Kartoffelzüchtung für den Öko-Landbau

Kartoffelzüchtung für den Öko-Landbau

In diesem Video stellen wir den Ablauf der Neuzüchtung einer Kartoffelsorte vor. Stellvertretend für die zumeist mittelständischen Züchterhäuser in Deutschland, gibt Dr. Hans-Reinhard Hofferbert, Züchtungsleiter der EUROPLANT Pflanzenzucht GmbH einen Einblick in die Praxis seiner Arbeit. Wir danken EUROPLANT für die interessanten Einblicke in die Züchtungsarbeit.


Film ab: Wie entsteht eine neue Kartoffelsorte im ökologischen Landbau?


Sortenvielfalt der Kartoffel

Rund ein Dutzend Kartoffelsorten bauen viele Bio-Betriebe an, um Verbraucherinnen und Verbraucher über verschiedene Vermarktungskanäle das ganze Jahr über mit schmackhaften Bio-Knollen versorgen zu können.

Hinter der von der Kundschaft wahrgenommenen Vielfalt eines Hofsortimentes stecken neben den verschiedenen Kochtypen zum Beispiel noch die unterschiedlichen Reifezeiten und Widerstandsfähigkeiten gegen diverse Umwelteinflüsse.

Aus über 500 verschiedenen Kartoffel-Sorten (darunter auch Industriekartoffeln) können Landwirtinnen und Landwirten wählen. Diese Vielfalt haben sie der Kartoffelzüchtung zu verdanken.

Das Bundessortenamt veröffentlicht jedes Jahr eine Beschreibende Sortenliste, auf der alle Sorten mit den geprüften Eigenschaften aufgeführt sind.

Zuchtziele für den (ökologischen) Kartoffelanbau der Zukunft

Im Angesicht sich wandelnder Klimabedingungen und Anforderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist die stetige Entwicklung neuer Sorten unerlässlich. Züchterinnen und Züchter arbeiten schon immer an den Sorten der Zukunft. Dabei sind die aktuell wichtigsten Zuchtziele für den Kartoffelanbau der Zukunft, insbesondere unter ökologischen Anbaubedingungen:

  • Krankheits- und Schädlingsresistenzen, wie z.B. gegenüber der Krautfäule
  • Widerstandsfähigkeit gegenüber abiotischen Stress-Faktoren, wie insbesondere Hitze und Trockenheit
  • eine hohe Nährstoffeffizienz
  • eine schnelle Abreife für Frühsorten
  • eine gute Keimruhe für die Langzeitlagerung
  • ein guter Geschmack

Dabei ist es besonders wichtig einzuschätzen, welche Schädlinge oder Stressfaktoren in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen werden, um hier sinnvoll wirksame Resistenzen wählen zu können.

Eine wichtige Grundlage ist die Erhaltung und Nutzung der genetischen Vielfalt, die als Ressource für zukünftige Züchtungsprogramme unerlässlich ist.

Ablauf der Neuzüchtung einer Kartoffelsorte (vereinfacht dargestellt)

Wenn die kastrierte Mutterblüte mit dem Pollen des gewünschten Vaters bestäubt wird, findet die Rekombination der Eigenschaften statt. In den darauffolgenden Jahren (bis zu zehn) geht es darum, herauszufinden, welche Kreuzungsnachkommen die gewünschten Eigenschaften in sich vereinen. Es findet eine schrittweise intensivere Selektion statt, bei der zunehmend mehr Knollen und Kartoffelpflanzen von immer weniger potentiellen Sorten geprüft werden.

