Heimische Bio-Kartoffeln

Heimische Bio-Kartoffeln

Violetta, Blauer Schwede und Rote Emmalie – unsere Kartoffelwelt ist bunt und vielfältig. Doch nur wenige Sorten finden den Weg in den Supermarkt. Dafür gibt es dort inzwischen das ganze Jahr über heimische Bio-Kartoffeln.

Deutschland ist Kartoffelland: Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung lag der Selbstversorgungsgrad 2021/2022 bei 150 Prozent! Allerdings stammen bisher nur magere sieben Prozent unserer frischen Speisekartoffeln aus ökologischem Anbau.

Doch die Nachfrage ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Entsprechend sei die Anbaufläche 2022 auf bundesweit rund 12.000 Hektar gewachsen, so Geschäftsführerin Therese Wenzel vom Bio-Kartoffel Erzeuger e.V. Die Interessenvertretung der Landwirtinnen und Landwirte setzt sich dafür ein, heimische Kartoffeln länger zu vermarkten. Mit Erfolg: Im Lebensmitteleinzelhandel hat heimische Ware inzwischen Priorität. „Einige Handelsketten hatten in den letzten Jahren sogar ganzjährig deutsche Bio-Kartoffeln im Sortiment“, freut sich Theresa Wenzel. Mit neuester Kühl- und Lagertechnik sei es möglich, Bio-Kartoffeln ohne weitere Behandlung und Qualitätsverluste mehr als zehn Monate zu lagern.

Bio-Kartoffeln von hier

Rund drei Viertel der in Deutschland erzeugten Bio-Kartoffeln verkaufen Supermärkte und Discounter. Den Rest vermarkten Naturkostläden oder die Höfe direkt.

Natürlich gilt es auch bei Kartoffeln, regionale Ware zu bevorzugen. Das hat jedoch Grenzen. Denn Kartoffeln werden bei uns traditionell vor allem in Niedersachsen und Bayern angebaut. Allein die kleine Region im Umkreis von Lüneburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg liefert 13 Prozent der bundesweit erzeugten Bio-Kartoffeln. Hier passen Boden und Klima perfekt zur Kartoffel. Frühkartoffeln aus Ägypten oder Israel sind dagegen keine gute Wahl. Abgesehen von den langen Transportwegen fehlt dort das Wasser.

Innere Werte bevorzugen

Noch vor gar nicht langer Zeit kamen die Kartoffeln ungewaschen auf den Markt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher kauften und lagerten ihre Lieblingssorten in größeren Mengen. Heute zählt vor allem die Optik: auch Bio-Kartoffeln sollen möglichst hell und gelb sein. Kartoffeln mit Erde oder optischen Makeln wie Schorf oder rauer Schale lassen sich schlechter vermarkten. Daher werden sie vor dem Abpacken gewaschen.

Wenn Bio-Kartoffeln jedoch nur nach dem äußeren Erscheinungsbild beurteilt werden, landen viele Knollen nicht auf dem Teller. So gehen hochwertige Lebensmittel verloren und die Bio-Betriebe machen hohe ökonomische Verluste. Deshalb fordern die Bio-Kartoffelerzeugerinnen und -erzeuger Bio-Kartoffeln als ein in der Erde gewachsenes Naturprodukt zu bewerten. Schließlich hätten oberflächliche Makel oder gar die Schalenfarbe keinerlei Auswirkung auf die Qualität.

Mehr Vielfalt wagen

Beim Kartoffelkauf im Supermarkt zählen nicht Geschmack und Qualität, sondern Zweck und Preis. Das bedauert Kartoffelzüchter Karsten Ellenberg. Der Bioland-Landwirt baut in der Lüneburger Heide auf 80 Hektar rund 100 verschiedene Bio-Kartoffelsorten an.  Seine Topseller heißen Angeliter Tannenzapfen, Linda und Violetta.

Oekolandbau.de: Was macht eine gute Bio-Kartoffelsorte aus?

Karsten Ellenberg: Der Geschmack ist das Wichtigste. Dann muss sie auf unseren Bio-Feldern gut wachsen, sprich eine hohe Vitalität haben und widerstandsfähig gegen Schädlinge sein. Nicht nur bei Menschen entstehen immer neue Viren, sondern auch bei Kartoffeln. Die richtige Sortenwahl hängt aber auch von der Region und dem Standort ab. Auf unseren leichten, sandigen Böden bauen wir die alte Sorte Linda viel an. Die kommt von hier und verträgt auch Trockenheit. Die neue Sorte Laura hat sich auch gut entwickelt. Als frühe Sorte hat sich Annabelle bewährt und bei den mehligen Sorten Gunda. Aber letztendlich muss sich jede Sorte am Markt behaupten.

Oekolandbau.de: Welche Sorten schmecken denn am besten?

Karsten Ellenberg: Kartoffeln sind ein Naturprodukt, schmecken je nach Boden, Klima und Jahr unterschiedlich. Auf jeden Fall empfehlen kann ich die rot- und blaufleischigen Kartoffeln wie die Rote Emmalie. Die bunten Kartoffeln haben ein kräftigeres Aroma als die gelben Kartoffeln. Genau wie Rotwein intensiver schmeckt als Weißwein. Außerdem enthalten sie mehr sekundäre Pflanzenstoffe wie Anthozyane. Diese Inhaltsstoffe sind besonders gesund. Und optisch auf dem Teller machen bunte Kartoffeln auch mehr her.

Oekolandbau.de: Warum finden sich die bunten Kartoffeln fast nie im Supermarkt?

Karsten Ellenberg: Kartoffeln werden bei uns leider als austauschbarer Rohstoff gehandelt. Manchmal gelangen wohlschmeckende Knollen in den Markt, aber dann ist die Partie aufgebraucht und es kommen Kartoffeln von einem anderen Lieferanten. Leider haben die Kundinnen und Kunden darauf fast gar keinen Einfluss. Wer mehr Vielfalt möchte, muss seine Kartoffeln direkt beim Erzeuger kaufen. Wichtig ist, dass wir Landwirtinnen und Landwirten ein Feedback bekommen. Wenn die Kunden sagen, die schmecken einfach klasse, freuen wir uns. Selbst negative Rückmeldungen helfen uns, die richtigen Sorten anzubauen.

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Letzte Aktualisierung 02.06.2023

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