Eigenmarken stärken

Eigenmarken stärken – Wie kann das gelingen?

Als preisgünstige Alternative zu Herstellermarken haben Eigenmarken beziehungsweise Handelsmarken im Jahr 2022 angesichts der hohen Inflationsrate in Deutschland einen Aufschwung erlebt. Welche Bio-Eigenmarken genießen hohes Vertrauen? Und wie kann eine Markenbindung zur Kundschaft aufgebaut werden?

Wie unterscheiden sich Handels- und Herstellermarken?

Handelsmarken sind laut Gabler Wirtschaftslexikon Warenkennzeichen, mit denen Handelsbetriebe Produkte oder Produktreihen versehen lassen, wodurch sie als Eigner der Marke auftreten. Entsprechend verfügen Handelsmarken über einen auf das jeweilige Handelsunternehmen beziehungsweise die Handelsgruppe begrenzten Distributionsgrad. Häufig werden die Begriffe Handelsmarke, Eigenmarke und Hausmarke synonym verwendet. 

Herstellermarken sind im Gegensatz zu Handelsmarken die Marken eines Herstellers. Ihr Fokus liegt auf der Spezialisierung in einem bestimmten Warenbereich, wodurch ein sehr klares Markenimage aufgebaut werden kann. Der Hersteller verantwortet dabei den gesamten Markenprozess in allen Vertriebskanälen bis hin zur Positionierung im Einzelhandel. 

Angesichts der hohen Inflationsrate in Deutschland, die laut Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahresdurchschnitt 2022 bei 7,9 Prozent lag, sahen sich Verbraucherinnen und Verbraucher mit deutlichen Preisanstiegen bei Energieprodukten und Nahrungsmitteln konfrontiert. Als Folge übten sich die privaten Haushalte in Kaufzurückhaltung und/oder änderten ihr Einkaufsverhalten. Anstelle von Herstellermarken griffen sie stärker bei Handelsmarken zu, ein Effekt der "Trading down" genannt wird. Hatte die GfK die Jahre 2020 und 2021 rückblickend als Jahre der Marke beziehungsweise Herstellermarke bezeichnet, spricht sie angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Lage infolge der krisen- und kriegsbedingten Auswirkungen nun von einer "Zeitenwende" bezügllich der Entwicklung bei den Handelsmarken im Jahr 2022. Diese haben laut GfK-Consumer Index ihren Marktanteil sowohl in den Kategorien Preiseinstieg, Konsum und Premium im Jahr 2022 bezogen auf den Umsatz im Bereich der Konsumgüter des täglichen Bedarfs (FMCG – Fast Moving Consumer Goods) steigern können. Insgesamt hatten Handelsmarken zuletzt einen Marktanteil von 43 Prozent inne, ein Rekordniveau. Auch in Bezug auf die aktuellen Trends zeigten sich die Handelsmarken in den Bereichen Convenience, Nachhaltigkeit und Gesundheit als Wachstumstreiber.

Bio-Handelsmarken verzeichneten laut GfK zuletzt ein Umsatzplus von gut zwölf Prozent, während Bio-Herstellermarken ein Umsatzrückgang von sechs Prozent gegenüber dem Jahr 2021 verbuchten.Welche Eigenmarken des Handels genießen in Deutschland hohes Vertrauen? Dieser Fragestellung geht die Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien mbH (DtGV) nach, die "Deutschlands Beste Marken", in diesem Beispiel speziell die Eigenmarken, gekürt. Wie zufrieden die Kundinnen und Kunden hinsichtlich der Aspekte Qualität, Preis-Leistung sowie Kundenvertrauen in der Kategorie "Bio-Produkte" sind, wurde mittels einer Online-Umfrage ermittelt. Zudem wurde ein Gesamtergebnis als gewichteter Mittelwert der einzelnen Aspekte gebildet. Als beste Bio-Eigenmarke landete 2022 demnach GUT BIO (ALDI) auf dem ersten Platz, gefolgt von FAIRGLOBE (LIDL) und EDEKA Bio (EDEKA).

