Solartraktoren und Roboter im Öko-Landbau

Solartraktoren und Roboter im Öko-Landbau

Die moderne Technik wird auch im Öko-Landbau immer beliebter. Ackerbau- und Gemüse-Betriebe investieren in High-Tech-Hacken, Milchviehhöfe in innovative Melkroboter. Grundsätzlich gilt: Die Roboter können Routinearbeiten übernehmen, aber nicht das geschulte Auge und die Erfahrungen der Praktikerinnen und Praktiker ersetzen.

Da Öko-Betriebe keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel einsetzen dürfen, müssen sie ihre Äcker mechanisch vom Unkraut befreien. Dazu hacken sie nur noch selten mit der Hand. Üblich sind am Traktor angehängte Striegel und Hacken. Deren Zinken reißen die unerwünschten Kräuter und Gräser um oder raus. Eine Pflanzenschutzscheibe sorgt dafür, dass die Kulturpflanze nicht mit Erde zugeschüttet wird. Das Striegeln und Hacken kostet vor allem bei Hackfrüchten wie Kartoffeln und Zuckerrüben viel Zeit und Energie. Besonders wenn Zuckerrüben noch klein sind, lassen sie sich leicht vom Unkraut unterkriegen. Daher tüfteln Hersteller und Universitäten schon längst an digitaler Technik und Feldrobotik. So gibt es immer mehr kamera- und GPS-geführte Hacken am Traktor, die punktgenau arbeiten.

Hackroboter erobern das Feld

Noch mehr Automatik versprechen die Hackroboter. Beispielsweise hat der Robotikhersteller "Zauberzeug" gemeinsam mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) einen Hackroboter für Zuckerrüben entwickelt. "Der Roboter fährt autonom über die Fläche, um Zuckerrüben von Unkräutern zu befreien", erläutert Amanda Birkmann von der HNEE. Dank einer auf Künstlicher Intelligenz basierten Bildanalyse kann er zuverlässig Unkräuter von Zuckerrüben unterscheiden. Der batteriebetriebene Roboter verfügt über Solarpanels, die bei gutem Wetter Sonnenenergie für den Antrieb nutzen können.

Solartraktor – unabhängig von fossilen Brennstoffen

Ganz unabhängig von fossilen Brennstoffen arbeitet der Solartraktor von Heinz Wegmann, einem Ingenieur und Landwirt aus Soest. Der elektrisch betriebene Traktor produziert den Strom für den Antrieb selbst. Dazu beherbergt das 6,5 Quadratmeter große Dach des kleinen und leichten Solartraktors vier Photovoltaik-Module. Und wenn die Sonne nicht scheint, hilft der eingebaute Batteriespeicher aus.

Angefangen habe alles vor gut zehn Jahren, als er eine selbstfahrende Arbeitsmaschine zum Jäten und Ernten mit Solarantrieb entwickelt habe, erzählt der Erfinder: "Mein Antrieb war es, einen Traktor zu entwickeln, mit dem man das in Reihen angepflanzte Gemüse, den Mais oder die Zuckerrüben möglichst präzise ansteuern kann. So erspart man sich die mühsame Handarbeit beim Hacken von Beikräutern." Genau das ist ihm gelungen. Dank der kompakten Bauweise des Solartraktors sitzt man in dem Traktor gerade mal 1,5 Meter von der Hacke entfernt und kann problemlos bis auf wenige Zentimeter an die Unkräuter heranfahren.

Melkroboter im Milchviehstall

Die moderne Technik macht das automatische Melken möglich. Das zeigt der neue Forschungsstall des zur Universität Gießen gehörenden Gladbacher Hofes. Bis zu 128 Kühe finden in dem durch einen Futtergang getrennten zweiteiligen Stall Platz. Auf jeder Stallseite befindet sich ein Melkroboter. Der melkt ganz ohne menschliche Hilfe über den Tag verteilt alle Kühe. Damit die Tiere auch in den Melkstand gehen, bekommen sie als Lockmittel eine auf ihre Milchleistung abgestimmte Kraftfuttergabe. 

Die Roboter messen bei jedem Melken neben der Milchmenge auch den Fett- und Eiweißgehalt der Milch, aber auch ihre Zellzahl, Leitfähigkeit und Temperatur. Dadurch lassen sich frühzeitig Erkrankungen wie Euterentzündungen erkennen.

