Maßnahmen für eine wildbienenfreundliche Landschaft

Maßnahmen für eine wildbienenfreundliche Landschaft

Das Ziel vieler geförderter Agrarumweltmaßnahmen ist es, Wildbienen zu schützen und ihre Bestände zu fördern. Ein einfacher Weg hierfür ist die ökologische Bewirtschaftung, das zeigt das ComBee-Projekt der Universität Göttingen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Möglichkeiten, eine wildbienenfreundliche Landschaft zu gestalten.

Wie sollte eine Agrarlandschaft aussehen, die wirtschaftliche Erträge ermöglicht und gleichzeitig Wildbienen genügend Nahrung und Rückzugsräume bietet? Diese Frage ist für die Landwirtschaft von großer Bedeutung, da ein Großteil der über 560 Wildbienenarten (einschließlich Hummeln) in Deutschland wichtig für die Bestäubung vieler Pflanzen sind.

Honigbienenvölker von Berufs- und Hobbyimkerinnen und -imkern sind geeignet, um einen Großteil der Bestäubungsleistung abzudecken, die etwa bei Raps oder im Obstbau gefragt ist. Wildbienen hingegen sind häufig spezialisiert auf bestimmte Pflanzentypen- oder Arten. Diese Spezialisierung ist beim Anbau vieler Kulturen wie Obst, Gemüse oder Leguminosen sehr wertvoll.

Mehr Ertrag in Leguminosen durch Wildbienen

So sind zum Beispiel einige Hummelarten besonders gut geeignet für die Bestäubung von Leguminosen, weil sie einen längeren Rüssel als Honigbienen haben. Eine Studie der Abteilung Funktionelle Agrobiodiversität und Agrarökologie an der Universität Göttingen zeigte, dass bei einer Bestäubung von Ackerbohnen durch Hummeln und anderen Wildbienen den Samenansatz verbessert und bis zu 40 Prozent mehr Bohnen heranreifen als bei einer Bestäubung durch Honigbienen.

Eine weitere Studie der Universität Göttingen ergab, dass verschiedene Wildbienenarten trotz zahlreicher blühender Rapsfelder in der Umgebung ihrem Standort treu blieben und für eine ausreichende Bestäubung der nahegelegenen Erdbeerflächen sorgten, welche für Honigbienen nicht so attraktiv waren. Diese bevorzugten dagegen den Raps als Futterquelle.

Bestände der Wildbienen sind gefährdet

Wie bei vielen anderen Insekten sind auch die Populationen und Artenzahlen von Wildbienen seit Jahren rückläufig. So gelten mehr als 60 Prozent der Wildbienenarten in Deutschland als gefährdet. Neben der zunehmenden Flächenversiegelung durch Bebauung gilt die Intensivierung der Landwirtschaft als wichtige Ursache für diese Entwicklung. Immer größere Ackerschläge, enge Fruchtfolgen und der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln verringern das Angebot an Nahrung und Rückzugsflächen und schwächen die Bestäuberinsekten.

Im Ökolandbau kommen diese negativen Einflüsse dagegen viel weniger zum Tragen. "Ökologisch bewirtschaftete Flächen sind für Wildbienen und Hummeln günstiger. Das haben viele Studien gezeigt", sagt Catrin Westphal, Professorin für Agrardiversität und Agrarökologie an der Universität Göttingen. Sie war unter anderem am vierjährigen Projekt ComBee beteiligt, in dem die Wechselwirkungen zwischen Landschaftsstrukturen und den Populationen von Wildbienen und Hummeln untersucht wurden.

COMBEE-Pojekt

Das wissenschaftliche Ziel von ComBee ist die Untersuchung der direkten und indirekten Wechselwirkungen der in der Literatur genannten Hauptursachen der Verluste von Bestäuberinsekten. Dabei stehen insbesondere die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Agrarumweltmaßnahmen und der Landschaftsstruktur sowie ihre Auswirkungen auf die Artengemeinschaften von Bestäubern, die Populationsentwicklung von wilden und gemanagten Bienen, die Prävalenz von Pathogenen und natürlichen Gegenspielern, die Ressourcennutzung und die trophischen Interaktionen zwischen Pflanzen, Bestäubern, Pathogenen und Gegenspielern im Fokus.

Öko-Flächen bieten mehr Nahrung

"Flächen im Ökolandbau bieten durch die deutlich größere Zahl an Ackerwildkräutern und einer breiteren Fruchtfolge vor allem mehr Nahrung", sagt Westphal. Im ComBee-Projekt konnte nachgewiesen werden, dass die Populationen und die Zahl der Arten von Wildbienen bei höheren Anteilen ökologisch bewirtschafteter Flächen in Agrarlandschaften größer sind. Auch in Habitaten, die an die Felder grenzen, wie Gras- und Blühstreifen oder Streuobstwiesen wurden mehr Tiere und Arten gezählt, wenn in einer Region mehr Flächen ökologisch bewirtschaftet wurden.

