Andrea Klerman hat die Solawi Heidkoppelhof in Schleswig-Holstein mitgegründet. Die gestandene Unternehmerin hat schon viele Start-ups beraten und ist der rechnende Kopf der Gemeinschaft. Gleichzeitig engagiert sie sich mit Herzblut für eine solidarische (Land)-Wirtschaft.
Oekolandbau.de: Von wem kam die Idee, die Solawi zu gründen?
Andrea Klerman: Vom Bauer Dieter Cordes. Der hat seit dreißig Jahren einen Bio-Hof und seit ein paar Jahren auch Gemüse-Parzellen. Die Solawi ist für ihn der konsequente nächste Schritt. Ich hatte 2020 gerade eine Solawi gesucht und sein Inserat im Internet entdeckt. Das erste Treffen mit circa zehn Personen war im September. Im März 2021 sind wir dann mit 130 Ernteteilerinnen ins erste Erntejahr gestartet.
Oekolandbau.de: Warum machen Sie mit?
Klerman: Ein Motiv war der Wunsch nach bio, regionaler, saisonaler Ernährung. Aber den hätte ich mir auch mit einer "Grünen Kiste" erfüllen können. Mir geht es bei Solawi um den gesellschaftlichen Wandel. Menschen sollten für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden – egal ob Bauer oder Ärztin. Das erlebe ich in der Landwirtschaft eher nicht. Diese Ungleichheit und Unsicherheit bei den Produzenten halte ich für eine Zukunftsbedrohung. Was machen wir, wenn lokal oder national niemand mehr unsere Lebensmittel produzieren möchte?
Das Fass zum Überlaufen gebracht hat dann ein Bericht über Flüchtlinge, die unfreiwillig im Süden Tomaten ernten, die dann als Dosenfrüchte in die ganze Welt verschifft werden. Das ist moderne Sklaverei. Da musste ich meine Energie fröhlich und aktiv nutzen.
Oekolandbau.de: Was sollten interessierte Verbraucherinnen und Verbraucher beachten?
Klerman: Man muss auf mögliche Stolperfallen achten, auch wenn die Verliebtheit in die tolle, gemeinsame Idee groß ist. Vielen ist nicht bewusst, an welcher Stelle schon Verbindlichkeiten und Rechtsfolgen entstehen, zum Beispiel bei der Anstellung von Personal. Manche scheuen die Finanzplanung und den Blick auf das "Worst-Case-Szenario". Auch eine von Konsumenten gegründete Solawi muss konsequent rechnen.
Andererseits geht es ganz viel um menschliche Beziehungen. Das erfordert von beiden Seiten viel Respekt, Kommunikation und Wertschätzung. Es ist ein bisschen so, wie wenn du der Neue in einer WG bist. Du musst dich einbringen, aber die älteren Mitbewohner müssen auch ein wenig zur Seite rücken und dir Platz machen. Das ist für beide Seiten neu – plötzlich möchte der Landwirt wissen, was angepflanzt werden soll? Und ehemalige Kunden wollen beim Unkraut jäten helfen…
Oekolandbau.de: Helfen Sie auch auf dem Hof bei landwirtschaftlichen Arbeiten?
Klerman: Es gibt ein paar Familien, die bewusst dabei sind, damit die Kinder "naturnah" aufwachsen können. Einige Solawistas wohnen in einer Etagenwohnung und haben sich daher für die Feldarbeit als "Gartenersatz" gemeldet. Ich selbst bin ich auch bei den größeren Aktionen dabei, aber mein Job ist eher die Projektplanung, das Zusammenhalten der Mitglieder, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.