Zusätzlich sollen künftig der CO2- und Methanausstoß der Tiere gemessen werden. Ziel ist es herauszufinden, welchen Einfluss die Fütterung der Wiederkäuer auf den Ausstoß klimaschädlicher Gase hat.

Automatisch Raufutter

Die Fütterung erfolgt ebenfalls automatisch: Ein Fütterungsroboter fährt alle sechzig Minuten durch den Futtergang, schiebt die Futterration näher zu den Tieren und misst dabei die Futterhöhe. Liegt sie unter fünf Zentimetern, holt sich der Roboter aus der Futterküche neues Futter, mischt dieses mit allen Komponenten der Ration und liefert es den Tieren. Während der Vegetationszeit lässt der Öko-Betrieb seine Tiere natürlich auf die Weide. Um ins Freie zu gelangen, passieren die Kühe ein sogenanntes Selektionstor: Tiere, die in den letzten drei Stunden gemolken wurden, dürfen sofort raus. Die anderen müssen erst den Umweg über Melkroboter nehmen.


Film ab: Fütterungsroboter im Bio-Kuhstall


"Mensch und Tier profitieren von der Technik"

Die Hessische Staatsdomäne Gladbacher Hof bei Weilburg wird schon lange nach den Richtlinien von Bioland bewirtschaftet. Öko-Landbau und Technik sind kein Widerspruch, erläutert der Betriebsleiter Johannes Eisert.

Oekolandbau.de: Gibt es die Melkroboter auch außerhalb von Forschungsställen?

Johannes Eisert: Ja, die sind in der Praxis schon längst im Einsatz. Mittlerweile werden deutlich mehr Melkroboter als Melkstände verbaut. Viele Bio-Betriebe beweisen, dass Melkroboter und Weidegang, welcher im Öko-Landbau ja Pflicht ist, funktionieren. Daher sind nur die persönlichen Vorstellungen der Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, der Standort des Betriebes sowie die Größe der Milchviehherde ausschlaggebend dafür, welches Melksystem passt. Ein Melkroboter schafft es, circa 60 bis 70 Tiere zu melken. Ab dieser Herdengröße kann der Melkroboter ausgelastet werden und rentiert sich. Eine hohe Investition, aber ein neuer Melkstand ist ja auch nicht billig. 

Oekolandbau.de: Wie verändern sich die Aufgaben der Tierhalterinnen und Tierhalter durch immer mehr Technik?

Eisert: Die Tierhalterinnen und Tierhalter müssen vermehrt Software bedienen, einstellen und auswerten können. Dazu brauchen sie mehr EDV-Kenntnisse. Nichtsdestotrotz müssen sie aber Zeit mit und in der Herde verbringen. Denn keine Robotik ersetzt das geschulte Auge der Tierhaltenden und den Tier-Mensch Kontakt. Größte Vorteile sehe ich in der flexibleren Arbeitszeiteinteilung und der Möglichkeit, die kranken Tiere über die Sensorik frühzeitig zu erkennen. Es wird aber nicht weniger Arbeit, sie verändert sich nur. Ob sich die Automatik lohnt, muss jeder Betrieb individuell entscheiden.

Oekolandbau.de: Kommen die Kühe bei so viel Automatik nicht zu kurz?

Eisert: Natürlich brauchen die Tiere trotzdem den täglichen Kontakt zum Menschen. Im Idealfall gewinnt der Tierhalter durch den Einsatz der Robotik für die Routinearbeiten mehr Zeit, sich um das Management seiner Herde und das Einzeltier zu kümmern. Die Kühe profitieren davon, dass sie ständig zum Melkroboter können. Bei uns hat sich die durchschnittliche Anzahl der Melkungen pro Kuh und Tag bereits nach vier Wochen auf 3,3 erhöht. Sprich die Kuh lässt sich lieber öfter als die üblichen zweimal täglich melken. Die mehrmalige Futtergabe pro Tag führt dazu, dass die Kühe ständig frisches Futter haben und nicht zu gewissen Stoßzeiten alle zum Futtertisch drängen.

Mein Fazit lautet also: Tier und Mensch können von der Technik profitieren.


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Letzte Aktualisierung 09.08.2022

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