Allianz für eine faire und ökologische Marktwirtschaft

FÖM – Allianz für eine faire und ökologische Marktwirtschaft

Unfaires Handeln in der Lebensmittelkette kommt immer wieder vor. Doch was konkret sind denn faire Handelspraktiken? Dieser Frage hat sich die Allianz "Faire und ökologische Marktwirtschaft" – kurz FÖM – gestellt. Das informelle Netzwerk setzt sich für ein faires Miteinander im Handel ein, da es dies als Grundlage für eine zukunftsfähige Wirtschaft sieht.

Unfaire Handelspraktiken in der Lebensmittelwirtschaft sind seit langem bekannt. Die EU beschloss daher 2019 eine Richtlinie über unlautere Handelspraktiken, um Betriebe und Unternehmen in der Lebensmittelwertschöpfungskette zu schützen. Kurz darauf fand sich ein informelles Netzwerk aus Vorreiterinnen und Vorreitern der Fair- und Bio-Branche zusammen und beschloss eine Vision zu entwickeln, wie ein faires Miteinander im Handel mit Lebensmitteln aussehen kann. So entstand die Allianz für eine faire und ökologische Marktwirtschaft, kurz FÖM. Die Mitglieder der FÖM sind verschiedene Verbände und Unternehmen aus der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft, sowie dem Fairen Handel. Sie haben ein gemeinsames Leitbild erarbeitet.

Faire Handelspraktiken

"Ein Kern der gemeinsamen Vision der FÖM-Mitglieder war es, vom Negativen ins Positive zu wechseln und ein Bild zu malen, welches ein faires Miteinander im gemeinsamen Wirtschaften darstellt", sagt Matthias Fiedler, Geschäftsführer vom Forum Fairer Handel und Koordinator der FÖM. Dafür hat die Allianz auf Basis der Erfahrungen mit unfairen Handelspraktiken fünf faire Handelspraktiken definiert:

  1. Die Konditionen der vereinbarten Verträge sind klar und verständlich formuliert und werden von beiden Vertragspartnern auf Augenhöhe und partnerschaftlich miteinan-der vereinbart.
  2. An den Kosten für die Ein- und Durchführung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards beteiligen sich Hersteller und Handel gleichermaßen, diese dienen als Grundlage für die gemeinsame Geschäftstätigkeit.
  3. Jedes Unternehmen trägt für seinen Geschäftsbereich eigenverantwortlich das wirtschaftliche Risiko.
  4. Investitionen für das eigene Unternehmen werden von jedem Vertragspartner selbst getragen. Investitionszuschüsse werden nur in beiderseitigem Interesse partnerschaftlich miteinander vereinbart.
  5. Die Verträge enthalten keine Formulierungen, die zu einseitigen Belastungen einer der Parteien führen.

Absichtserklärung soll faire und ökologische Marktwirtschaft ermöglichen

Mit diesem bewusst positiven Ansatz geht die FÖM auf Handelsunternehmen in der Lebensmittelkette zu und ermutigt sie eine Absichtserklärung zu unterzeichnen und sich damit zu diesen fairen Handelspraktiken zu bekennen. Stand September 2024 haben bereits Aldi (Nord und Süd), sowie die Rewe Group die Erklärung unterschrieben.

Die Absichtserklärung hat keine rechtliche Relevanz, dennoch versprechen sich die FÖM-Mitglieder allein durch die öffentliche Aufmerksamkeit auch eine gewisse Verpflichtung. Die FÖM führt einmal im Jahr ein Gespräch mit allen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern, um aufgekommene Themen, Beschwerden oder Entwicklungen zu besprechen. "Wir wollen diese Gesprächskanäle bewusst nutzen, um den Belangen von Unternehmen Gehör zu verschaffen", so Matthias Fiedler.

Während sich die Absichtserklärung bewusst an Handelsunternehmen richtet, so gelten die fünf fairen Handelspraktiken aus dem FÖM-Leitbild trotzdem auch nach innen. "Natürlich regen wir auch unsere Mitglieder dazu an, dass sie diese Praktiken in ihr eigenes Tun integrieren. Denn wer fair behandelt werden will, sollte logischerweise auch selbst fair agieren", so Anne Baumann, die Geschäftsführende Vorständin der Assoziation ökologischer Lebensmittelherstellerinnen und -hersteller (AöL).

Beschwerde über unfaire Handelspraktiken einreichen

Verarbeitungsunternehmen, die an ein Handelsunternehmen liefern, welches die Absichtserklärung unterzeichnet hat, können bei der FÖM eine Beschwerde einreichen, wenn sie der Meinung sind, dass die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sich nicht an die fairen Handelspraktiken halten.

Die Beschwerde kann über eine Meldestelle an die FÖM gemeldet werden, woraufhin in einem vertraulichen Gespräch die Situation besprochen wird. Hier wird auch betrachtet, ob es sich bei der Meldung gegebenenfalls um einen Verstoß gegen das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG) handelt. Vorteil an diesem Vorgehen ist, dass die FÖM grundsätzlich die gemeldeten Verstöße nicht in Einzelfällen mit den Handelsunternehmen bespricht, sondern sammelt und im jährlichen Jahresgespräch zusammenfasst. Somit wird die Anonymität der oder des Meldenden gewahrt.

Denn die Angst vor einer drohenden oder konkreten Auslistung hält fast alle Verarbeitungsunternehmen zurück, sich direkt bei einer Handelspartnerin oder einem Handelspartner zu beschweren oder die offiziellen Beschwerdemöglichkeiten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zu nutzen. Lediglich auf konkreten Wunsch des meldenden Unternehmens oder in besonders gravierenden Fällen würde eine Einzelfallbearbeitung angestrebt. Fiedler betont in diesem Kontext: "Es ist sehr wichtig, dass wir als FÖM die Infos über unfaires Verhalten der Handelshäuser auch bekommen, um die Gesprächskanäle gut nutzen zu können. Von daher freuen wir uns über jede Kontaktaufnahme."

Wichtig für faire Handelsbeziehungen: Bio ist nicht gleich konventionell

Verfügbarkeiten von Rohstoffen, Planbarkeiten von Produktionen – die Bio-Branche funktioniert anders als die konventionelle. Obwohl viele Handelshäuser das in der Theorie wissen, ist es wichtig immer wieder darauf hinzuweisen. "Wenn der Handel auf die Vielfalt bauen will, wie er es so oft und gerne kommuniziert, dann muss er auch Schritte einleiten, um diese Vielfalt zu erhalten", so Matthias Fiedler. Die FÖM kann mit ihrer Arbeit einen Beitrag dazu leisten, da sie sowohl für die Bio-Branche, als auch für die Fair-Branche spricht und über-nimmt so auch eine Kommunikationsaufgabe gebündelt für alle Unternehmen. Sie erhofft sich für Verarbeiterinnen und Verarbeiter dann in der Folge ein besseres Verständnis und Entgegenkommen von Seiten der Handelshäuser.

Unternehmen, die Interesse haben, sich intensiv in die FÖM-Arbeit einzubringen, wenden sich gerne an den Koordinator Matthias Fiedler: koordination@allianz-foem.de.

Text: Johanna Stumpner

Letzte Aktualisierung 23.10.2024

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