Gemeinwohl statt Monopol und lokal statt global: Edward Mukiibi wirbt weltweit für Slow Food Farmen und Netzwerke. Im Interview erklärt er, warum dezentrale, nachhaltige Ernährungssysteme die bessere Wahl sind.
Oekolandbau.de: Wie kamen Sie zu Slow Food?
Edward Mukiibi: Als Landwirtschaftsstudent in Kampala habe ich als Freiwilliger bei den Bäuerinnen und Bauern eine neue hybride Maissorte beworben, die angeblich dürreresistent sein sollte. Damals war ich überzeugt, dass ertragreiche Sorten und eine intensive Landwirtschaft der richtige Weg sind, um mehr Lebensmittel zu produzieren. Doch als die Dürre gegen Ende des Jahres kam, waren die Ernten schlecht und die Bäuerinnen und Bauern enttäuscht. Der Mais hat sein Versprechen nicht gehalten. So reifte in mir die Idee, dass wir zur traditionellen Landwirtschaft mit lokalem Wissen und Betriebsmitteln zurückkehren müssen. Bei der Suche nach Wissen bin ich auf Slow Food gestoßen.
Oekolandbau.de: Warum engagieren Sie sich so stark bei Slow Food?
Edward Mukiibi: Ich habe über zwanzig Jahre lang mit Bäuerinnen und Bauern in Uganda und Ostafrika zusammengearbeitet. Viele geben ihr Bestes, um gute und gesunde Lebensmittel zu produzieren. Aber sie sind in einem korrupten System gefangen, das diejenigen begünstigt, die chemische Betriebsmittel, wie Dünger und Pflanzenschutzmittel bereitstellen.
Wir helfen ihnen, aus dieser Blase zu entkommen. Die Bäuerinnen und Bauern brauchen ein Netzwerk, wo sie ihre Motivation, ihre Gefühle, ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen können. Sie können sich gegenseitig dabei unterstützen, mehr gesunde, saubere und faire Lebensmittel zu produzieren. Sie in einem Netzwerk zu vereinigen, ist der beste Weg, um sie aus der Falle wachsender Input lastigerexportorientierter Monokulturen zu befreien.
Oekolandbau.de: Arbeiten Sie selbst als Slow Food Farmer anders als bisher?
Edward Mukiibi: Nein, wir machen nichts wesentlich anders als die traditionelle kleinbäuerliche Landwirtschaft. Wir haben nur unsere Aktivitäten rationalisiert und arbeiten ganzheitlicher mit Blick auf die gesamte Lebensmittelproduktion. Wir haben die Produktivität erhöht, indem wir auf allen Parzellen die biologische Vielfalt verbessern. Die Stärkung der Artenvielfalt – sowohl über als auch unter der Erde – ist ein Schlüsselfaktor für widerstandsfähige tropische Landwirtschaftssysteme angesichts eines sich schnell verändernden Klimas.
Daher sammeln und vermehren wir auch viel lokales Saatgut. Aktuell vermehren wir beispielsweise 20 verschiedene Bananen- und Kochbananensorten, 15 verschiedene lokale Bohnensorten und drei Erdnusssorten. Wir tauschen das Saatgut mit anderen Bäuerinnen und Bauern in den Slow Food Communities und Saatgutbanken aus.
Zum Düngen verwenden wir fermentierten Kompost aus tierischen Abfällen und Grüngut aus Unkraut und Kaffeeschalen. Den Mist dafür liefern unsere zwanzig Ziegen und ein paar Kaninchen. Der Ziegenurin hilft uns auch bei der Schädlingsbekämpfung und ist eine wertvolle Stickstoffquelle für die Bananen und Kochbananen.
Oekolandbau.de: Können Slow Food Farmer ihre Ware besser verkaufen?
Edward Mukiibi: Wir verkaufen unsere Waren auf unterschiedlichen Wegen. Bananen und Bohnen sind unsere Nahrungspflanzen. Die meisten Kochbananen sind für den Familienverbrauch reserviert. Die anderen gehen an ein Restaurant oder Cateringgruppen. Dessertbananen verkaufen wir auf dem lokalen Markt. Kaffee und Vanille erwirtschaften Einkommen. Wir verkaufen sie an Händler.Aber der bessere Verkauf war nicht das Motiv, Slow Food Farmen ins Leben zu rufen.
Oekolandbau.de: Was war es dann?
Edward Mukiibi: Slow Food Farms sind die Antwort auf die Klima- und Umweltkrise. Die Agrarökologie gestaltet Nahrungsmittelsysteme im Einklang mit der Kultur, Identität, den Traditionen sowie der sozialen Gerechtigkeit lokaler Gemeinschaften. Dies führt zu einer gesunden, abwechslungsreichen und saisonal angepassten Ernährung und einer Wirtschaft, die auf Solidarität und Zusammenarbeit basiert.
Alle in der Lebensmittelbranche tätigen Menschen – von der Landwirtschaft über die Fischerei bis hin zum indigenen Naturschutz – werden als wichtige Expertinnen und Experten sowie Entscheidungsträgerinnen und Enstscheidungsträger geschätzt.
Oekolandbau.de: Und das funktioniert auch wirtschaftlich?
Edward Mukiibi: Wir haben erlebt, dass agroökologische Marktkanäle in vielfältiger Form florieren – von Bauernmärkten bis hin zum Online-Verkauf –, da Erzeugerorganisationen diese gerechten, widerstandsfähigen Lebensmittelversorgungsketten strategisch ausbauen. Dadurch knüpfen sie stärkere soziale Bindungen, fördern lokal verwurzelte Identitäten und entwickeln innovative Lösungen zur Ernährung ihrer Gemeinden. Diese dezentralen, gemeinschaftsorientierten Lebensmittelökonomien stärken entscheidend die Widerstandsfähigkeit und Selbstbestimmung lokaler Lebensmittelsysteme.