Markergestützte Selektion unterstützt die Züchtungsarbeit ohne Eingriff in das Ergbut

Ob die gewünschten Gene oder Genkombinationen der Eltern vererbt wurden, lässt sich mit sogenannten molekularen Markern überprüfen. Diese Marker sind spezielle Abschnitte der DNA, die mit den gewünschten Eigenschaften verknüpft sind, wie zum Beispiel Krankheitsresistenzen. Mithilfe dieser markergestützten Selektion können Züchterinnen und Züchter früh erkennen, ob eine Pflanze die gewünschten Gene trägt, ohne aufwendige Anbauversuche abwarten zu müssen. Da dies bereits in jungen Pflanzengenerationen möglich ist, lässt sich der gesamte Züchtungsprozess erheblich beschleunigen, weil vielversprechende Kandidaten frühzeitig ausgewählt werden können. Wichtig ist, dass es sich bei dieser Methode nicht um eine gentechnische Veränderung handelt – die DNA der Pflanze wird nicht verändert, sondern nur analysiert.

Sortenzulassung von neuen Kartoffelsorten

Die aussichtsreichsten Kreuzungsnachkommen werden als "Stämme" bezeichnet und mehrere Jahre lang an verschiedenen Standorten geprüft und selektiert. Am Ende können ein oder zwei Stämme beim Bundessortenamt angemeldet werden. Dort durchlaufen sie sogenannte Wertprüfungen, bevor sie als neue Sorte zugelassen werden.

Zugelassen als neue Sorte werden Stämme, die folgende Kriterien erfüllen

  • Neuheit: Die Sorte darf noch nicht kommerziell verfügbar sein.
  • Unterscheidbarkeit: Sie muss sich klar von bestehenden Sorten unterscheiden lassen.
  • Beständigkeit: Ihre Eigenschaften müssen über mehrere Generationen hinweg stabil bleiben.
  • Homogenität: Die Sorte muss in ihren Merkmalen einheitlich sein.
  • Wert: Die Sorte muss einen erkennbaren Nutzen für die Landwirtschaft bieten, sei es durch höhere Erträge, bessere Krankheitsresistenz oder andere vorteilhafte Eigenschaften.

Pflanzengenetische Ressourcen

Wertvolle genetische Ressourcen für die Züchtung sind neben den bestehenden Kultursorten und Zuchtstämmen auch alte Sorten, sowie Wildarten der Kartoffel.

Letztere tragen oft Merkmale wie Krankheitsresistenzen oder Toleranzen gegenüber abiotischen und biotischen Stressfaktoren. Gleichzeitig bringen sie aber unerwünschte Eigenschaften, wie ungenießbare Inhaltsstoffe, einen geringen Ertrag oder Entwicklungszyklen, die an äquatornahe Bedingungen angepasst sind, mit sich.

Da Wildarten also nicht ohne weiteres als Kreuzungseltern für Neuzüchtungen in Frage kommen, wird durch gezielte Rück-Kreuzungen versucht, wertvolle Gene aus Wildarten in züchtungsfähige Linien einzubringen, während unerwünschte Merkmale allmählich herausgezüchtet werden.

Bedeutung der Kartoffelzüchtung für die (ökologische) Landwirtschaft

Abschließend lässt sich sagen, dass die Arbeit der Kartoffelzüchterinnen und -züchter seit jeher eine unverzichtbare Grundlage für die Gegenwart und Zukunft der Landwirtschaft bildet. Durch ihre Bemühungen entstehen nicht nur widerstandsfähige und ertragreiche Sorten, sondern auch Sorten, die speziell auf die Anforderungen der ökologischen Landwirtschaft zugeschnitten sind.

Sie sind gefragt!

Sie interessieren sich für den Anbau, die Verarbeitung oder Vermarktung von Öko-Kartoffeln? Sie haben Fragen zur Züchtung von Öko-Kartoffeln? Was wollten Sie schon immer mal über den Kartoffelkäfer wissen? Auf welche Themen sollen wir einen besonderen Fokus im Blog legen? Schlagen Sie uns gerne Themen und Ideen vor! Schicken Sie uns einfach eine E-Mail an info@oekolandbau.de.

Letzte Aktualisierung 20.09.2024

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