Neben dem Nahrungsangebot scheint auch die Belastung mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in Agrarlandschaften Einfluss auf die Insekten zu haben. Bei hohen Anteilen ökologisch bewirtschafteter Flächen ging die Zahl der Parasiten für Honig- und Wildbienen deutlich zurück und die Honigbienen entwickelten sich besser. „Die Zusammenhänge sind nicht ganz klar. Aber wir beobachten, dass Bienen bei geringerem Pestizideinfluss durch mehr Öko-Flächen einfach fitter sind“, meint Catrin Westphal.

Gleiche Wirkung wie Blühstreifen

Damit hat der Ökolandbau aus Sicht der Expertin das gleiche Potenzial wie verschiedene Agrarumweltmaßnahmen, die auf Landes- und EU-Ebene gefördert werden. Das gilt zum Beispiel für ein- oder mehrjährige Blühstreifen auf Ackerflächen, deren Wirkung auf Wildbienen ebenfalls im ComBee-Projekt untersucht wurde.

"Allerdings stoßen die Vorteile des Ökolandbaus und der meist einjährigen Blühstreifen auf Landschaftsebene an Grenzen", sagt Catrin Westphal. Ab einem gewissen Anteil ergaben sich im Projekt durch zusätzliche Ökoflächen in einer Agrarlandschaft keine weiteren positiven Effekte auf die Populationen von Wildbienen. Der Grund: Die Insekten brauchen neben Nahrung auch Rückzugsräume als Nistplätze und zur Überwinterung. Wenn naturnahe Bereiche wie Hecken, Gräben oder Böschungen in der Landschaft fehlen, bringen zusätzliche Ökoflächen keine weiteren Vorteile mehr.

Öko-Flächen mit Habitaten kombinieren

Aus ihrer Sicht ist deshalb eine gute Mischung aus höheren Öko-Flächenanteilen und langfristig angelegten, naturnahen Rückzugsräumen entscheidend für eine wildbienenfreundliche Landschaft. "Ökoflächen und auch einjährige Blühstreifen wirken besser, wenn sie mit naturnahen Habitaten kombiniert werden", sagt Catrin Westphal. Ideal für Wildbienen und auch andere Insekten ist ein Anteil von etwa 20 Prozent ungenutzter Fläche auf Landschaftsebene.

Landwirtinnen und Landwirte, die Wildbienen gezielt fördern möchten, können laut Westphal auch mit Kleinststrukturen experimentieren. Dazu gehört zum Beispiel die Anlage von Haufen mit Totholz oder Steinen. Auch offene Sandhügel sind als Nisthabitate sehr wertvoll, da ungefähr 75 Prozent aller Wildbienenarten in Deutschland im Boden nisten.

Wer bestehende Brachen gezielt mit Blühpflanzen bereichern oder auf dem Acker zusätzliche Blühstreifen anlegen möchte, sollte dafür auf jeden Fall Saatgut mit regionalen Blühpflanzen nutzen. "Mit den inzwischen verfügbaren regionalen Saatgutmischungen haben wir im Projekt KOOPERATIV sehr gute Erfahrungen gemacht", berichtet Catrin Westphal.

Co-Existenz mit Honigbienen möglich

Im ComBee-Projekt wurde auch untersucht, ob das Aufstellen von Bienenvölkern zur Honiggewinnung die Populationen von Wildbienen in Agrarlandschaften beeinträchtigt. Dafür wurden 80 Honigbienenvölker auf definierten Flächen aufgestellt. Die zusätzlichen Völker hatten in dieser Größenordnung jedoch keine Effekte auf die wildlebenden Arten.

Prof. Catrin Westphal zieht daraus den Schluss, dass es in "halbwegs diversen Agrarlandschaften" offenbar genügend Ressourcen für Wildbienen gibt und deshalb eine Co-Existenz mit aufgestellten Völkern von Honigbienen möglich ist. Dazu trägt auch das unterschiedliche Sammelverhalten bei.

Keine Bienenvölker in Naturschutzgebieten

"Das ist ein gutes Ergebnis, um Konflikte zwischen Naturschutz und Imkerei zu entschärfen", meint Catrin Westphal. "Denn zumindest durch die Hobbyimkerei sind in nicht komplett ausgeräumten oder verarmten Agrarlandschaften keine größeren Effekte auf Wildpopulationen zu befürchten.“

Anders ist es dagegen laut Westphal in ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Hier sollten Bienenvölker mit Bedacht aufgestellt werden, weil vor allem die Übertragung von Parasiten auf Wildarten ein großes Problem ist. Zudem kann eine sehr hohe Zahl an Bienenvölkern zu Konkurrenz um Nahrung und andere Ressourcen führen.

Autor: Jürgen Beckhoff


Letzte Aktualisierung 02.10.2025

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