Lupinen als Fischfutter

Potenzial von Lupinen als Fischfutter

In einem Forschungsvorhaben der Eiweißpflanzenstrategie wurde der Nutzen von Lupinen für die Fischzucht untersucht. Dafür entwickelte ein interdisziplinäres Team aus Forscherinnen und Forschern ein Verfahren, um Lupinenmehl in Futtermitteln für karnivoren Wolfsbarsch besser verdaulich zu machen. Außerdem wurden die Vermarktungschancen von Lupinen in der Fischfutterindustrie analysiert.

In der Aquakultur werden Raubfische mit Futtermitteln auf Basis von Fischmehl oder Soja ernährt. Eine nachhaltige Alternative können heimische Eiweißpflanzen sein. Der Anbau von Lupinen, Ackerbohnen und Erbsen trägt zum Klimaschutz bei und erhöht die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften. Auch in der Tierfütterung könnten sie für mehr Nachhaltigkeit sorgen. Allerdings haben pflanzliche Proteinquellen einen entscheidenden Nachteil: Sie enthalten sogenannte antinutritive Substanzen, welche die Futterverwertung und Verdauung von Fischen beeinträchtigen. Lupinen enthalten – wenngleich in geringerer Menge als Sojabohnen – Phytinsäure als Phosphatspeicher. Fische können die Phytinsäure nicht verdauen und somit das gebundene Phosphat nicht verwerten – es reichert sich im Wasser an. Außerdem erschwert die Phytinsäure in den Lupinen die Aufnahme von bestimmten Mineralien und Spurenelementen sowie positiv geladener Proteine und Aminosäuren.

Im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie (EPS) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) untersuchte deshalb ein interdisziplinäres Forscherteam des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), und des ttz Bremerhaven den Nutzen von Lupinen für die Fischaufzucht. Dafür entwickelten die Forscherinnen und Forscher des ttz Bremerhaven ein geeignetes Verfahren zur Futtermittelherstellung und testeten verschiedene Verfahren zur Rohstoffaufbereitung von Lupinen, darunter Fermentation, Extrusion und Coating. Ziel war es, das Futtermittel für die Fische attraktiver und verdaulicher zu machen, um die Fische ausreichend mit Phosphat, Mineralien sowie Proteinen versorgen zu können. Durch das Fermentieren der Lupinenrohstoffe ist ein effektiver Abbau der Phytinsäure gelungen. Bei den Akzeptanztests hat sich Fischöl als Fischfutter-Coating bewährt.

Fütterungsversuche mit steigendem Lupinenanteil

In Fütterungsversuchen mit Wolfsbarschen (Europäischer Wolfsbarsch Dicentrarchus labrax) wurden verschiedene Futtermittel-Mischungen mit unterschiedlich hohen Anteilen an unbehandeltem und fermentiertem Lupinenmehl als Ersatz für Fischmehl getestet. Das Ergebnis: Bis zu einem Lupinenmehlgehalt von 50 Prozent konnten die Raubfische das Futter hervorragend verwerten und wuchsen genauso schnell wie die Fische der Vergleichsgruppe, die ein bedarfsgerecht formuliertes Futter mit 65 Prozent Fischmehlanteil erhielten. Selbst nachdem die Fische drei Monate mit bis zu 50 Prozent Lupinenmehl gefüttert wurden, blieb das Wachstum gleich gut. Bei einem Lupinengehalt von 65 Prozent im Futter war dagegen eine deutlich verringerte Wachstumsrate zu verzeichnen.

Cortisolspiegel in den Schuppen

Werden Fische nicht bedarfsgerecht gefüttert, kann dies bei ihnen Stress auslösen. Daher wurde auch untersucht, ob eine lupinenbasierte Fütterung bei Fischen zu einer Stressreaktion führt.  Als Stressindikator fungierte der Cortisolspiegel in den Schuppen. Das Ergebnis: Bei den Fischen, gefüttert mit Fischmehl als Kontrollfutter, fiel der Cortisolgehalt in den Schuppen tendenziell am niedrigsten aus. Mit zunehmendem Lupinenmehlgehalt erhöhte sich tendenziell der Cortisolspiegel in den Schuppen. Allerdings reagierten die Fische individuell sehr verschieden. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass unbehandeltes Lupinenmehl mehr Stress auslöst als fermentiertes Lupinenmehl und Fischmehl. Um die beobachteten Stresseffekte zu bestätigen, ist es notwendig, weitere Versuche mit einer längeren Versuchslaufzeit und mehr beprobten und genau identifizierten Fischen durchzuführen.

Nachhaltige Alternative

Aus Ökolupinen gewonnenes Mehl, so das Fazit der Forscherinnen und Forscher, ist eine nachhaltige und kostengünstige Alternative zu Fischmehl und Sojamehl für die Futtermittelindustrie. In Deutschland angebaute Lupinen haben sowohl aus ökologischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht ein großes Potenzial als alternative Proteinquelle in Fischfutter. Denn Lupinenbasierte Futtermittel können sämtliche nutritiven Bedürfnisse von Wolfsbarschen decken. "Aufgrund ihres höheren Proteingehalts und der besseren Aminosäuren-Zusammensetzung haben "high-Protein"-Mehl und Flakes ein besonders großes Potenzial als Futterrohstoff für Fische", betont Dr. Matthew James Slater, der verantwortliche Studienleiter beim AWI.

