Ein entscheidender Vorteil inhabergeführter Läden liegt in ihrer Flexibilität und Individualität. Sie sind nicht auf zentrale Listungen beschränkt, sondern können gezielt Erzeugerinnen und Erzeuger aus ihrer Region und mit der passenden Philosophie einbinden.
Dies geschieht nicht nur über den direkten Warenbezug, sondern auch durch transparente Ladengestaltung, Verkostungen und natürlich gute Kommunikation. So heben sie sich gezielt vom Standard ab. Gleichzeitig profitieren Erzeugende und Verarbeitende von verlässlichen Absatzpartnerinnen und -partnern, die ideal zu ihnen passen. Diese Zusammenarbeit lässt sich lokal und regional kommunizieren. Besonders inhabergeführte Läden haben hier einen Vorteil: Sie können ihre Kundschaft direkt vor Ort mit gezielten Maßnahmen erreichen – sei es durch Berichterstattung in der lokalen Presse, aufmerksamkeitsstarke Plakate oder ansprechende Social-Media-Posts. Die räumliche Nähe ist dabei zentral!
Oekolandbau.de: Stichpunkt Nähe – Welche Rolle spielen regional erzeugte Bio-Lebensmittel für die Ladnerinnen und Ladner dabei?
Gottfried Willmann: Eine sehr, sehr große, wenn nicht sogar die größte. Durch Bio-Produkte aus der direkten Umgebung können sich Ladnerinnen und Ladner als vertrauenswürdiger Anbieter profilieren. Und damit die Kundenbindung stärken! So schaffen eine authentische, transparente Herkunftskennzeichnung – von Hof XY aus dem Nachbardorf – und Storytelling über Produzierende eine hohe Glaubwürdigkeit und einen starken Wiedererkennungswert und heben den Laden von anderen Märkten ab. Durch konsequente Nachhaltigkeit als Markenkern wird der Markt als umweltbewusste Einkaufsquelle wahrgenommen. Kurze Transportwege, Mehrwegsysteme und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung sprechen nachhaltig denkende Kundinnen und Kunden an.
Die enge Zusammenarbeit mit Bio-Erzeugerinnen und -Erzeugern sorgt für Exklusivität; Hofführungen und Verkostungen stärken die Verbindung zwischen Kundschaft und Produzierenden.
Generell ist es wichtig, regionale Erzeugerinnen und Erzeuger und Verarbeitende aktiv in Verkostungen oder andere Aktionen einzubinden. So lässt sich der Absatz gezielt steuern – ein Bereich, in dem inhabergeführte Läden aufgrund ihrer Flexibilität klare Vorteile gegenüber zentral gesteuerten Handelsstrukturen haben.
Oekolandbau.de: Welche Maßnahmen beziehungsweise Instrumente zur Bindung der Kundschaft sind aus Ihrer Sicht für Ladeninhabende sinnvoll? Wie kann insbesondere die Kundschaft der Zukunft, sprich die junge Generation, für Bio begeistert werden?
Gottfried Willmann: Unabhängig vom Kanal gilt: Erfolgreiche Kommunikation ist der Schlüssel! Selbst die beste Aktion bleibt wirkungslos, wenn sie nicht zeitgemäß begleitet wird. Zwar verfügen selbstständige Kaufleute über geringere Budgets als Filialisten, doch sie haben einen entscheidenden Vorteil: individuelle Ansprache. Für gelungene Kommunikation auf Instagram und TikTok braucht es keine großen Mittel, sondern kreative Ideen und Authentizität – und genau hier brillieren Ladeninhabende. Sie kennen die regionalen und gesellschaftlichen Bedürfnisse vor Ort genau. Ob sie ihre Azubis auf Social Media zu Wort kommen lassen oder die junge Zielgruppe virtuell mit auf die Höfe nehmen, von denen ihre Produkte stammen – die Begeisterung für die besondere Qualität der Lebensmittel und das große Ganze muss spürbar sein.
Gottfried Willmann im Interview mit Birgit Rogge, AMI