Bio-Lachs in Maßen genießen

Bio-Lachs in Maßen genießen

Lachse gehören zu den Top Ten unserer Speisefische. Das hat schwerwiegende Folgen: Die Zahl der Wildlachse geht immer weiter zurück. In Käfigen im Meer gemästete Zuchtlachse belasten mit Exkrementen die Umwelt und schaden ihren wilden Artgenossen. Bio-Lachse sind eine gute Wahl. Aber noch besser wäre, mehr andere heimische Fischarten zu essen.

Lachse sind Raubfische. In freier Wildbahn fressen sie vor allem Krebstiere und Insekten. Die Wanderfische werden in Flüssen geboren, reisen dann ins Meer und kehren am Ende ihres Lebens zum Laichen an ihren Geburtsort zurück. Dort warten Raubtiere wie Grizzlys und Adler auf eine reiche Lachsbeute. Da unser Heißhunger auf Lachs rapide gewachsen ist, werden Lachse heute in Netzkäfigen in Meeresbuchten und Fjorden massenhaft gezüchtet. 90 Prozent unserer Lachse stammen aus norwegischen Fischfarmen. Dort leben die Fische dichtgedrängt zusammen. Ihre Fäkalien, Futter- und Arzneimittelreste verseuchen das umliegende Meer. Ihre Krankheitskeime stecken wilde Artgenossen an. Viele Zuchtlachse entweichen aber auch und schwimmen instinktiv in die Flüsse. Die kräftigen männlichen Zuchtlachse setzen sich bei der Paarung gegen die Wildlachse durch. Ihre Nachkommen sind jedoch nicht fit genug für die Wildnis.

Bio-Lachse haben mehr Platz

Zuchtlachse wachsen in Netzkäfigen heran, welche im Meeresboden verankert sind. Im Vergleich zur konventionellen Haltung haben Bio-Lachse mindestens doppelt so viel Platz: Während bei konventioneller Haltung 40 Kilogramm Lachs in einem Kubikmeter Wasser zugelassen sind, dürfen es bei EU-Bio-Lachs maximal 20 Kilogramm und bei Naturland Forelle und Lachs (PDF) 10 Kilogramm sein. Dadurch schwimmen die Bio-Fische mehr herum, bleiben fitter und bekommen weniger Parasiten wie die Lachslaus. Gegen diesen Schädling setzen konventionelle Fischfarmer häufig Insektizide ein, die dann das Ökosystem Meer belasten. Naturland rät dazu, Lippfische als "Putzerfische" einzusetzen.

Bio-Futter muss sein

Bio-Lachse bekommen natürlich Bio-Futter, vor allem pflanzliche Eiweiße aus dem ökologischen Anbau und Fischmehl aus der nachhaltigen Speisefischerei. Für Raubfische sind mindestens 40 Prozent tierisches Eiweiß vorgeschrieben. Um marine Ressourcen zu schützen, produzieren innovative Unternehmen mit Meeresalgen ein Öl, das Fischmehl ersetzen kann. Der Öko-Anbauverband Naturland setzt bei der Fischfütterung künftig auch auf Bio-Insekten und hat dafür Richtlinien erlassen. Allerdings gibt es noch keine EU-Bio-Richtlinien für Insekten. Da Lachse in der Natur viel Krebstiere fressen, ist ihr Fleisch rötlich. Um das nachzuahmen, füttern Bio-Lachsfarmen natürliche Hefen. Konventionelle Lachse machen dagegen künstlich hergestellte Carotinoide rot.

Schonend schlachten

Haben die Lachse ihr Schlachtgewicht erreicht (meist zwischen drei und sechs Kilogramm), werden sie entweder mit Netzen abgefischt oder aber mit schonenden Fördersystemen (Pumpen) aus den Käfigen gesaugt. Die meisten Farmen besitzen eine automatische Betäubungs- und Schlachtmaschine, welche den Fisch erst mittels Kopfschlag betäubt und anschließend ausblutet, ohne dass die Tiere dabei etwas spüren. Bio-Lachs wird mit heimischen Hölzern geräuchert und von Hand oder mit Salzlake gewürzt. Gewürze, Panaden und eventuell andere Zutaten müssen aus ökologischem Anbau stammen. Phosphate, die das Wasser binden und das Gewicht hochtreiben, sind verboten.

Drei Fragen an Annabel Schuhn von Naturland

"Es gibt nur noch eine - wenn überhaupt vertretbare Form - der Lachszucht und das ist die an Land", bilanziert der Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke in seinem mitreißenden Dokumentarfilm zum Wildlachs. Doch Lachse lassen sich nicht wie Karpfen und Forellen in Teichen züchten, weiß Annabel Schuhn, Expertin für Aquakultur bei Naturland.

Oekolandbau.de: Gibt es bereits Bio-Lachsfarmen an Land?

Annabel Schuhn: Nein. Unter rein umwelttechnischen Gesichtspunkten sind die sogenannten Kreislaufanlagen an Land zwar mit Sicherheit ein spannender Ansatz für die Zukunft. Aber für die ökologische Aquakultur eignen sie sich bisher nicht. Im ganzheitlichen Ansatz von Naturland sind Tierwohl und Naturnähe zentral. Die ökologische Aquakultur arbeitet mit reduzierten Besatzdichten. Das lässt sich in Kreislaufanlagen wirtschaftlich kaum umsetzen. Und von einem naturnahen Umfeld kann, so wie die Anlagen heute gestaltet sind, auch nicht gesprochen werden. Kreislaufanlagen sind derzeit nicht öko-zertifizierbar.

Oekolandbau.de: Lassen sich Lachse überhaupt artgerecht halten, wenn die mobilen Tiere ihren Wandertrieb gar nicht ausleben können?

Schuhn: Lachse sind zwar Wanderfische, den größten Teil ihres Lebens verbringen sie aber im Meer. Denn der Wandertrieb setzt erst mit der Geschlechtsreife ein. Zugleich reduzieren die Tiere auch ihre Nahrungsaufnahme und es kommt zu einer signifikanten Abnahme des Wachstums. In der Lachszucht werden die Tiere deshalb vor Einsetzen der Geschlechtsreife geschlachtet – und damit auch, bevor sie ihren Wandertrieb entwickeln.

Oekolandbau.de: Hat die Bio-Lachszucht überhaupt eine Zukunft? Oder was würden Sie Verbraucherinnen und Verbrauchern raten?

Schuhn: Gebt dem heimischen Karpfen auch einmal eine Chance. Es ist besser als sein Image und leicht zuzubereiten. Naturland hat mehrfach versucht, den Leuten Karpfen schmackhaft zu machen – etwa mit dem Projekt "Bio-Fisch in der Mittagspause". Aber bei Fischgenuss denken die Menschen eben vor allem an Lachs. Deshalb stellen wir mit besonders strengen Anforderungen an die zertifizierten Lachsfarmen eine möglichst hohe Umweltverträglichkeit sicher. Dazu zählt auch ein regelmäßiges Umweltmonitoring rund um die Netzkäfige. Farmen werden auch nur dann zertifiziert, wenn sie die natürlichen Wanderrouten der Wildlachse nicht beeinflussen. Dann ist ein Stück Lachs - hin und wieder - ein durchaus verantwortbarer Genuss.


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