Rispenhirse für die Öko-Geflügelfütterung

Rispenhirse: Ein Getreide mit großem Potenzial für die Öko-Geflügelfütterung

Rispenhirse spielt wegen seines hohen Methioningehalts für die ökologische Geflügelfütterung eine besondere Rolle. Durch den Einsatz von Hirse kann der Anteil regionaler Futterkomponenten in der Ration erhöht und die Verträglichkeit des Futters verbessert werden. Die eher unbekannte Getreideart lockert bestehende Fruchtfolgen auf, ist sehr trockentolerant und kennt kaum Schädlinge und Krankheiten.

Seit einiger Zeit sorgt die Rispenhirse (Panicum miliaceum) für sehr viel Aufmerksamkeit bei Halterinnen und Haltern von Öko-Geflügel. Das hat vor allem einen Grund: Denn diese in Deutschland in Vergessenheit geratene Getreideart hat unerwartet hohe Gehalte an Methionin, einer für das Wachstum und die Entwicklung von Monogastriern wie Schweinen und Geflügel essenziellen Aminosäure. Methionin gilt als erstlimitierende Aminosäure, weil sie von den Tieren nicht selbst synthetisiert werden kann und in zahlreichen Futtermitteln meist nur in geringen Mengen enthalten ist. 

Bis Ende 2021 durften Bio-Betriebe noch auf konventionelles Mais- oder Kartoffelklebereiweiß zurückgreifen, um Methionin und andere begrenzende Aminosäuren in ausreichender Menge bereitzustellen. Seit der Einführung der neuen EU-Öko-Verordnung im Januar 2022 ist das nur noch für Jungtiere zulässig. Seither sind die meisten Betriebe dazu übergegangen, die fehlenden Aminosäuren über eiweißreiche Zukauffuttermittel – in der Regel Ölkuchen aus Raps, Sonnenblumen oder Soja – zuzufüttern. Diese Zusatzfuttermittel haben jedoch Nachteile: Sie haben geringere Gehalte an Methionin als Maiskleber und Kartoffelprotein. Deswegen musste man ihren Anteil in der Ration erhöhen, mit der Folge, dass der Anteil regional produzierter und selbst angebauter Futterkomponenten wie Getreide reduziert werden musste. Darüber hinaus bringen Ölkuchen in der Summe auch zu viel Rohprotein in die Ration, was negative Auswirkungen auf die Tiere hat. Denn zu hohe Rohproteingehalte belasten Niere und Leber der Tiere und können der Umwelt schaden: der von den Tieren ungenutzte Stickstoff wird einfach über den Kot wieder ausgeschieden. 

Wie kann Rispenhirse helfen?

"Rispenhirse kann dieses Problem reduzieren", sagt der Naturland-Berater Werner Vogt Kaute. "Denn sie weist sehr viel höhere Methioningehalte auf als übliche Getreide und das bei einem insgesamt vergleichsweise geringen Rohproteingehalt." In einem BÖLN-geförderten Projekt, das von Vogt-Kaute betreut wurde, konnten über drei Anbaujahre und Standorte in Deutschland im Schnitt der untersuchten Sorten Methioningehalte von durchschnittlich 3,46 Gramm pro Kilogramm Frischmasse ermittelt werden. Zum Vergleich: Getreidearten wie Weizen oder Gerste bringen es auf 1,7 bis 1,8 und selbst Körnerleguminosen wie Erbsen und Ackerbohnen nur auf 2,0 bis 2,1. 

Ein weiterer Vorteil ist: "Rispenhirse ist eine Getreideart, die im heimischen Anbau gut zu kultivieren ist", so Vogt-Kaute. Durch den Einsatz von Rispenhirse könne damit der Anteil regional erzeugter Getreide in der Futterration wieder erhöht und der Anteil an zugekauften, meist importierten Ölkuchen gesenkt werden – um rund acht Prozent, wie ein Rationsbeispiel aus dem Projekt OK Net ecofeed zeigt. Die Reduzierung des Ölkuchenanteils durch die rohproteinarme Rispenhirse wiederum habe zur Folge, dass der Rohproteingehalt der Ration insgesamt etwas gesenkt werden könne – bei OK Net ecofeed um 1,5 Prozent. Das komme der Gesundheit der Tiere zugute und senke zudem den Stickstoffgehalt des Kots.

Einziger Schwachpunkt der Rispenhirse, so Vogt-Kaute, sei ihr niedriger Gehalt an Lysin. Lysin lasse sich aber sehr gut durch lysinreiche Körnerleguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen oder Sojabohnen in die Ration bekommen.