Discounter haben Eigenmarken ins Rollen gebracht

Um der Preisbindung der Markenhersteller zu umgehen, ließen die Discounter ein Produkt unter eigenem Namen selbst herstellen und erfanden so das Konzept der Eigenmarken. Zeitversetzt zogen die Vollsortimenter mit Eigenmarken nach und hielten auf diese Weise Einzug im Preiseinstiegssortiment. Mit Eigenmarken können Händlerinnen und Händler ein differenziertes und breites Produktsortiment anbieten, welches sowohl im Preiseinstiegssegment als auch im Premiumsegment angesiedelt werden kann. Ziel ist es, eine attraktive Alternative zu einer Herstellermarke anzubieten und sich damit von den Wettbewerbern zu unterscheiden.

Das Für und Wider von Eigenmarken aus unterschiedlicher Betrachtung

Eigenmarken sind grundsätzlich preisgünstiger, was ein wichtiger Kaufgrund aus Sicht der Kundschaft ist. "Produkte in Markenqualität können ohne "Markenaufschlag" gekauft werden", so die Marketingplattform HubSpot. Aus der Sicht von Händlerinnen und Händlern bieten Eigenmarken einige Vorteile. So beziehen Handelsunternehmen Eigenmarken direkt beim Hersteller und können damit Einfluss auf die gesamte Lieferkette nehmen. Sie können über Preis und Marge bestimmen und damit über die Gewinnspanne eines Produkts. Da Eigenmarken in der Regel kaum beworben werden, kann der Preisvorteil gegenüber Herstellermarken an die Kundschaft weitergegeben werden. Handelsunternehmen haben zudem die volle Kontrolle über die Markenführung, also die Entwicklung der Marke vom Aufbau, der Pflege bis hin zur Weiterentwicklung. Auch Produktinnovationen können selbst auf den Markt gebracht werden und damit das Interesse an der Eigenmarke seitens der Kundschaft geweckt werden. 

Auf der anderen Seite bringen Eigenmarken aus Sicht von Händlerinnen und Händlern auch einige Nachteile mit sich. So fallen Qualitätsprobleme vollständig auf das Handelsunternehmen zurück. Da oftmals der eigene Name für die Eigenmarke genutzt wird, kann dies das Image des Handelsunternehmens in Mitleidenschaft ziehen. Zudem kann es durch den direkten Wettbewerb mit anderen Herstellern zu Konflikten kommen, aber auch bei der Zusammenarbeit mit dem Hersteller selbst, beispielsweise bei der Produktplatzierung im Laden. Aus Sicht der Kundschaft zählen laut HubSpot unter anderem die fehlende Transparenz über die Herkunft und die erzeugenden Unternehmen sowie das geringere Identifikationspotenzial zu den Nachteilen von Eigenmarken. So präsentieren sich Eigenmarken in der optischen Aufmachung oftmals schlichter als Herstellermarken, so dass sie die Kundschaft weniger auf der emotionalen Ebene ansprechen.  

Nur Bio reicht nicht als Alleinstellungsmerkmal

Die Entwicklung einer Eigenmarke erfordert neben Marktkenntnis, Arbeit und Zeit auch ein schlüssiges Markenkonzept. Denn neben dem Preis-Leistungs-Verhältnis braucht die Kundschaft weitere Kaufgründe. Diese müssen durch geeignete Marketinginstrumente kommuniziert werden. Durch Markenführung kann das Identifikationspotenzial von Eigenmarkenbeispielsweise erhöht werden. Identität kann dabei durch sichtbare (Logo, Design, Botschaft) und unsichtbare (Werte, Image, Nutzen, Emotionen) Komponenten geschaffen werden. Wichtige Fragestellungen zum Markenkonzept sind laut dem Deutschen Institut für Marketing in diesem Zusammenhang:

  • In welchem Wettbewerbsumfeld ist die Eigenmarke positioniert?
  • Welche Anforderungen hat die Kundschaft an die Eigenmarke?
  • Wie will sich die Eigenmarke profilieren?
  • In welchem Preissegment ist die Eigenmarke angesiedelt?
  • Welche Sortimentseffekte soll die Eigenmarke auslösen?

