Gemeinsam stark: Die Hofgemeinschaft Heggelbach eGbR
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Für das gesamtbetriebliche Konzept wird die Hofgemeinschaft Heggelbach im Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau 2025 ausgezeichnet. Besondere Anerkennung verdienen aus Sicht der Jury die Leistungen in den Bereichen Betriebsführung, nachhaltige Erzeugung und Verarbeitung sowie regenerative Energien und Kreislaufwirtschaft.
Ein landwirtschaftlicher Betrieb mit elf gleichberechtigten Betriebsleitenden – Kann das funktionieren? Im Fall der Hofgemeinschaft Heggelbach eGbR lautet die Antwort: sehr gut sogar! Seit fast 40 Jahren arbeitet der Demeter-Betrieb wirtschaftlich erfolgreich mit nur 174 Hektar Fläche, knapp 100 Rindern, 185 Mastschweinen sowie 25 Schafen und 20 Hühnern.
Die elfköpfige Betriebsleitung trifft alle größeren Entscheidungen gemeinsam nach dem Konsensprinzip. Das setzt Diskussionsbereitschaft, Empathie und Gemeinsinn voraus, hat sich aber in der Praxis bewährt. Die Stammflächen des Betriebs wurden in einen gemeinnützigen Verein überführt und werden an das jeweils jüngste Mitglied verpachtet bis zu dessen Renteneintritt. Das schafft langfristige Planungssicherheit.
Trotz der überschaubaren Flächenausstattung erwirtschaftet die Hofgemeinschaft genügend Überschüsse. Sie reichen aus, um dem Leitungsteam ein angemessenes Einkommen zu zahlen und Rücklagen für den Betrieb zu bilden. Das gelingt durch eine hohe Wertschöpfung auf dem Betrieb, unter anderem über eine eigene Bäckerei und Käserei. Fast alle Produkte verlassen den Hof marktfertig (Kartoffeln, Gemüse) oder verarbeitet (Käse, Brot). Dabei legt die Hofgemeinschaft großen Wert auf kurze Transportwege und verkauft fast alle Produkte regional.
Film ab: Hofgemeinschaft Heggelbach – Preisträger des Bundeswettbewerbs Ökologischer Landbau 2025
Im Bereich regenerative Energie ist der Betrieb absoluter Pionier. Bereits im Jahr 2016 startete das Betriebsleiterteam gemeinsam mit zwei Forschungseinrichtungen ein Photovoltaik-Projekt auf den eigenen Flächen mit aufgeständerten Solarmodulen, um Energiegewinnung und Lebensmittelerzeugung zu verbinden. Strom und Warmwasser für Betriebs- und Wohnbereich werden komplett über einen Holzvergaser mit betriebseigenen und regionalen Holzhackschnitzeln gewonnen. Insgesamt erzeugt der Hof dreimal so viel Strom wie er verbraucht.
Über allen Aktivitäten des Betriebs steht der Kreislaufgedanke des Ökolandbaus. So geht der Mist aus der Tierhaltung als Dünger in den Ackerbau und die anfallende Molke aus der Käserei wird als Schweinefutter verwertet. Nicht vermarktungsfähiges Gemüse, etwa bei Roter Bete, wird geschält, gekocht und vakuumiert als veredeltes Produkt verkauft. In der Nachhaltigkeitszertifizierung der Regionalwert AG erreicht der Betrieb deshalb in sechs von zehn Kategorien die höchste Wertung, "stark nachhaltig".
Weiterer Schwerpunkt ist die Aus- und Weiterbildung junger Menschen in der Land- und Hauswirtschaft und in der Käserei. Neben sieben festen Mitarbeitenden arbeiten auf dem Hof auch vier Auszubildende. Alle Betriebsleitenden arbeiten als Ausbildende oder Lehrkraft an der Landbauschule Bodensee oder in der Weiterbildung für Hofkäserinnen und Hofkäser.
