PIWI-Rebsorten

PIWI-Rebsorten: Eine nachhaltige Lösung für die Herausforderungen im Weinbau

PIWI-Rebsorten wie Souvignier Gris, Cabernet Blanc oder Cabernet Cortis stehen für eine neue Generation im Weinbau. Sie sind resistenter gegen Pilzkrankheiten und überzeugen auch geschmacklich. Ihr Potenzial für nachhaltigen, hochwertigen Wein wächst – in deutschen Weinbergen und im Glas.

Viele der hierzulande im Weinbau verwendeten traditionellen Weinrebensorten sind sehr anfällig für Pilzkrankheiten. Besonders in regenreichen Jahren können sich feuchtigkeitsliebende Pilze schnell ausbreiten und die Ernte gefährden.

Aus diesen Grund werden im Weinbau Jahr für Jahr große Mengen an chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln eingesetzt. Auch im Öko-Weinbau sind regelmäßige Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich. Meist werden dafür Kupferpräparate verwendet. Das Problem mit Kupfer ist, dass es sich im Boden anreichern und dort Mikroorganismen schädigen kann.

Zwar konnten die verwendeten Kupfermengen in den letzten Jahren vielerorts deutlich reduziert werden. Dennoch bleibt Kupfer für Bio-Winzerinnen und -Winzer nach wie vor ein unverzichtbares Mittel.

Eine vielversprechende Lösung für dieses Dilemma sind Pilzwiderstandsfähige Rebsorten – kurz PIWI genannt.

Was sind PIWI-Reben?

Durch Kreuzungen europäischer Edelreben (Vitis vinifera) mit pilzwiderstandsfähigen Wildreben hat man Sorten züchten können, die mit deutlich weniger Pflanzenschutz auskommen, gleichzeitig aber in gewünschter Weise Ertrag und Qualität liefern.

PIWIs zeichnen sich vor allem durch eine hohe Widerstandskraft gegenüber den im Weinbau bedeutenden Pilzkrankheiten Echter und Falscher Mehltau aus. Außerdem ist ihre Anfälligkeit für Grauschimmel häufig deutlich geringer.

Meist müssen auch PIWI-Reben gespritzt werden, allerdings deutlich weniger: Verschiedene Studien belegen, dass bei PIWI-Reben der Behandlungsaufwand um bis zu 75 Prozent niedriger liegt als der von klassischen Rebsorten. Wie oft tatsächlich gespritzt werden muss, hängt aber auch bei PIWI-Reben letztlich von der Witterung, vom Standort und von der Sorte ab.

Seit wann gibt es PIWI-Reben?

Pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PIWI), die man früher als "Hybriden" bezeichnet hat, wurden bereits im 19. Jahrhundert entwickelt, um die europäischen Rebsorten widerstandsfähiger gegen Bedrohungen wie Reblaus und Mehltau zu machen. Trotz ihrer funktionierenden Resistenz wurden sie aufgrund von Qualitätsbedenken in vielen Weinbauregionen Europas jedoch verboten. Diese Verbote hielten über Jahrzehnte an und wurden erst in den 1990er-Jahren schrittweise wieder aufgehoben. Seitdem erleben PIWI-Sorten eine Renaissance, weil sie im Weinbau eine nachhaltige Alternative für einen reduzierten Pflanzenschutzmitteleinsatz bieten.

Wie schützen sich PIWI-Reben vor Pilzkrankheiten?

PIWI-Reben haben verschiedene Abwehrmechanismen, um sich vor Pilzinfektionen zu schützen. So lassen sie zum Beispiel Blattzellen, auf denen Mehltausporen ausgekeimt sind, gezielt absterben, um zu verhindern, dass sich die Sporen weiter ausbreiten. Gegen Grauschimmel sind sie durch ihre lockere Traubenstruktur und die kleineren Einzelfrüchte gut gewappnet. Dies ermöglicht ein schnelleres Abtrocknen nach Regenfällen, wodurch sich die Pilzsporen nur schwer festsetzen können. Zudem sorgt die feste Beerenhaut vieler PIWI-Sorten als eine wirksame mechanische Barriere.

Die Vorteile von PIWI-Rebsorten

Studien, die im Rahmen des Projekts VITIFIT durchgeführt wurden, zeigen, dass sich durch die Verwendung von PIWI-Reben für die Praxis zahlreiche Vorteile ergeben:

  • Reduktion von Pflanzenschutzeinsätzen: PIWIs benötigen im Vergleich zu klassischen Rebsorten deutlich weniger Spritzungen. Für den Öko-Weinbau gilt im Schnitt: 2 bis 4 statt 8 bis 12 Pflanzenschutzmaßnahmen pro Jahr.
  • Reduktion der Ausbringungsmenge: Untersuchungen auf ökologischen Praxisbetrieben zeigen, dass der Kupferverbrauch durch PIWI-Reben um mehr als 50 Prozent reduziert werden konnte.
  • Einsparung von Arbeitszeit und Kosten: Weniger Spritzungen bedeuten weniger Arbeitsaufwand und geringere Ausgaben für Pflanzenschutzmittel und Diesel.
  • Umweltschonung und Klimaschutz: Durch die geringe Anzahl an Überfahrten werden auch die CO2-Emissionen gesenkt und die Bodenstruktur geschont.
  • Erhöhung der Biodiversität: PIWI-Weinberge haben nachweislich eine höhere biologische Vielfalt als Weinberge mit klassischen Weinreben.
  • Ertrags- und Resilienzvorteile: PIWI-Reben sind robuster gegen extreme Witterungsbedingungen und bieten somit eine höhere Ertragssicherheit.

