Market Garden

Market Garden: Nachhaltige Direktvermarktung aus kleinflächigem Anbau

Ein Market Garden kann eine attraktive Option für Menschen sein, die mit wenig Startkapital in die Landwirtschaft einsteigen wollen. Bei dieser Anbauform wird auf kleiner Fläche intensiver Gemüsebau betrieben und lokal verkauft. Oekolandbau.de beschreibt die Chancen und Herausforderungen von Marktgärtnereien.

Market Gardening oder Markgärtnerei ist eine gärtnerische Anbauform mit Erwerbskonzept. Es geht darum, auf kleiner Fläche mit Gemüse ein Einkommen realisieren zu können, erklärt Urs Mauk, Berater für Market Gardening.

Was ist Market Gardening? – Prinzipien, Herkunft und Bedeutung

Die meisten Marktgärtnereien bewirtschaften eine Fläche zwischen 2.000 und 4.000 Quadratmetern. Auf permanenten Beeten wachsen dicht an dicht verschiedene Gemüsearten. Um die Nährstoffe optimal auszunutzen, rotieren die Gemüsearten auf den Beeten. Fachleute sprechen hier von Fruchtfolge. Wichtige Dünger sind wie im Öko-Gemüsebau Kompost und Gründüngungspflanzen. Market Gardener bewirtschaften ihre Flächen intensiv, mit viel Handarbeit und wenig Technik. "In der Praxis kommen maximal Einachs- oder Schmalspurtraktoren zum Einsatz", erläutert Urs Mauk. Das schont den Boden, die wichtigste Ressource im Market Gardening.

Market Garden, Tiny Farm und Mikrolandwirtschaft

Market Garden/ Marktgärtnerei, Micro farming und bio-intensiver Gemüseanbau sind Begriffe, die oft synonym verwendet werden, aber nicht immer dasselbe meinen. Die meisten Microfarms und Marktgärtnereien bearbeiten ihr Land intensiv und biologisch (bio-intensiv). Aber theoretisch könnte ein Market Garden auch konventionell wirtschaften. Unter Mikrolandwirtschaft versteht man meistens ein Gemeinschaftsgartenkonzept. Marktgärtnerinnen und Marktgärtner arbeiten eher allein, zu zweit oder als Solidarische Landwirtschaft.

Die Tiny Farm Akademie nutzt die Anbauform Market Gardening in ihren Fortbildungen. Tiny Farms betreiben bio-intensiven Gemüsebau.

Herkunft des Market Gardening

Auch wenn die Begriffe modern klingen, ist das Prinzip keineswegs neu. Historisches Vorbild sind die Pariser Marktgärtnereien des 19. Jahrhunderts. Sie bauten rund um Paris so viel Gemüse an, das sie die ganze Stadt ganzjährig damit versorgen konnten. Diverse Pioniere haben diese Idee wieder ausgegraben und zum bio-intensiven Gemüsebau weiterentwickelt: der englische Gärtnermeister Alan Chadwick brachte "biodynamic French intensive gardening" bereits in den 1960er- und 70er-Jahren in die USA. Dort schuf Eliot Coleman in den 90er-Jahren das Modell der "smallscale sustainable agriculture". In den 2000er-Jahren verhalfen Charles Dowding in Großbritannien und Jean Martin Fortier in Kanada dem Market Gardening zum Aufschwung.

Warum Market Gardening aktuell an Bedeutung gewinnt

Bei uns ist das Interesse an lokal produzierten, ökologischen Lebensmitteln vor allem in der Corona-Pandemie deutlich gewachsen. Hinzu kommt, dass Market Gardening für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sowie junge Gründerinnen und Gründer attraktiv ist. "Etwa 90 Prozent der Start-ups sind Quereinsteiger", schätzt Urs Mauk. Denn anders als in der Landwirtschaft müssen sie bei Market Gardining nur überschaubare Summen in Flächen und Maschinen investieren.

Vorteile und Herausforderungen des Market Gardens

Vorteile des Market Gardening für Umwelt und Gesellschaft

Marktgärtnereien arbeiten zukunftsorientiert und nachhaltig. Sie:

  • versorgen uns mit frischem Gemüse aus der Nachbarschaft ohne Transportwege

  • erwirtschaften maximale Erträge auf kleinster Fläche

  • sorgen für Vielfalt auf Beet und Teller: die meisten Betriebe bauen zwischen 30 und 50 Gemüsekulturen an

  • bringen Verbraucher und Verbraucherinnen mit Erzeugerinnen und Erzeugern ins Gespräch

  • arbeiten boden- und ressourcenschonend.

Herausforderungen beim Market Garden bewältigen

Einen Market Garden aufzubauen, dauert. Als erstes muss ein Stück fruchtbares Land her. Zur Infrastruktur gehören Gartengeräte mit einem Schuppen zur Aufbewahrung, Bewässerungsmöglichkeiten, Folientunnel und Zäune, um hungrige Vierbeiner wie Wildschweine abzuwehren. Außerdem muss man das geerntete Gemüse vor dem Verkauf auch waschen und kühl lagern können. "Es gibt für alles einfache Lösungen, aber jeder Cent, den ich in eine gute Infrastruktur investiere, zahlt sich später doppelt und dreifach aus", meint Vivian Glover vom Gemüsegarten Hoxhohl. Die studierte Öko-Landwirtin versorgt zusammen mit einer Auszubildenden auf 7.500 Quadratmetern sechzig Haushalte mit frischem Bio-Gemüse.

