Was bedeuten "Frei von"-Labels?

Was bedeuten "Frei von"-Labels?

Welche Gemeinsamkeiten gibt es bei "Frei von Zusatzstoffen"-Produkten und Lebensmitteln in Bio-Qualität? Was unterscheidet sie? Wie nutzen Herstellungsunternehmen die Logos? Und hat die Nutzung beider Logos Potenzial am Markt?

Obwohl es Schnittmengen gibt, unterscheiden sich Bio- und "Frei von Zusatzstoffen"-Produkte: Bio steht für die Einhaltung ökologischer Standards, während die Kennzeichnung "Frei von Zusatzstoffen" die Abwesenheit von Zusatzstoffen signalisiert. Bio-Produkte werden dabei regelmäßig durch unabhängige Kontrollstellen zertifiziert, während "Frei von"-Angaben von den Lebensmittelüberwachungsbehörden auf ihre Richtigkeit und mögliche Irreführung geprüft werden.

Das EU-Bio-Logo beinhaltet bereits die Abwesenheit einiger Stoffe oder Herstellungsverfahren, beispielsweise chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel oder auch Gentechnik. Während in konventionellen Lebensmitteln 320 Zusatzstoffe zugelassen sind, dürfen in Bio-Produkten nach der EU-Öko-Verordnung nur 56 verwendet werden – darunter Verdickungsmittel, Säuerungsmittel oder natürliche Aromen, die das Produkt haltbarer, verarbeitungsfreundlicher oder geschmacklich stabiler machen sollen.

Produkte, die mit "frei von Zusatzstoffen" gekennzeichnet sind, verzichten nicht nur auf synthetische, sondern auch auf in Bio zugelassene natürliche Zusatzstoffe.

Auch Verbrauchergruppen unterscheiden sich: Während Bio-Käuferinnen und Bio-Käufer oft aus ökologischen und nachhaltigkeitsorientierten Motiven handeln, achten "Frei von"-Konsumentinnen und -konsumenten stärker auf gesundheitliche Aspekte,Bekömmlichkeit und Reinheit der Zutatenliste. Es gibt jedoch auch Überschneidungen, und manche Konsumentinnen und Konsumenten legen auf beide Aspekte Wert. Menschen mit Allergien oder Unverträglichkeiten profitieren besonders von klaren "Frei von"-Deklarationen, da diese Sicherheit und Orientierung beim Einkauf bieten.

Für den Handel bedeutet die parallele Vermarktung beider Kategorien einen Spagat: Verbraucherinnen und Verbraucher wollen eine Orientierung, doch zu viel Vereinfachung birgt die Gefahr von Missverständnissen. Hier ist präzise Kommunikation entscheidend, um Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu sichern. Gleichzeitig bietet die Kombination beider Trends Potenzial: Produkte, die sowohl bio-zertifiziert als auch frei von Zusatzstoffen sind, können ein besonders starkes Alleinstellungsmerkmal am Markt darstellen und eine anspruchsvolle Zielgruppe ansprechen.

Gemeinsam bedienen Bio und "Frei von"-Produkte den Wunsch nach möglichst natürlicher Ernährung. Damit bilden sie zentrale Pfeiler des Gesundheitstrends und stehen für eine Entwicklung, die über reine Nahrungsaufnahme hinausgeht: Essen wird zunehmend Ausdruck eines bewussten Lebensstils, in dem Verantwortung, Selbstfürsorge und Nachhaltigkeit eng miteinander verknüpft sind.

Interview mit Michael Wiese

Oekolandbau.de sprach mit Michael Wiese von wageswiese GmbH über den Markt von Lebensmitteln, die sowohl "frei von Zusatzstoffen" und Bio sind. Wageswiese GmbH führt die Marke Emils Bio-Manufaktur, deren Soßen "frei von Zusatzstoffen" sind.

oekolandbau.de: Wie entwickelt sich aus Ihrer Sicht der Markt für "Frei von"-Produkte in Bio-Qualität – wächst er spürbar oder ist die Auswahl begrenzt?

Wiese: "Clean food" und "free from" werden schon lange unter den innovativen Food-Trends geführt. Und so sehen wir es auch: "Frei von" ist noch lange nicht im Mainstream angekommen und die Auswahl an Produkten "frei von Zusatzstoffen" ist daher auch begrenzt. Aber bei den qualitätsorientierten Bio-Konsumentinnen und -Konsumenten wächst der Markt aus unserer Sicht stetig: Wir sehen an unseren Online-Verkäufen und an den Abverkäufen pro Markt im Lebensmitteleinzelhandel, dass wir eine sehr treue Kundschaft haben, die Wiederkaufrate hoch ist und kontinuierlich wächst. "Frei von"-Produkte punkten in den Bereichen Qualität, Genuss und Nachhaltigkeit: Das überzeugt unsere Kundschaft langfristig.

oekolandbau.de: Welche Zusatzstoffe sind aus Ihrer Sicht die "unsichtbarsten" – also die, die Konsumentinnen und Konsumenten am wenigsten auf dem Schirm haben, obwohl sie bio-zugelassen sind?

Wiese: In industriell hergestellten Soßen sind vor allem Verdickungsmittel beliebt. Man kann damit immer dieselbe Konsistenz erzielen und einen höheren Wasser-Anteil in die Rezeptur bringen, was preislich attraktiv ist. Im Bio-Bereich wird dafür vor allem Johannisbrotkernmehl (E 410), Guarkernmehl (E 412) und Xanthan (E 415) eingesetzt. Die kann man zum Teil auch im Bio-Laden als Zutat kaufen und werden weniger als E-Stoffe wahrgenommen.

oekolandbau.de: Wie reagiert der Handel auf Ihre "Frei von"-Haltung? Gibt es eher Begeisterung oder Skepsis hinsichtlich beispielsweise Haltbarkeit, Preis etc.?

Wiese: Wir hatten unsere Dressings ohne Zusatzstoffe erstmals 2011 auf der Biofach in Nürnberg ausgestellt – und wir waren überwältigt von der positiven Resonanz. Die Skepsis im Handel war also begrenzt. "Wie bekommt ihr die Soßen ohne Konservierungsmittel so lange haltbar und das auch noch ohne Kühlung?" Das ist die häufigste Rückfrage des Handels. Und die Antwort ist recht einfach: Qualität konserviert, denn Öl, Essig und Senf muss man auch nicht im Kühlschrank aufbewahren – trotzdem halten sie monatelang. Und das sind unsere Hauptzutaten.

Text und Interview: Madita Finke, AMI


Letzte Aktualisierung 31.10.2025

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