Hirse hilft in der Klimakrise

Hirse hilft in der Klimakrise

Hitze- und Dürreperioden werden auch in Deutschland immer häufiger. Daher brauchen wir neue Anbausysteme und Kulturen. Die trockenheitsverträgliche Hirse bereichert gleichzeitig die Vielfalt auf den Feldern und unseren Speiseplan. Im Naturkosthandel findet sich inzwischen auch Rispenhirse aus heimischem Öko-Landbau. Einfach mal probieren!

Hirse gilt noch als exotisches Getreide. Tatsächlich stammt die Hirse aus der Mongolei und Afrika. Doch genau wie Buchweizen und Hanf hat die Hirse bei uns eine jahrhundertelange Tradition. "Die Hirse war bereits 3000 Jahre vor Christi im mitteldeutschen Gebiet präsent", berichtet Günter Schlotter vom Biokreis Erzeugerring Mitteldeutschland. Hirsebrei galt als Hochzeitsessen, machte die Menschen im Alltag satt und schrieb im Märchen "Der süße Hirsebrei" der Brüder Grimm Geschichte. Doch Kartoffeln und Weizen liefen ihr im Laufe der Jahrhunderte den Rang ab. Erst in Zeiten der Klimakrise kommt Hirse bei uns wieder auf die heimischen Felder zurück. Denn Hirse erträgt Hitze und Dürre besser als unsere anderen Getreidearten.

Hirse und Sorghum-Hirse

Da Hirse wenig Probleme mit Krankheiten oder Schädlingen hat, eignet sie sich ideal für den Ökolandbau. Die frostempfindliche Pflanze wird wie Mais erst Ende April oder Anfang Mai gesät. Für einen optimalen Start braucht sie Wärme und Feuchtigkeit. Sonst wächst ihr das Unkraut schnell über den Kopf. Unerwünschte Beikräuter halten die Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern mit dem Striegel oder der Hacke klein. Hat sich die Hirse erst einmal behauptet, wächst die wärmeliebende Pflanze schnell heran und wird bis zu 1,20 Meter hoch.

Doch Hirse ist nicht gleich Hirse. Die Hirsearten werden nach der Beschaffenheit der Körner in zwei Hauptgruppen eingeteilt: die kleinkörnigen Rispenhirsen – auch echte Hirsen genannt – und die großkörnigen Sorghum-Hirsen.

Regionale Rispenhirse

Bäuerinnen und Bauern der Kornkreis Erzeugergemeinschaft bauen in Bayern und Baden-Württemberg seit einigen Jahren unter anderem die Sorte Kornberger Rispenhirse an. Gründe dafür gibt es viele: die zunehmende Trockenheit, mehr Vielfalt auf den Feldern oder einfach die Lust, eine weitere Getreideart auszuprobieren. Außerdem bringt die pflegeleichte Hirse auch auf mageren Böden oder Reststücken noch Ertrag. Geerntet wird je nach Witterung von Ende August bis Anfang Oktober. Im Gegensatz zur Sorghum-Hirse lässt sich die Rispenhirse mit einem ganz normalen Mähdrescher ernten.

Die ersten Erfahrungen sind gut. "Der Ertrag liegt pro Hektar bei bis zu drei Tonnen", freut sich Wolfgang Wenzel, Geschäftsführer der Kornkreis Erzeugergemeinschaft. Danach wird die Hirse bei einem spezialisierten Schälbetrieb aus der Region sorgfältig gereinigt und geschält.

Trocken, aber nicht zu trocken

Aber auch im trockenen Osten wird die Hirse wiederbelebt: Die Bäuerinnen und Bauern setzen hier auf eine alte Sorte aus Sachsen-Anhalt: die Bernburger Rispenhirse. Doch in niederschlagsarmen Jahren und Gegenden wie im nördlichen Sachsen reicht das Wasser selbst für die Hirse nicht mehr. So hat der Biokreis-Betrieb Barthel in Greudnitz mit dem Hirseanbau bisher noch kein Glück gehabt. "Unser Betrieb liegt im Regenschatten des Harzes. Der Aufwuchs der Hirse war so gering, dass wir sie frühzeitig abgemäht und an unsere Rinder verfüttert haben", bedauert Betriebsleiter Dirk Barthel. Die Tiere hätten es gerne gefressen, aber damit ließen sich kaum die Kosten fürs Saatgut erwirtschaften. Dennoch möchte er es künftig erneut probieren.

Mehr ernten mit Sorghum-Hirsen

Noch ein Mauerblümchen auf heimischen Feldern ist die Sorghum-Hirse, auch Körnerhirse genannt. Sie hat deutlich größere Körner als die Rispenhirse und bringt entsprechend mehr Ertrag. In Deutschland dient sie bisher vor allem als Rohstoff für Biogasanlagen und als Viehfutter. Die Hochschule Anhalt testet die Hirse in mitteldeutschen Trockengebieten mit circa 500 Millimetern Jahresniederschlag. "In unserem konventionellen Anbau brachte die Hirse gute Ernten", berichtet Agrarwissenschaftlerin Jeanine Dallmann von der Hochschule Anhalt.

Allerdings bauen bisher zu wenige Betriebe Sorghum-Hirse an. Die Nachfrage nach heimischer Bio-Körnerhirse sei größer als das Angebot, betont Günter Schlotter von Biokreis. "Hirse ist eine wichtige Kultur für die Zukunft. Mit ihr passen wir uns an den Klimawandel und die daraus resultierende Trockenheit an." Außerdem sei das nährstoffreiche, aber glutenfreie Getreide auch für die menschliche Ernährung interessant.

Hirse unbedingt testen

Hirse lässt sich für viele unterschiedliche Gerichte in der süßen oder herzhaften Küche verwenden: als Bratling, Füllung für Gemüse, als Reisalternative, Hirsotto und in Süßspeisen. Dennoch ist besonders die Sorghum-Hirse als Nahrungsmittel in deutschen Supermärkten noch nicht angekommen. Die großen Bio-Mühlen verarbeiten noch vielfach Hirse aus Österreich.

Rezept mit Hirse

Probieren Sie das Rezept: "Hirse aus dem Spreewald mit gegrilltem Gemüse, Joghurt und Rucola-Öl" von BIOSpitzenkoch Ottmar Pohl-Hoffbauer.

Die Kornkreis-Erzeuger vermarkten ihre Rispenhirse in ihren eigenen Hofläden, regional, aber auch bundesweit über den Naturkost-Großhandel und über Online-Händler. Die süddeutschen Landwirtinnen und Landwirte würden noch mehr anbauen, wenn die Nachfrage wachse. "Viele Verbraucherinnen und Verbraucher kennen Hirse noch gar nicht als Nahrungsmittel in unseren Regionen. Es gibt auch Vorurteile und Vorbehalte", so Wolfgang Wenzel. Dagegen hilft nur probieren!


Mehr zum Thema auf Oekolandbau.de:

Letzte Aktualisierung 04.10.2022

Nach oben
Nach oben