seiten offen kommunizieren und ihre Erwartungen klar formulieren. Gleiches gilt für die öko-sozialen Themen, die für uns eine zentrale Rolle spielen. Nur wenn beide Partner dieselben Werte und Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung teilen, kann eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit entstehen.
Oekolandbau.de: Was sind die größten Herausforderungen, denen sich das "HAND IN HAND"-Projekt in der Klimakrise und in der aktuellen globalen Wirtschaftslage stellen muss?
Barbara Altmann: Eine der größten Herausforderungen für das HAND IN HAND-Programm sind die Produktionsverluste, die durch klimatische Extremereignisse wie Überschwemmungen, Dürren oder Unwetter wie Hurrikane verursacht werden. Diese Wetterextreme haben insbesondere für die Kleinbäuerinnen und -bauern, aber auch für die Bauernorganisationen weitreichende wirtschaftliche Folgen. In Jahren, in denen große Teile der Ernte durch Überschwemmungen verloren gehen oder zu wenig Wasser für die Pflanzen zur Verfügung steht, sehen sich unsere HAND IN HAND-Partner in der Folge mit einer instabilen wirtschaftlichen Situation konfrontiert. In einigen Regionen, wie zum Beispiel in Mittelamerika und der Dominikanischen Republik, stellen auch Hurrikane eine große Herausforderung dar.
Wir bei Rapunzel sehen einen möglichen Lösungsansatz in der aktiven Förderung von professionellen Agroforstwirtschaftssystemen, die insbesondere in tropischen und subtropischen Regionen den Kleinbäuerinnen und -bauern helfen können, die durch den Klimawandel zunehmenden Unsicherheiten ökonomisch abzumildern. Diese Systeme fördern nicht nur die Ertragsstabilität, sondern tragen auch zur Verbesserung der Bodenqualität und Biodiversität bei.
Neben den klimabedingten Herausforderungen sehen wir auch in den aktuellen EU-Regelungen, wie der Revision der EU-Bio-Verordnung von 2018, und der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) große Hürden. Während die geänderten Anforderungen der EU-Bio-Verordnung für europäische Bäuerinnen und Bauern gut umsetzbar sind, werden sie bei Kleinbauernorganisationen weltweit, zum Beispiel beim Thema Gruppenzertifizierung, zu erheblichen Mehrkosten führen. Das stellt eine zusätzliche Belastung für viele unserer Handelspartner dar. Die Anforderungen der EUDR, die den Fokus auf entwaldungsfreie Lieferketten legen, sind ein positiver Ansatz, um weltweit einen Beitrag zu weniger Entwaldung zu leisten. Jedoch bringen auch diese Anforderungen einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich. Vor allem für Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Kleinbauernorganisationen ist es in vielen Regionen herausfordernd, sich in der vorgegebenen Zeit an die neuen Regelungen anzupassen.