Bio-Wertschöpfung mit bedrohten Kulturpflanzen

Vielfalt schmeckt: Bio-Wertschöpfung mit bedrohten Kulturpflanzen

Die Artenvielfalt zu erhalten ist das Ziel des Projektes "Vielfalt schmeckt". Dazu soll eine regionale Wertschöpfungskette für alte, samenfeste Gemüsesorten, Produkte von Streuobstwiesen und samenfeste Getreidepezialitäten aufgebaut werden. Annika Ebser ist Wertschöpfungskettenmanagerin in diesem Projekt und berichtet im Interview über die Ziele und bisherigen Erfolge des Projekte, welches seit 2021 vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau gefördert wird.

Oekolandbau.de: Um was geht es bei dem Projekt?

Annika Ebser: In den letzten 100 Jahren gab es einen dramatischen Verlust an genetischer Vielfalt im Agrarsektor. So haben wir 75 Prozent aller Kulturpflanzensorten verloren und eine Reduktion von ursprünglich 2.000 Apfelsorten auf nur wenige Hochleistungs-Sorten erlebt. Umgekehrt sind nur 12 Pflanzen- und 5 Tierarten für 75 Prozent der weltweiten Lebensmittelproduktion verantwortlich. Mit unserem Projekt "Vielfalt schmeckt" wollen wir einen Gegentrend zu mehr Vielfalt auf Äckern und Tellern setzen.

Annika Ebser

Annika Ebser studierte Biologie in Konstanz und Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen. Das Thema Nutzpflanzenvielfalt hat sie schon im Studium fasziniert. Doch auch privat gärtnert sie und experimentiert am liebsten mit ProSpecieRara-Sorten, weil sie oft schöne Farben und einen besonderen Geschmack haben. Da diese Sorten im Handel kaum erhältlich sind, ist sie begeistert davon, mit dem Projekt "Vielfalt Schmeckt“ wieder mehr Sortenvielfalt in die Bioläden zu bringen.

Oekolandbau.de: Welche Ziele sollen erreicht werden?

Annika Ebser: Im Projekt geht es darum, pflanzengenetische Ressourcen durch Nutzung zu erhalten und die Sortenvielfalt im Biosektor zu erhöhen. Unser Ziel ist es, Bio-Wertschöpfungsketten mit traditionellen Sorten in drei Bereichen auf- bzw. auszubauen: Gemüse, Getreide und Obst. Im Gemüsebereich bauen wir eine bestehende Bio-Wertschöpfungskette aus, indem wir Lagerung, Sortierung und Verpackung optimieren. Auch sollen verarbeitete Produkte entwickelt werden. Weitere Projektziele sind die Vermarktung von Getreidespezialitäten und Obstraritäten aus alten Sorten. Im Obstbereich liegt unser Fokus auf Streuobstprodukten, die wir aufgrund ihres positiven Beitrags zum Landschaftsbild und der biologischen Vielfalt besonders sinnvoll finden.

Für die Vermarktung der Vielfaltsprodukte nutzen wir das ProSpecieRara-Gütesiegel. Dieses zeichnet alte, seltene Sorten und Produkte hiervon aus.

Oekolandbau.de: Was ist Ihre Aufgabe in dem Projekt?

Annika Ebser: Meine Aufgabe ist es, für den Naturkostgroßhändler BODAN Bio-Wertschöpfungsketten aus alten Sorten in der Bodensee-Region aufzubauen. Dabei bin ich in engem Austausch mit den Freiburger Kolleginnen, die dieselbe Arbeit für Rinklin voranbringen und das ProSpecieRara-Gütesiegel betreuen.  

Oekolandbau.de: Welche Projektpartner sind mit im Boot? Was tragen diese Betriebe zum Projekt bei?

Annika Ebser: "Vielfalt schmeckt" ist ein Kooperationsprojekt der ProSpecieRara Deutschland gGmbH mit den Naturkostgroßhändlern BODAN und Rinklin. Während ProSpecieRara das Wissen zu alten Sorten bereitstellt und Recherchearbeiten übernimmt, bauen die Großhändler Wertschöpfungsketten in den Regionen Bodensee und Südbaden auf. Dank der Projektarbeit konnten schon jetzt zahlreiche Kontakte zur Erhaltungszüchtung sowie Anbau- und Verarbeitungsbetrieben in den Regionen geknüpft werden.

Oekolandbau.de: Was sind die nächsten Schritte?

Annika Ebser: Beim Obst und Gemüse konnten wir in den ersten zwei Projektjahren bereits tolle Erfolge erzielen: Mit Verjus und BIRNOH® der Streuobstmosterei Stahringen haben wir zwei erstklassige Produkte aus alten Apfel- und Birnensorten in den Bio-Großhandel gebracht. Zudem sind alte Tafelapfel-Sorten wie der "Seesthermüher Zitronenäpfel", "Cox Orange" und "Geheimrat Dr. Oldenburg" nun wieder verfügbar. Auch im Gemüsesortiment kommen laufend weitere Raritäten hinzu. Der Getreidebereich ist für uns aktuell die größte Herausforderung. Zwar gibt es Betriebe, die mit Begeisterung traditionelle Sorten anbauen. Für die Verarbeitung findet sich jedoch nicht automatisch eine Mühle und Bäckerei, um daraus in größerem Stil Backwaren zu erzeugen. Im letzten Projektjahr wird unser Fokus deshalb auf dem Getreide liegen.

Projektinfos

Weitere Informationen rund um das Projekt finden Sie im Projektsteckbrief.

Das Projekt wird über die Förderrichtlinie RIWERT gefördert. Die Richtlinie ist eine Maßnahme des Bundesprogramms Ökologischer Landbau, initiiert und finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

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Letzte Aktualisierung 12.06.2023

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