Lupinenangebot schwankt

Wie eine Befragung von Fischfutterproduzentinnen und -produzenten sowie weiterer Stakeholder ergab, schätzen diese durchaus die Vorteile von nachhaltig und lokal produzierten Lupinen. Der Nachhaltigkeitsaspekt wurde von 80 Prozent der Befragten als sehr wichtig bis wichtig eingestuft. Als ein klares Ausschlusskriterium bei der Nutzung führten sie allerdings die schwankende Marktverfügbarkeit sowie die schwankenden Erträge und Qualitäten der in Deutschland angebauten Lupinen an. Damit die Lupine als Rohstoffkomponente für die Fischfutterindustrie interessant wird, müssten sich aus ihrer Sicht die Qualität und die Anbaumenge der Lupinen deutlich erhöhen.

Ob es sich lohnt, die Lupinenrohstoffe vorab zu fermentieren, hängt entscheidend vom Alter und Gewicht der Fische ab. Denn nur bei jüngeren, etwa 15 Gramm schweren Fischen wirkte sich in einem 53-tägigen Fütterungsversuch eine vorherige Fermentation positiv auf Wachstum, Gesundheit und Futterverwertung aus. Daraus schließen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Die Lupinenrohstoffe mithilfe von Enzymen aufzuwerten, ist nur sinnvoll, wenn das Futter für Jungfische bestimmt ist.

Weitaus mehr als die Fermentation zählt, wieviel Lupinenmehl im Futter enthalten ist: Bei einem Anteil von 65 Prozent zeigten sich bei den untersuchten Fischen deutlich ungünstige Effekte auf ihr Wachstum, ihre Gesundheit und die Futterverwertung. Das Lebergewicht fiel schon bei einem Lupinengehalt von 50 Prozent signifikant geringer aus. Auch bei dem Protein und Lipid abbauenden Verdauungsenzymen war hier bereits eine signifikant reduzierte Aktivität zu beobachten. Gewebeproben von Darm und Leber zeigten dagegen keinerlei Schäden.

Zusammenfassung der Ergebnisse bei unterschiedlichem Lupinenmehlgehalt
Lupinenmehlgehalt30%50%65%
Spezifische Wachstumsratenormalnormalbeeinträchtigt
Futterkonversionnormalnormalbeeinträchtigt
Proteolytische Enzymaktivitätnormalbeeinträchtigtbeeinträchtigt
Lipolytische Enzymaktivitätnormalbeeinträchtigtbeeinträchtigt
Hepato-Somatischer Indexnormalbeeinträchtigtbeeinträchtigt

Proteinkonzentrate

Zusätzlich testete das Forscherteam ein aus Lupinenmehl gewonnenes Proteinkonzentrat, und zwar Lupinen-Flakes, und verglichen es mit unbehandeltem Lupinenmehl, Sojamehl und Soja-Proteinkonzentrat. Auch dieser Fütterungsversuch bestätigt: Bis zu 50 Prozent Lupinenanteil kann Fischfutter enthalten, ohne dass sich die Wachstums- und Futterverwertungsraten der Fische verschlechtern. Auch bei Analysen der Plasmaparameter und der Aktivität der Verdauungsenzyme sowie bei histologischen Untersuchungen schnitten die getesteten Futtermittel alle gleich gut ab.

Lupinenart bestimmt Futterwert

Ob Blaue oder Weiße Lupinenarten, geschält, fermentiert oder getoastet – all dies beeinflusst den Futterwert und den Proteingehalt von Lupinenfutter. So ergab die Analyse der unterschiedlichen Lupinenarten, Sorten und Verarbeitungsschritte: In den Flakes macht der Proteinanteil 37 Prozent aus, so hoch wie in keiner anderen Variante. Bei geschälten und gesiebten Proben der Weißen Lupinen ist der Eiweißgehalt im Vergleich zu ganzen Lupinen erhöht. Dagegen enthält das Mehl der Blauen Lupinen sowohl in der geschälten als auch der fermentierten Variante weniger Eiweiß als die ganze Lupine.

Zudem zeigte sich, dass alle untersuchten Futtermittel die Fische bedarfsgerecht mit Linolsäure (C18:2) und Tomnodonsäure (C20:5) versorgen können. Nur der Gehalt an Cevronsäure (C22:5) erwies sich als verhältnismäßig gering. Die unterschiedliche Zusammensetzung der einzelnen Futtermittel spiegelte sich nicht im Fettsäureprofil der Fische wider. Grund dafür sei, so die Erklärung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass die Fische essentielle Fettsäuren selbst synthetisieren können. Selektiv lagern sie jene Fettsäuren ein, die durch das Futter nicht ausreichend bereitgestellt werden. Anders sieht es bei der Versorgung mit essentiellen Aminosäuren aus. Hier kann es bei Futtermitteln mit einem hohen Lupinenmehlgehalt vereinzelt zu leichten bis starken Defiziten kommen.


Letzte Aktualisierung 18.10.2019

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