Self-Scanning und Self-Checkout

Selbst Kasse machen: Self-Scanning und Self-Checkout

Immer mehr Geschäfte im Lebensmitteleinzelhandel ermöglichen den Kundinnen und Kunden, ihre gekaufte Ware selbst zu kassieren. Auch die Corona-Pandemie hat zu dieser Entwicklung beigetragen, da durch diese Systeme Personenkontakte reduziert werden können. Wie sieht das im Bio-Handel aus?

In Deutschland werden sogenannte Self-Scanning und Self-Checkout-Systeme, also Selbstzahlungskassen, immer häufiger eingesetzt. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie und damit der Wunsch der Kundschaft, ohne weiteren Personenkontakt den Einkauf zu tätigen, hat zu der Entwicklung beigetragen. So sind Self-Service-Systeme neben mobilen Geräten mit Kassenfunktion derzeit eines der wichtigsten Themen am Point of Sale, so ein Ergebnis der EHI-Studie "POS Systeme 2022". In den Self-Service-Systemen sehen 57 Prozent der 44 befragten Handelsunternehmen Optimierungspotenzial. Das sind zehn Prozent mehr als in der Befragung von 2020. Zum Befragungszeitpunkt hatten 43 Prozent der Teilnehmenden bereits Self-Checkout-Systeme im Einsatz, 39 Prozent der befragten Teilnehmerinnen und Teilnehmer boten der Kundschaft das Self-Scanning über das eigene Smartphone an.

Im Wesentlichen wird bei Selbstbedienungskassen im Handel zwischen zwei Systemen unterschieden: Dem stationären Self-Checkout sowie dem mobilen Self-Scanning mit händlereigenen Handscannern oder mittels App auf dem Smartphone der Kundinnen und Kunden. Bei den stationären Systemen scannt die Kundin beziehungsweise der Kunde am Ende des Einkaufs jedes einzelne Produkt selbst und verpackt es danach. In der Regel erfolgt dabei zusätzlich eine Gewichtskontrolle der gescannten Produkte. Hierbei wird das Gewicht der gescannten Artikel mit den in einer Datenbank hinterlegten Soll-Größen als Sicherheitsmaßnahme verglichen. Meistens werden die stationären Systeme für kleinere Einkäufe benutzt. Zudem steht eine Kassenkraft mit Rat und Tat beim Scan- und Bezahlvorgang zur Seite.

Beim mobilen Self-Scanning scannt die Kundschaft die Artikel während des Einkaufs mittels eines Handscanners beziehungsweise mit dem eigenen Smartphone oder aber per Einkaufswagen mit Scanner. Am Ende des Einkaufs werden alle Daten in das Kassensystem übernommen, und die Bezahlung kann erfolgen. Diese Methode eignet sich auch für größere Einkäufe. Allerdings muss sich die Kundin beziehungsweise der Kunde vorab registrieren, zum Beispiel mit einer Kundenkarte. Zur Diebstahlprävention führen alle Anbieter von Self-Scanning-Lösungen Algorithmus gesteuerte Stichproben durch. Zudem muss der Kassenbereich mit Kameras ausgestattet sein.

Unterscheidungsmerkmale von SCO-Systemen

Die Entscheidung für ein stationäres oder ein mobiles System beim Checkout erfolgt auf individueller Basis und bezieht einige Faktoren wie die Größe des Warenkorbs, die Durchschnittsumsätze oder die Kundenstrukturen des jeweiligen Marktes mit ein. Zu berücksichtigen sind zudem die baulichen Gegebenheiten, zum Beispiel der Platz im Kassenbereich. Einen Überblick hierzu liefert das EHI-Whitepaper "Self-Checkout-Systeme aus Händlersicht":

Self-Checkout-Systeme aus Händlersicht

Einkauf im Bio-Markt ganz ohne Kasse möglich

Seit August 2022 können Kundinnen und Kunden in Hamburg Eppendorf lokale und biologisch erzeugte Lebensmittel bei HOODY, dem ersten autonomen Bio-Markt Deutschlands einkaufen. Ermöglicht wird dabei ein Einkaufen ganz ohne Kassenvorgang rund um die Uhr. Zutritt zum Markt verschafft die HOODY-App, bei der sich die Kundinnen und Kunden zuvor registrieren und ihre Kontodaten hinterlegen. An einem Lesegerät am Eingang des Marktes wird ein QR-Code gescannt, der den Marktzutritt gewährt. Mittels Kamera- und Sensortechnologie werden die Einkäufe anschließend erfasst und nach dem Verlassen des Marktes vom hinterlegten Zahlungsmittel abgebucht. Unter anderem sind die Regale mit Waagen ausgestattet, so dass automatisch erkannt wird, wenn ein Produkt aus dem Regal entnommen wird. Nach dem Einkauf erscheint ein digitaler Kassenbon in der App. Ganz ohne Personal funktioniert das Konzept nicht. Denn nicht nur zum Verräumen der Ware wird Personal benötigt, sondern auch für Rückfragen zur App oder zum Sortiment.

teo ermöglicht Nahversorgung in ländlichen Regionen

Auch tegut setzt seit November 2020 bei seinen teo-Minifilialen auf ein ähnliches Konzept und verzichtet auf Bedien- und Kassenpersonal. Zutritt zu den Märkten verschafft die tegut…teo App, über die ein QR-Code zum Einlass erzeugt wird oder die Girokarte der Kundin beziehungsweise des Kunden. Die eingekauften Waren werden anschließend per Smartphone direkt beim Einkauf oder an den SB-Kassen gescannt und bezahlt. So wird ein Einkaufen rund um die Uhr ermöglicht. Auf rund 50 Quadratmetern kann die Kundschaft mehr als 950 Artikel des täglichen Bedarfs einkaufen, darunter auch viele Produkte in Bio-Qualität.

