Bio-Milch versus Weidemilch

Bio-Milch und Weidemilch – was ist der Unterschied?

Im April beginnt in der Regel die Weidesaison. Doch immer weniger unserer tierischen Milchproduzentinnen dürfen draußen grasen. Wer die Weidehaltung unterstützen will, kauft Bio- oder Weidemilch. Doch ist Bio-Milch automatisch Weidemilch oder Weidemilch Bio? Wir klären auf.

Zahlreiche Milchpackungen ziert ein Bild von glücklichen Kühen auf der Weide. Doch die Realität sieht anders aus: Laut Greenpeace dürfen immer weniger der knapp vier Millionen deutschen Milchkühe raus. "Während 2010 noch 42 Prozent der Rinder Zugang zur Weide hatten, waren es zehn Jahre später nur noch 31 Prozent", bilanziert Greenpeace nach Auswertung von öffentlich zugänglichen Daten der Bundesländer. Landesweit gebe es große Unterschiede: In Schleswig-Holstein kommt noch über die Hälfte der Milchkühe zeitweise auf die Weide. Dagegen stehen in den ostdeutschen Bundesländern wie auch in Bayern vier von fünf Kühen das ganze Jahr im Stall!

Die Gründe dafür sind vielfältig: Großbetriebe mit mehr als 200 Kühen lassen aus arbeitsorganisatorischen Gründen ihre Tiere lieber im Stall. Dort lassen sie sich gezielter füttern und schneller melken. Kleinbetriebe im Ort haben keinen direkten Zugang zur Weide. Das geht zu Lasten der Tiere: "Kühe sind von Natur aus Lauftiere, die Gras fressen. Wir haben aus ihnen überzüchtete Turbokühe gemacht, die ganzjährig im Stall stehen und mit immer mehr Kraftfuttereinsatz dazu gebracht werden, maximal viel Milch zu geben", kritisiert Agrarexperte Martin Hofstetter von Greenpeace.

Bei Bio-Milch ist Weidehaltung Pflicht

Das Bio-Recht schreibt die Weidehaltung bei allen Rindern, also auch bei Milchkühen, vor. Laut dem Bund für ökologische Lebensmittelwirtschaft sind Ausnahmen eng begrenzt: Die Weide muss nicht genutzt werden, wenn der Boden zu nass oder es zu kalt für die Tiere auf der Weide ist. Wenn ein Betrieb, der mitten im Dorf liegt, keine ausreichend große Weide am Hof hat, reicht noch ein Auslauf am Hof. Diese Betriebe müssen dann ein "Weidemaximierungskonzept" vorlegen. Darin müssen sie beschreiben, wie sie ihren Tieren Weidegang ermöglichen wollen beziehungsweise was sie tun, um das Weideangebot zu verbessern: So können Kühe, die vor der Geburt ihres Kalbes nicht mehr gemolken werden, ein paar Wochen auf die Weide kommen. Oder die ganze Herde wird auf einer weiter vom Hof entfernten Weide mit einem Weidemelkstand gemolken.

Da die Höfe in Süddeutschland häufiger im Ort liegen, beantragen sie mehr Ausnahmen als die Betriebe im Norden. Wer welche Ausnahme bekommen kann, entscheiden die Bundesländer. Auch die meisten Öko-Anbauverbände erlauben vereinzelt noch älteren Betrieben, ihre Tiere im Auslauf zu halten.

Traditionell grasen die Kühe in unseren Breiten nur während der Vegetationsperiode (Wachstumszeit) auf die Weide, also etwa zwischen April und Oktober. Je nach Wetter und Boden kann die Weidesaison kürzer oder länger sein. Ist der Boden zu nass oder wächst das Gras nicht mehr, würden die Kühe die empfindliche Grasnarbe zertreten. Dann würde sich die Weide in einen matschigen Auslauf verwandeln und die Tiere könnten nicht mehr grasen. Auch bei extremer Trockenheit und Hitze können die Tiere mal drinnen bleiben. Das heißt im Umkehrschluss: Auch Bio-Kühe werden monatelang im Stall gehalten. Dort müssen sie bequeme und saubere Liege- und Ruheflächen haben, die zum Beispiel mit Stroh eingestreut sind, sowie genug Platz, um sich frei zu bewegen.

Weidemilch ist nicht immer bio

Einige konventionelle Molkereien vermarkten die Milch von Betrieben mit Weidehaltung als Weidemilch. Dieser Begriff ist jedoch lebensmittelrechtlich weder genau definiert noch geschützt. Um die Weidehaltung voranzubringen und eine Verbrauchertäuschung zu vermeiden, unterstützen rund vierzig Institutionen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Tier- und Umweltschutz das freiwillige Siegel "Pro Weideland". Das Label kennzeichnet Milchprodukte, die tier- und umweltfreundliche Standards erfüllen: Danach stehen die Tiere an mindestens 120 Tagen pro Jahr für mindestens sechs Stunden täglich auf der Weide und haben ganzjährig Bewegungsfreiheit. Anbindehaltung ist verboten. Die Kühe erhalten durchgehend gentechnikfreies Futter.

Unabhängige Institute kontrollieren die Einhaltung dieser Standards, anders als bei der Bio-Kontrolle nicht jährlich, sondern nur alle drei Jahre. Zusätzlich müssen die Betriebe jedes Jahr einen Weidekalender führen, den die Molkereien überprüfen.

Bilanz

Die konventionelle Weidemilch mit dem Siegel Pro Weidemilch oder dem Premiumlabel vom Tierschutzbund ist tierfreundlicher als Milch aus Stallhaltung. Außerdem hilft sie, unsere Wiesen und Weiden zu erhalten. Das Grünland speichert im Boden mehr Kohlenstoff als Äcker und trägt damit zum Klimaschutz bei.

Bio-Milch hat darüber hinaus noch einen Mehrwert für Tier und Umwelt. Dazu zählt:

  • Bio-Futter, überwiegend aus dem eigenen Betrieb
  • ökologische Grünlandbewirtschaftung (keine chemisch-synthetischen Dünger und Pflanzenschutzmittel)
  • streng geregelter Antibiotika-Einsatz

Letzte Aktualisierung 19.04.2023

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