Eine hundertprozentige bio-regionale Ernährung ist bisher noch eine Vision. Doch die Region München könnte es möglich machen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. Der Studienautor Dr. José Luis Vicente-Vicente erklärt uns im Interview, wie es gehen könnte.
Oekolandbau.de: Also gibt es auch keine leckeren Bio-Avocados mehr?
Vicente-Vicente: Nein, Avocados sind tropische Früchte mit einem extrem hohen Wasserverbrauch. Das lässt sich in Chile oder Südspanien gut beobachten, wo durch den intensiven Gemüseanbau ganze Landstriche veröden.
Oekolandbau.de: Lässt sich das Beispiel München auf andere Regionen übertragen?
Vicente-Vicente: Nicht eins zu eins. Jeder Fall ist anders. Denn die biophysikalischen Gegebenheiten wie Boden, Klima und Geomorphologie sowie die sozioökonomischen Faktoren wie Bevölkerungsdichte, Ernährungspräferenzen und Verwaltungsgrenzen sind unterschiedlich. Wir haben bereits ähnliche Studien in anderen Städten entwickelt. Zum Beispiel besteht das Einzugsgebiet für Lebensmittel in Berlin-Brandenburg aus zwei verschiedenen Bundesländern. Die Geomorphologie ist viel homogener. Dafür sind die Böden dort weniger fruchtbar und liefern geringere Erträge. Daher benötigen wir dort pro Kopf mehr Land, um eine Person zu ernähren, als in München, wo die Böden produktiver sind.
Oekolandbau.de: Und wie passen regionale Systeme und Welternährung zusammen? Brauchen wir denn nicht die globalisierte Landwirtschaft, um die Weltbevölkerung satt zu bekommen?
Vicente-Vicente: Ich möchte betonen, dass wir die Welt mit der aktuellen Nahrungsmittelproduktion ernähren könnten. Eine Versorgungslücke gibt es zumindest in Europa nicht. Wir müssen nicht mehr produzieren. Das Problem liegt bei der Verteilung und dem Verbrauch. Das Narrativ der "Ertragslücke" wird hauptsächlich von einigen Akteuren im Lebensmittelsystem erzählt, die weiter Agrochemikalien verkaufen und Lebensmittel als Ware behandeln möchten.
Ein regionalisiertes Lebensmittelsystem wäre effizienter, um Lebensmittelverluste und -verschwendung zu reduzieren. Es ist wirklich wichtig, die Menschen über ethischen Konsum aufzuklären und darüber, dass Lebensmittel nicht perfekt aussehen müssen, damit man sie essen kann.
Ich möchte betonen, dass wir die Welt mit der aktuellen Nahrungsmittelproduktion ernähren könnten. Eine Versorgungslücke gibt es zumindest in Europa nicht. Wir müssen nicht mehr produzieren. Das Problem liegt bei der Verteilung und dem Verbrauch.