Matthias Pusch, Leiter Unternehmenskommunikation bei tegut, zieht folgendes Zwischenfazit zu den Minifilialen: "Wir betreiben mittlerweile 27 teos in ländlichen Regionen und zentralen Hochfrequenzlagen, wie zum Beispiel Bahnhöfen. Die teos werden an sämtlichen Standorten von den Kundinnen und Kunden sehr gut angenommen. Weder die digitale Zutrittstechnologie noch der Einkauf per App oder EC- beziehungsweise Girocard stellt dabei eine Hürde da. Der teo wird von Menschen jeder Altersgruppe genutzt. In den ersten zwei Wochen einer Neueröffnung stehen grundsätzlich Promotoren am teo zur Verfügung, die bei Fragen zur Technik oder Handhabung beraten können. Der teo ist bei Gemeinden und Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern eine aktuell sehr gefragte Option zur Sicherstellung der Nahversorgung. Seit der Eröffnung des ersten teos im November 2020 haben uns über 600 Standortanfragen erreicht. Auch das zeigt, wie beliebt und nachgefragt dieses Vertriebskonzept ist."

Wie stehen Bio-Handelsunternehmen der Entwicklung gegenüber?

Die großen Bio-Handelsunternehmen stehen dem Einsatz von Self-Checkout-Kassen und der kompletten Digitalisierung des Einkauf- und Bezahlvorgangs skeptisch gegenüber. Der persönliche Austausch mit der Kundschaft im Vordergrund, wie die folgenden Statements verdeutlichen.

Luca Radau, Leitung Handel bei SuperBioMarkt AG: "Aktuell haben wir keine Self-Checkout-Kassen im Einsatz. Bei uns werden viele wertvolle Gespräche tatsächlich an der Kasse geführt. Zukünftig kann ich mir vorstellen, dass wir Self-Scanning oder Self-Checkout anbieten, um gerade an frequenzstarken Tagen mehr Zeit in persönliche Beratung investieren zu können. Autonome Lösungen sind spannend, allerdings nicht unser Fokus. Beratung und menschliche Nähe zeichnet uns aus, beziehungsweise dafür sind wir mehrfach ausgezeichnet und wollen damit auch den Wert unseres einhundertprozentigen SuperBio-Ansatzes unterstreichen."

Joseph Nossol, Geschäftsführer Denns BioMarkt: "In unseren Denns BioMärkten setzen wir aktuell keine Selbstbedienungskassen ein. Wir legen großen Wert auf den persönlichen Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden und eine angenehme Einkaufsatmosphäre. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen über den eigentlichen Bezahlvorgang hinaus beispielsweise beim Einsatz von Kunden- und Rabattkarten oder bei Alternativ-Verpackungen wie eigenen Mehrwegbehältern. Anonymes Self-Scanning hat wenig mit dem entspannten Einkauf zu tun, wie wir ihn uns vorstellen. Selbst hochtechnisierte Self-Scanning-Kassen beschleunigen zudem nicht unbedingt den Bezahlvorgang, weil die Abläufe mitunter sehr komplex sind. Wir sind überzeugt, dass Selbstbedienungskassen die Beratung und den individuellen Kontakt mit unserer Kundschaft nicht ersetzen können."

Stefanie Neumann, Pressesprecherin von Alnatura: "Wir prüfen kontinuierlich, ob und mit welchen neuen Tools wir den Einkauf in den Alnatura Märkten für unsere Kundinnen und Kunden verbessern können. Ein genauer Zeitpunkt für eine eventuelle Einführung von Self-Scanning ist noch offen."

Ohne Personal geht es nicht

Ganz ohne Personal kommen auch Self-Checkout-Systeme nicht aus – sollen sie auch gar nicht. Zum einen übernimmt das Kassenpersonal Hilfestellung, zum anderen ist bei einigen Artikeln wie Alkohol und Tabak eine gesetzliche Alterskontrolle vorgeschrieben. Letztendlich sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Kasse auch zu Kontrollzwecken erforderlich. Ziel der Self-Checkout-Systeme ist es, Wartezeiten an der Kasse zu Spitzenzeiten verkürzen, oder im Falle von Self-Scanning ein Umpacken an der Kasse zu vermeiden und damit den Einkauf bequem zu gestalten. Die Systeme sollten einfach und intuitiv zu bedienen sein und verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anbieten. Wichtig ist zudem, dass Artikel ohne Strichcodierung wie Obst und Gemüse, Brot und Backwaren sowie Getränkegebinde erfasst werden können, ebenso wie reduzierte Artikel, Pfandbons oder Coupons.

Marktanteil ist noch gering, bietet aber Potenzial

Wie aus der Markterhebung 2021 des EHI Retail Institute hervorgeht, bieten mehr als 2.300 Ladengeschäfte ihrer Kundschaft inzwischen die Möglichkeit an, den Scan- und Bezahlvorgang selbst in die Hand zu nehmen. So können in insgesamt 1.687 Geschäften stationäre Self-Checkout-Systeme genutzt werden und in 983 Geschäften mobiles Self-Scanning. Damit ist die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte mit Möglichkeiten zum Selbstkassieren gegenüber den Vorjahren deutlich gestiegen.

Beim Blick auf die einzelnen Branchen, die Self-Checkout-Kassen (SCO-Kassen) in Betrieb haben, ist der Lebensmitteleinzelhandel mit einem Anteil von 58 Prozent eindeutig Vorreiter.


Letzte Aktualisierung 09.02.2023

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