Neben technischen gebe es auch körperliche und psychische Herausforderungen: "Den ganzen Tag im Freien körperlich zu arbeiten, schlaucht. Hinzu kommt die große Verantwortung für den eigenen Betrieb und die Abnehmerinnen sowie Abnehmer", erklärt Vivian Glover.

Warum Market Gardening sich ideal für den Bio-Anbau eignet

Die Pionierin hat ihre Marktgärtnerei aus Überzeugung bio-zertifizieren lassen. "Da ich ohnehin viel dokumentiere, ist mein Aufwand gering." Die Kosten für die jährlichen Kontrollen seien mit 250 Euro pro Jahr überschaubar. Die Bio-Zertifizierung ist kein Muss. "Marktgärtnereien pflegen einen direkten Kontakt zu ihren Kundinnen und Kunden. Da zählt Vertrauen. Nur wenn Abnehmer wie die Gastronomie oder der Handel bio-zertifiziert sind, müssen sich die Market Gardener auch zertifizieren lassen", so Urs Mauk.

Auch ohne Siegel arbeiten die meisten Marktgärtnereien bio-intensiv. Auf kleinster Fläche lassen sich mit ökologischen Methoden maximale Erträge erzielen. Sie verzichten auf Kunstdünger und chemische Spritzmittel und folgen den typischen Prinzipien des Ökolandbaus wie schonende Bodenbearbeitung, abwechslungsreiche Fruchtfolgen, Kompostierung und Kreislaufdenken. Auf den festen Beeten stehen zwei bis vier Kulturen pro Jahr.

Praktische Tipps für den Einstieg mit dem eigenen Market Garden

Market Garden Ausbildung

Interessierte starten mit YouTube-Videos, Büchern und einem Besuch einer Marktgärtnerei in der Nähe. Für den gelernten Gemüsegärtner Urs Mauk hapert es bei Neulingen oft an der gärtnerischen Praxis. Daher empfiehlt er dem Nachwuchs immer zwei Dinge: Schulungen oder Kurse und ein Praktikum in einem Gemüsebaubetrieb.

Mehr Wissen bringt eine gärtnerische Lehre. Dabei bekommen Auszubildende beispielsweise auch Sachkundenachweise für Pflanzenschutz und erste betriebs-wirtschaftliche Kenntnisse. Gerade beim Market Gardening spielen Preisbildung und Vermarktung der Produkte eine große Rolle.Wer wenig Fläche hat, kann sich kaum Ausfälle leisten und muss gut planen, was er wann und wo anbauen kann. Markgärtnerin Glover rät, anfangs bewährte Standardlösungen von praxiserprobten Betrieben zu übernehmen.


Film ab: Anbauplanung in fünf Schritten – Market Garden


Nur halb so viel machen wie geplant, aber das dafür doppelt so gut, lautet das Motto von Vivian Glover.

Market Garden Gemüsebau: Welche Kulturen eignen sich für den Einstieg?

Für einen Einstieg bieten sich einfache und schnell wachsende Kulturen an, die wenig Platz benötigen und leicht zu vermarkten sind.

Dazu gehören beispielsweise

  • Salat,
  • Radieschen,
  • Spinat,
  • Lauchzwiebeln und
  • verschiedene Kräuter.

Urs Mauk empfiehlt eine "Mischung aus High-Value-Kulturen und kurzstehenden Kulturen." Beispielsweise punktet die Tomate geschmacklich und erwirtschaftet viel, aber sie steht lange im Beet. Radieschen und Salate bringen weniger Ertrag, aber haben nur kurze Standzeiten und machen das Beet schnell wieder frei für die nächste Kultur.

"Einsteigerinnen und Einsteiger sollten höchstens 15 verschiedene Kulturen anbauen. Das Sortiment lässt sich dann jedes Jahr um zwei weitere Kulturen erweitern", rät Gärtnerin Glover.

Market Gardening Verdienst: Lohnt sich der Einstieg?

Gut gewirtschaftet lässt sich von einem Market Garden durchaus leben. Das Einkommen hängt von der Flächengröße und der erfolgreichen Direktvermarktung ab. Naturgemäß ist es am Rande einer Großstadt leichter, Bio-Gemüse zu vermarkten als auf dem Land. "Der zahlenmäßige Musterbetrieb erwirtschaftet 120.000 Euro Jahresumsatz mit zwei Arbeitskräften", so Urs Mauk. Aber der Umsatz oder die private Entnahme aus einem Betrieb lässt sich nicht mit einem Angestelltengehalt vergleichen.

Vivian Glovers Privatentnahme setzt sich aus ganzjährig frischem Bio-Gemüse und 1.500 Euro im Monat für eine halbe Stelle zusammen. Reich fühlt sie sich trotzdem. "Ich kann jeden Tag selbstbestimmt draußen arbeiten und habe hervorragende Lebensmittel in Hülle und Fülle." Einen weiteren Mehrwert sieht sie darin, ganz lokal und im Hier und Jetzt zu arbeiten. Im Alltag von Marktgärtnereien spielt das Wetter eine größere Rolle als das Weltgeschehen. Das kann auch ein Vorteil sein.

Text: Jutta Schneider-Rapp, Ökonsult


Letzte Aktualisierung 30.07.2025

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