Nur wenn eine Eigenmarke ein emotionales und faktisches Markenerlebnis liefert, kann eine Markenbindung bei der Kundschaft entstehen. Bio als Alleinstellungsmerkmal reicht in diesem Falle nicht aus, zumal viele Hersteller von Eigenmarken den aktuellen Trend bedienen. Wo ist Innovationspotenzial? Wie können Kaufimpulse geschaffen werden? Dies sind Schlüsselfragen, die es zu beantworten gilt. 


Drei Fragen an Dr. Robert Poschacher, Geschäftsführer der Naturkind Lebensmittelvertriebs-GmbH

Im Jahr 2021 wurde mit den NATURKIND-Welten ein neues Vertriebskonzept für Bio-Fachmarken bei EDEKA eingeführt. Mittels Shop-in-Shop-Konzept werden der bio-affinen Kundschaft regionale, saisonale und unverpackte Bio-Lebensmittel in einem separaten Bereich innerhalb des Einkaufsmarktes angeboten. 

Oekolandbau.de: Was macht Ihrer Meinung nach eine starke Bio-Eigenmarke aus?

Dr. Poschacher: Grundsätzlich spüren wir aktuell in Deutschland eine zunehmende Kaufzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir beobachten in diesem Zusammenhang auch, dass die Kundinnen und Kunden statt nach Markenprodukten immer häufiger zu unseren preisgünstigen Eigenmarken greifen. Das gilt für konventionelle Produkte ebenso wie für Bio-Produkte. Bei EDEKA ist aber ein leichtes Umsatzwachstum im Bio-Bereich zu erkennen.

Oekolandbau.de: Wie kann sich eine Bio-Eigenmarke gegenüber einer Bio-Herstellermarke behaupten?

Dr. Poschacher: Mit unseren Angeboten, darunter EDEKA Bio und NATURKIND, bieten wir eine große Bio-Auswahl zu wettbewerbsfähigen Preisen. Gerade in der aktuellen Zeit, die von hohen Inflationsraten und wachsendem Preisbewusstsein geprägt ist, halten wir an unserem Auftrag fest, unser Bio-Sortiment auszubauen. Denn jetzt ist es wichtiger denn je, ein Zeichen für die heimische Bio-Landwirtschaft zu setzen. Die hohe Nachfrage unserer Kundinnen und Kunden bestätigt uns darin, unser Bio-Sortiment auch zukünftig weiter auszubauen.

Oekolandbau.de: Welche Strategie verfolgt Ihr Unternehmen, um sich im Marken-Dschungel von anderen Unternehmen zu unterscheiden?

Dr. Poschacher: Als Bestandteil eines nachhaltigen, verantwortungsvollen Sortiments haben Bio-Produkte schon lange einen hohen Stellenwert im EDEKA-Verbund und sind seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil unseres Sortiments und in allen Warengruppen vertreten. Allein im Eigenmarkenbereich führen wir in den verschiedenen Vertriebslinien des EDEKA-Verbunds rund 1.000 Bio-Artikel. Hinzu kommen mehrere Tausend Bio-Markenprodukte sowie frische Erzeugnisse aus der Bio-Landwirtschaft. Mit unserem neuen Konzept der NATURKIND-Welten fördern wir den Ansatz, Brücken zu bauen und immer mehr Menschen für Bio zu begeistern. Als "Biotope" innerhalb eines Super- oder Verbrauchermarkts bieten sie den selbständigen EDEKA-Kaufleuten eine neue Möglichkeit, Bio-affine Kundinnen und Kunden anzusprechen und ihnen den Zugang zu Bio-Fachhandelsmarken zu erleichtern. NATURKIND ist gleichzeitig auch eine Produktmarke, die mittlerweile mehr als 60 Artikel umfasst. Viele der NATURKIND-Artikel tragen zusätzliche Nachhaltigkeitssiegel und werden nach den Richtlinien der Anbauverbände Bioland, Naturland, Biopark oder Biokreis erzeugt.

Drei Fragen an Oliver Schmitz, Geschäftsführer Kaufland Einkauf International

Kaufland bietet seit dem Jahr 2009 Lebensmittel in Bio-Qualität unter der Eigenmarke K-Bio an. Mittlerweile weist das Sortiment über 400 Artikel auf, darunter seit dem Jahr 2022 auch Produkte für Babys wie Kekse, Reiswaffeln oder Breie. Insgesamt führt Kaufland über 2.000 Bio-Produkte.