Legeleistung kann durch Hirsefütterung leicht gesteigert werden

Auf die Leistung der Tiere hat die Fütterung mit Hirse einen positiven Effekt, wie erste Tastversuch des Projekts zeigten. Im Winter 2020/2021 wurden Hühner einer Versuchsgruppe mit einem Hirseanteil von 20 Prozent an der Ration gefüttert. Die Kontrollgruppe bekam keine Hirse, die Ration war aber so zusammengestellt, dass die Inhaltsstoffe der Rationen möglichst gleich waren (siehe Tabelle). Während die Kontrollgruppe ohne Hirse in beiden Versuchsdurchgängen an Legeleistung verlor, konnte die Legeleistung der Rispenhirsegruppe um einige Prozent gesteigert werden. Zudem waren die Eier der Hirsegruppe im Durchschnitt etwas schwerer. 

Zusammenstellung der "Hirse-Ration" und der Kontrollration im Tastversuch
Futtermittel"Hirse-Ration" Anteil %"Kontrollration" Anteil %
Weizen26,2535
Triticale3,755
Gerste3,755
Nackt-Hafer11,2515
Rispenhirse200
Erbsen3,755
Kaiser 40 Ergänzer30,7535
Gesamt100100

Quelle: Schlussbericht zum Thema: Evaluierung von geeigneten Rispenhirse Panicum milliaceum Linien und Sorten zur Körnernutzung für Geflügel (Highproteinmillet), 2021

Auch in der ökologischen Putenmast konnte die Rispenhirse inzwischen erfolgreich eingesetzt werden. Ende 2021 hat die Hochschule Weihenstephan in einem Versuch Puten in den Phasen P3 und P4 mit bis zu 22,5 Prozent Hirse in der Ration gefüttert. In keiner der Varianten kam es zu signifikanten Abweichungen bei den Zunahmen.

Welche Hirsesorten sind verfügbar?

Hinsichtlich des Methioningehalts gibt es teils beträchtliche Sortenunterschiede. Bisher verfügbare Sorten aus der Erzeugung von Speisehirse weisen eher unterdurchschnittliche Methioningehalte auf und sind daher für die Geflügelfütterung nicht besonders gut geeignet. Aufgrund ihrer guten Erträge und einer günstigen Zusammensetzung der Inhaltsstoffe erwiesen sich für die Geflügelfütterung die Herkünfte ꞌBraunhirseꞌ, ꞌLisaꞌ, ꞌNr. 2194ꞌ, ꞌSaratovskoeꞌ, ꞌBernburgerꞌ und ꞌPanmilꞌ als besonders vielversprechend, so Vogt-Kaute. Einige dieser Sorten und Herkünfte wurden bereits in die Saatgutvermehrung genommen. 

Für 2023 sind folgende Sorten aus ökologischer Vermehrung erhältlich: ꞌKornbergerꞌ (Methionin unterdurchschnittlich), ꞌWodkaꞌ (Methionin durchschnittlich) und ꞌUnikumꞌ (nur zwei Ergebnisse zu Methionin: eines sehr gut, eines durchschnittlich). Vielversprechende Sorten wie ꞌNr. 2194ꞌ (Methionin mehrjährig überdurchschnittlich), sowie weitere bislang weniger geprüfte Sorten werden voraussichtlich 2024 aus Öko-Vermehrung verfügbar sein.

Ergänzende Anbauversuche im BÖLN-Projekt zeigten, dass eine zusätzliche Schwefeldüngung zwar keine Wirkung auf den Ertrag hat, aber tendenziell höhere Methioningehalte ermöglicht. Insbesondere auf Standorten mit Schwefelmangel könne somit eine Aufdüngung sinnvoll sein, sagt Vogt-Kaute. Hier bestehe aber noch weiterer Forschungsbedarf .

Anbau und Wirtschaftlichkeit

Bisher gibt es nur wenige Futtermühlen, die Futterhirse anbieten. Wer Öko-Futterhirse also an sein Geflügel verfüttern möchte, muss daher selbst aktiv werden und diese auf den eigenen Flächen anbauen. Das Interesse der Öko-Geflügelhalterinnen und -halter an einem Anbau ist aber derzeit sehr groß. 

Die Wirtschaftlichkeit des Hirseanbaus sei sehr vom Standort abhängig, so der Öko-Berater. "Es gibt Standorte, auf denen die Rispenhirse mehr drischt als Sommergerste. Auf anderen Standorten liegt der Ertrag 20 Prozent darunter." Bei einem Preis, der 20 Prozent höher ist, gleiche sich das aber wieder aus. 

Eine besondere Eigenschaft von Hirse ist, dass sie trockentolerant ist – in Zeiten zunehmender Sommertrockenheit ein echter Vorteil. Außerdem ist wenig anfällig für Krankheiten und Schädlinge.


Letzte Aktualisierung 31.05.2023

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