Für die Jury ist die Hofgemeinschaft deshalb ein Vorzeigebetrieb für die ökologische Landwirtschaft in Deutschland. Besondere Anerkennung verdienen aus Sicht der Jury die Leistungen in den Bereichen Betriebsführung, nachhaltige Erzeugung und Verarbeitung sowie regenerative Energien und Kreislaufwirtschaft.
Begründung der Jury: Siegerbetrieb im Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau 2025 in der Kategorie "gesamtbetriebliche Konzeption"
Eine herausragende Besonderheit von Heggelbach ist das Konzept der Betriebsleitung. Die Hofgemeinschaft Heggelbach wird von den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern soziokratisch geführt. Das heißt, alle wichtigen Entscheidungen werden einvernehmlich von den Betriebsleitenden nach dem Konsensprinzip getroffen. Das setzt eine hohe Diskussionsbereitschaft, Empathie, soziale Kompetenz und Gemeinsinn voraus. Die Betriebsgemeinschaft Heggelbach praktiziert diesen Ansatz schon seit vielen Jahren, ein Konzept, das sich in ständiger Weiterentwicklung befindet.
Besonders ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Betrieb dauerhaft, das heißt bis zum Renteneintritt des jeweils jüngsten Mitglieds, an die Hofgemeinschaft verpachtet ist. Dazu wurde er vor Jahren in eine Stiftung überführt. Das schafft langfristige Planungssicherheit, nach erfolgtem Generationenwechsel jetzt bereits in der zweiten Generation. Erwirtschaftete Überschüsse verbleiben als gemeinsame Rücklagen an den Betrieb gebunden. Gleichwohl ist dafür gesorgt, dass die Betriebsleiternde ein Einkommen haben, dass eine adäquate Altersvorsorge ermöglicht.
Heggelbach zeichnet sich durch eine beeindruckende Vielfalt (horizontal wie vertikal) aus, sicher auch geprägt und ermöglicht durch die hohe Zahl an Betriebsleitenden. Die Landwirtschaft ist gekennzeichnet durch eine vielfältige Fruchtfolge und eine diverse Tierhaltung (vier Tierarten) sowie durch eine Vielzahl von Naturschutzmaßnahmen (von der Heckenanlage und -pflege über die Unterhaltung von Kleinbiotopen an Bachläufen bis zum insektenfreundlichen Doppel-Messermähwerk) in der Fläche und auf dem Betrieb (Nisthilfen). Die Fütterung der Milchviehherde (Braunvieh) erfolgt alleinig über Raufutter, das heißt ohne Konkurrenz zur menschlichen Ernährung, gleichwohl wird eine Leistung von 5.500 kg per anno erreicht. In der Verarbeitung stehen Milch und Rote Bete im Vordergrund. Nahezu alle Produkte verlassen marktfertig den Hof. Kartoffeln, das Gemüse, die Milch, das Getreide, alles wird auf dem Betrieb verarbeitet (zu Käse und Brot) und kundengerecht verpackt. Die Hofgemeinschaft legt großen Wert darauf, die Produkte möglichst regional zu verkaufen, um die Transportwege kurz zu halten.
Impressionen von der Hofgemeinschaft Heggelbach
Die Fütterung der Braunviehherde erfolgt ausschließlich über Raufutter, Foto: Imagofilm / Copyright BLE
Andrea Reyer ist für die Hauswirschaft zustündig. Foto: Imagofilm / Copyright BLE
Ein Markenzeichen von Heggelbach ist die Hofkäserei. Foto: Imagofilm / Copyright BLE
Noah Schlaak kümmert sich mit ihrem Mann um die Tierhaltung. Foto: Imagofilm / Copyright BLE
Florian Reyer sorgt für Energie: Insgesamt wird auf Heggelbach nahezu dreimal so viel elektrische Energie erzeugt wie verbraucht. Foto: Imagofilm / Copyright BLE
Ein Markenzeichen von Heggelbach ist die Hofkäserei. Sie besteht seit über 30 Jahren und seit 2020 in neuen Produktionsräumen. Hier wird die gesamte auf Heggelbach anfallende silofreie Milch zu Käse und Quark verarbeitet. Das sind inzwischen jährlich weit über 200.000 kg. Die Reifung erfolgt in einem Ziegel-Gewölbekeller, dessen Besuch einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Das beachtliche Spektrum der Käsesorten erstreckt sich von Frischkäsebällchen (Frühlingserwachen und Herbstzauber) über den Camenbert, den Tilsiter bis hin zum Alpkäse und dem Heggelbacher Felsbrocken, einem überjährigen Hartkäse vergleichbar mit dem Parmesan.