Oekolandbau.de: Was macht Ihrer Meinung nach eine starke Bio-Eigenmarke aus?

Oliver Schmitz: Überzeugende Qualität, hohe Transparenz und große Auswahl. Genau dafür steht K-Bio, die Bio-Eigenmarke von Kaufland. Wir haben hohe Qualitätsansprüche: Ökologischer Anbau, schonende Aufzucht, geprüfte Herkunft und hohe Standards beim Tierwohl und der Verarbeitung. Unsere Maßstäbe sind bewusst höher als die gesetzlichen Vorgaben. Wir streben nach permanenter Verbesserung im Sinne von Mensch, Tier und Natur. Dabei arbeiten wir bevorzugt mit regionalen Lieferanten zusammen und lassen alle Artikel durch unabhängige Labore und Testinstitute kontrollieren. Um unsere Kundschaft so transparent wie möglich zu informieren, tragen alle Produkte, neben dem K-Bio-Logo, selbstverständlich das EU-Bio-Logo sowie das staatliche Bio-Siegel. Vegetarische und vegane Produkte sind natürlich auch entsprechend gekennzeichnet. Der Nutri-Score gibt unseren Kundinnen und Kunden einen zusätzlichen Hinweis über die Nährwertzusammensetzung. Mit rund 450 Artikeln unserer Eigenmarke bieten wir unserer Kundschaft in jeder Warengruppe mindestens eine Bio-Alternative. Damit ist es für sie ganz einfach, ihren kompletten Tagesbedarf mit K-Bio abzudecken: Vom Frühstück, über das Mittagessen bis hin zum abendlichen Snack sowie Baby- und Kindernahrung. Zudem haben wir natürlich viel frisches Obst und Gemüse in Bio-Qualität im Sortiment.

Oekolandbau.de: Wie kann sich eine Bio-Eigenmarke gegenüber einer Bio-Herstellermarke behaupten?

Oliver Schmitz: Durch eine Symbiose und eine Partnerschaft. Bei uns sind alle Bio-Produkte einer Warengruppe, sowohl der Eigen- als auch der Handelsmarken, neben dem jeweils konventionellen Pendant platziert. Das erspart unseren Kundinnen und Kunden die Suche nach Bio-Lebensmitteln und wir machen gleichzeitig neue Zielgruppen auf diese Produkte aufmerksam. Um die Vielfalt an Bio-Artikeln weiter auszubauen, bieten wir bereits seit vier Jahren Demeter-Produkte an. Mittlerweile haben über 250 Artikel aus bio-dynamischer Landwirtschaft einen festen Platz in unserem Sortiment. Im vergangenen Jahr sind wir eine weitere Partnerschaft mit einem Bio-Verband eingegangen und haben mit Bioland einen Markennutzungs- und Kooperationsvertrag geschlossen. Damit bieten wir unserer Kundschaft eine noch größere Auswahl an hochwertigen und regionalen Bio-Produkten. Gleichzeitig setzen wir ein klares Zeichen für mehr Nachhaltigkeit, mehr Bio und mehr Unterstützung von Mensch, Tier und Umwelt.

Oekolandbau.de: Welche Strategie verfolgt Ihr Unternehmen, um sich im Marken-Dschungel von anderen Unternehmen zu unterscheiden?

Oliver Schmitz: Unsere Strategie ist ein Mix aus niedrigen Preisen, relevanter Auswahl, überzeugender Qualität und einem einfachen Einkauf. Bio heißt für uns zudem Wertschätzung und Fairness. Uns ist es wichtig, dass wir mit allen Beteiligten, entlang der gesamten Wertschöpfungskette, auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Dabei möchten wir unsere Kundinnen und Kunden von der Qualität und den Vorteilen der Bio-Produkte überzeugen und neuen Zielgruppen den Einstieg in die Welt der Bio-Lebensmittel erleichtern. Unsere Auswahl an Bio-Artikeln entwickeln wir, entsprechend den Erwartungen und Bedürfnissen unserer Kundschaft, stetig weiter. Dadurch ermöglichen wir allen den Kauf von guten, gesunden und nachhaltigen Produkten.


Letzte Aktualisierung 22.02.2023

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