Die Zeit ist reif für PIWI-Weine

Die Zeit ist reif für PIWI-Weine

In kaum einer anderen Kultur werden so viele Pflanzenschutzmittel eingesetzt wie im Weinbau. Denn unsere Reben sind anfällig für Pilzkrankheiten. Daher ist es höchste Zeit, mehr sogenannte pilzwiderstandsfähige Rebsorten, kurz PIWIs genannt, zu nutzen. Auch geschmacklich können PIWI-Weine punkten!

In kaum einer anderen Kultur werden so viele Pflanzenschutzmittel eingesetzt wie im Weinbau. Denn unsere Reben stammen aus trocken-warmen Gebieten. Das macht sie anfällig für Pilzkrankheiten. Besonders in nassen Sommern wie 2021 schaden feuchtigkeitsliebende Pilze wie Falscher Mehltau und Grauschimmel den heimischen Trauben. Dann müssen auch Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern die erlaubten Pflanzenschutzmittel wie Kupfer häufig ausbringen. Doch Kupfer kann Mikroorganismen und Weichtiere im Boden schädigen. Hinzu kommt, dass sich Kupfer vor allem in den oberen Bodenschichten anreichert.

Daher ist es höchste Zeit, mehr sogenannte pilzwiderstandsfähige Rebsorten, kurz PIWIs genannt, zu nutzen. Obwohl es bereits rund sechzig dieser neu gezüchteten Sorten bei uns gibt, werden nur etwa zehn von ihnen auf weniger als drei Prozent der Anbaufläche angebaut.

PIWIs sind robust gegen Pilze

Dabei spricht alles für PIWIs. Sie benötigen durchschnittlich nur etwa ein Drittel der Pflanzenschutzmaßnahmen herkömmlicher Sorten. In manchen Jahren sogar gar keinen. Die neuen Reben ersticken die Verbreitung der Schaderreger im Keim: Wenn die Mehltausporen auf den Blättern auskeimen, lassen die Pflanzen die befallenen Zellen gezielt absterben. Dabei gehen auch die auskeimenden Pilzsporen zugrunde.

Gegen Grauschimmel sind die Rebenneulinge ebenfalls gut gewappnet: Die meisten PIWIs haben lockere Trauben, die nach Regen rasch abtrocknen. Das erschwert den feuchtigkeitsliebenden Pilzsporen, sich anzusiedeln. Zudem schützt eine besonders feste Beerenhaut vor dem Eindringen von Pilzen.

Das spart nicht nur Spritzmittel wie Kupfer, sondern auch CO2 und Arbeitszeit. Denn die Winzerinnen und Winzer müssen seltener mit dem Traktor durch den Weinberg fahren, verbrauchen also weniger Kraftstoff. Das schützt gleichzeitig den Boden vor Verdichtung. Flora und Fauna können sich im Weinberg ungestörter entfalten.

PIWIs sind mehr als ein Ersatz

Auch geschmacklich können PIWIs punkten, wie Vergleichstests im vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) geförderten Projekt VITIFIT zeigen. Dabei verglichen 80 Weinexperten Weine aus sieben repräsentativen PIWI-Sorten mit aus dem gleichen Weinberg stammenden Weinen der traditionellen Rebsorten Riesling, Muskateller, Sauvignon Blanc oder Merlot. Bei den Rotweinen bewerteten die Fachleute die PIWI-Weine mit einer Ausnahme als gleich gut, die Weiß- und Rosé-Weine schnitten teilweise sogar besser ab.

PIWI-Weine gibt es inzwischen in fast allen Geschmacksrichtungen. Beispielsweise schmeckt Muscaris wie Muskateller. Cabernet Blanc und Sauvignac können dem Sauvignon Blanc täuschend ähnlich sein. Wer Burgunderweine sucht, findet Helios ebenbürtig mit Weißburgunder und Souvignier Gris vergleichbar mit Grauburgunder. Liebhaber von Riesling-Weinen sollten Fidelio oder Calardis Blanc probieren. Cabernet Cortis und Cabertin rot entsprechen dem Cabernet-Typ, während die Sorte Satin Noir eher an Pinot Noir erinnert.

Mehr Ökologie fürs gleiche Geld

"Weine aus PIWI-Rebsorten sind häufig etwas ausdrucksstärker und eigenwilliger, aber in ihrem Qualitätspotenzial auf Augenhöhe mit den Standardrebsorten", bilanziert Professor Ulrich Fischer, Leiter des Instituts für Weinbau und Oenologie am DLR.

Insofern seien sie nicht nur für neugierige und umweltbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher ein spannendes Angebot. Das Gute daran: PIWI-Weine kosten selten mehr als vergleichbare Weine aus klassischen Rebsorten.

PIWIs schmecken Mensch und Umwelt

Der Südtiroler Bioland-Winzer Thomas Niedermayr baut auf seinem Hof Gandberg ausschließlich PIWI-Rebsorten an: vor allem Bronner, Solaris und Souvignier Gris. Im Interview erklärt er uns, was alles für PIWIs spricht.

Oekolandbau.de: Warum bauen Sie nur noch PIWIs an?

Thomas Niedermayr: Der Bio-Anbau funktioniert nicht, wenn wir chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel einfach mit biologischen Pflanzenschutzmitteln ersetzen. Um einen Mehrwert im gesamten Umweltsystem zu erreichen, müssen wir den Betriebskreislauf gesamtheitlich betrachten und verstehen lernen. Wir beschäftigen uns schon um die vierzig Jahre mit Umweltthematiken in der Landwirtschaft. Neben vielen anderen wichtigen Bausteinen sind auch PIWIs die einzige langfristig nachhaltige Methode, Weinbau zu betreiben. Wollen Sie in einem Weinberg arbeiten oder deren Wein konsumieren, der massive Umweltschäden verursacht? Na also, genau deshalb setzen wir auf moderne Sorten.

Oekolandbau.de: Sind PIWIs auch im Weinkeller ein Gewinn?

Thomas Niedermayr: Das Arbeiten mit diesen Sorten ist eine wichtige Basis, da diese Trauben nicht mit Schwefel und Kupfer vorbelastet sind. Je weniger Fungizide ich im Bio-Anbau einsetze, desto vitaler und vielfältiger ist die Mikrobiologie auf der Beerenschale.

Natürliche Hefe ist auch nur ein Pilz, wenn ich im Weinberg zehn, zwölf Mal Fungizide im Jahr einsetze, in vielen Gebieten auch bis 30-mal, bekomme ich Probleme im Keller. Ich brauche nicht nur optisch gesunde, saubere Trauben, sondern auch die Mikrobiologie muss stimmen. Außerdem helfen mir die modernen Rebsorten, auf viele Zusätze zu verzichten, da sie eine tolle Säurestruktur haben, viel Fülle und Aromatik schon von Natur aus mitbringen.

Oekolandbau.de: Wie kommen die PIWIs mit dem Klimawandel zurecht? Brauchen wir nicht auch hitze- und trockenheitsresistene Weinsorten?

Thomas Niedermayr: Bei der Selektion und Züchtung der neuen Rebsorten fließen auch genau diese Aspekte mit ein. Natürlich hat jede robuste Sorte auch ihren Charakter und benötigt den für sie passenden Standort. Mit PIWI-Rebsorten entstehen wieder vitale Böden durch Kohlenstoffbindung und Humusaufbau. Durch reiche Böden mit Dauerbegrünung erreichen wir genau das, was wir dringend benötigen.


Letzte Aktualisierung 19.04.2022

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