Der Kreislaufgedanke ist leitend in Heggelbach. Neben dem Klassiker Futterbau-Tierhaltung-Dünger, ist die Verwertung sogenannter Zweite-Wahl Rote Bete (auch von Kollegen aus der Region) zu einem geschälten und gekochten Produkt zu erwähnen. Die bei der Käserei anfallende Molke wird in der Schweinefütterung mit verwertet.
Pionier bei regenerativen Energien: Bereits seit dem Jahr 2016 betreibt Heggelbach gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg und der Universität Hohenheim eine der ersten Agrifotovoltaik- Versuchsanlagen zur Erforschung einer doppelten Nutzung des Ackers für Lebensmittelerzeugung und Energiegewinnung mit aufgeständerten Fotovoltaik-Modulen. In Zusammenarbeit mit den Elektrizitätswerken Schönau wurde ein Batteriespeicher mit Ladesäule auf dem Hof installiert. Es laufen Versuche zur effizienten Steuerung und Optimierung des Stromverbrauchs, um möglichst viel „Spitzenstrom“ nutzen zu können und damit die Stromnetze zu entlasten. Ein Holzvergaser wird mit betriebseigenen und regionalen Holzhackschnitzeln betrieben. Er sorgt neben der kontinuierlichen Stromproduktion auch für den gesamten Warmwasser- und Heizbedarf der Hofgemeinschaft Heggelbach. Im Sommer wird die Wärme auch zum Heu trocknen eingesetzt. Insgesamt wird auf Heggelbach nahezu dreimal so viel elektrische Energie erzeugt wie verbraucht.
Auch die Aus- und Weiterbildung insbesondere junger Menschen in Landwirtschaft, Käserei und Hauswirtschaft ist den Betriebsleitenden der Hofgemeinschaft ein Anliegen. Als Ausbildende, Lehrkräfte, Jahrgangsbetreuende und im Leitungsgremium sind sie Teil der "Freien Landbauschule Bodensee". Ebenso arbeiten sie aktiv als Ausbilder, Prüfer und im Vorstand an der Weiterbildung für "Hofkäserinnen und Hofkäser" vom Verband für handwerkliche Milchverarbeitung (VHM) mit. Auch in der ländlichen Hauswirtschaft bildet Heggelbach aus. Schülerinnen und Schüler sowie Studierende werden durch Praktika in den Betriebsablauf eingebunden. Durch das Angebot von "Ferien auf dem Bauernhof" erhalten auch Feriengästen tiefe Einblicke in die Realität der modernen biologisch-dynamischen Landwirtschaft.
Die Hofgemeinschaft Heggelbach hat sich der Nachhaltigkeitszertifizierung der Regionalwert AG unterzogen und dabei hervorragend abgeschnitten. In sechs (Biodiversität, Klima& Wasser, Tierwohl, Fachwissen, Beschäftigungsverhältnisse und regionale Vernetzung) von zehn Kriterien erreichte sie die höchste Einstufung (stark nachhaltig). Insgesamt wurde Heggelbach mit einem Erreichungsgrad von 84 Prozent eingestuft.
Abschließend und zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Hofgemeinschaft Heggelbach in den vergangenen 38 Jahren visionär mit viel Pioniergeist, Engagement und Herzblut immer auch bereit, neue Wege zu beschreiten, zu einem Vorzeigebetrieb der Ökologischen Landwirtschaft in Deutschland entwickelt hat. Insbesondere die Leistungen im Kontext von Betriebsführung, nachhaltige Erzeugung und Verarbeitung sowie regenerativer Energie und Kreislaufwirtschaft verdienen besondere Anerkennung.
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