Welche Bedeutung haben PIWI-Rebsorten in Deutschland?

Die Fläche, auf der PIWI-Rebsorten angebaut werden, nimmt von Jahr zu Jahr zu. Laut Deutschem Weininstitut wurden 2024 in Deutschland auf rund 3.500 Hektar PIWI-Rebsorten angebaut – und damit rund 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anteil an der gesamten Rebfläche Deutschlands liegt damit bei 3,5 Prozent.
Cabernet Blanc galt lange Zeit als der Favorit unter den weißen PIWI-Rebsorten. Laut Deutschem Weininstitut hat inzwischen jedoch Souvignier Gris die Spitzenposition übernommen. Er wird auf 596 Hektar in Deutschland angebaut.

Bei den roten PIWIs dominiert nach wie vor Regent. Wegen unzureichender Resistenzen nimmt das Interesse der Winzerinnen und Winzer an dieser Sorte seit Jahren jedoch ab. Zunehmendes Interesse im roten PIWI-Bereich finden Cabernet Cortis, Pinotin und Satin Noir. Letzterer ist wegen seines mediterranen Charakters beliebt.

Die Top 5 der PIWI-Rebsorten

 Rote PIWI-SortenAnbaufläche in HektarWeiße PIWI-SortenAnbaufläche in Hektar
1.Regent1.525Souvignier Gris596
2.Cabernet Cortis80Cabernet Blanc335
3.Pinotin53Solaris230
4.Satin Noir45*Muscaris166
5.Prior26Johanniter155

Quelle: Aktuelle Rebflächen-Statistik des Statistischen Bundesamtes, *Flächenangabe „Satin Noir“ ist ein Schätzwert des Deutschen Weininstituts

  • Weitere relevante rote PIWI-Sorten sind Cabertin, Monarch, Levitage, Rondo und Cabernet Cantor
  • Weitere relevante weiße PIWI-Sorten sind Sauvignac, Sauvitage, Phoenix, Calardis Blanc und Helios
  • Detailliertere Infos zu den derzeit eingesetzten PIWI-Sorten gibt es in der Übersicht von PIWI-International.org

Demobetriebe Ökolandbau: Weingut Rummel für Anbau von PIWIs ausgezeichnet

"Biologischer Weinbau in Verbindung mit PIWIs ist wegweisend für den Weinbau der Zukunft" lautet das Motto von Karl Rummel. Er belegte 2024 den ersten Platz als DLG Jungwinzer.

Zum Betriebsporträt des Weingut Rummel


Was gilt es beim Anbau und der Vermarktung von PIWI-Reben zu beachten?

Im Jahr 2024 führte die Hochschule Geisenheim gemeinsam mit der Zukunftsweine GmbH eine qualitative Befragung unter 24 Weingütern aus verschiedenen Regionen Deutschlands durch. Ziel war es, herauszufinden, mit welchen Herausforderungen Betriebe rechnen müssen, wenn sie sich für den Anbau neuer PIWI-Rebsorten entscheiden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Anbau und Ausbau dieser Sorten in der Praxis nur wenige Probleme bereitet – die größte Hürde beim Anbau ist meist die fehlende Erfahrung mit den neuen Rebsorten.

Die größte Herausforderung bleibt jedoch die Vermarktung. Die befragten Weingüter gaben an, dass es vor allem an passenden Handelsstrukturen fehle. Fast alle vertreiben ihre PIWI-Weine direkt an private Endkundinnen und -kunden, rund 40 Prozent sogar ausschließlich. Die Direktvermarktung gilt als der beste Absatzweg, da die erklärungsbedürftigen Sorten im persönlichen Gespräch am besten vermittelt werden können. Auch Fachhandel und Gastronomie kommen als Vertriebskanäle infrage, da hier ebenfalls direkte Verkaufsgespräche möglich sind – allerdings sehen viele Winzerinnen und Winzer dort noch zu wenig Risikobereitschaft. Der Lebensmitteleinzelhandel und der Großhandel spielen für den Absatz von PIWI-Weinen bisher kaum eine Rolle.

PIWIs noch weitgehend unbekannt

Ein zentrales Problem ist noch die mangelnde Bekanntheit von PIWI-Weinen. Um dem entgegenzuwirken, setzen Initiativen wie "Zukunftsweine" auf gezieltes Marketing, um PIWI-Weine als hochwertige, nachhaltige Alternative am Markt zu etablieren. Ein wichtiger Impuls kommt zudem von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), die mit dem neuen Wettbewerb "Pioneers of Wine" nachhaltige Züchtungsentwicklungen im Weinbau fördert.

Beim "Pioneers of Wine"-Wettbewerb wurden 2024 122 Weine aus 20 verschiedenen PIWI-Sorten verkostet – mit beeindruckendem Ergebnis: 92 Prozent der Weine erhielten eine Auszeichnung. Davon wurden 42 Prozent mit Gold, 36 Prozent mit Silber und 14 Prozent mit Bronze prämiert. Lediglich acht Prozent der eingereichten Weine wichen sensorisch deutlich vom Idealbild ab und erhielten keine Auszeichnung. Dies unterstreicht, dass PIWI-Weine auch qualitativ überzeugen.
Sortenwandel ist unumgänglich – ist aber eine Generationenfrage

Laut der Hochschule Geisenheim sieht die Weinbranche auf Angebots- wie Nachfrageseite ein gewisses Potenzial für die neuen Rebsorten. Die steigende Akzeptanz zeugt davon, dass diese Weine eine Zukunft haben.

Dieser Meinung ist auch Prof. Dr. Reinhard Töpfer, langjähriger Direktor des Instituts für Rebenzüchtung des Julius Kühn-Instituts. In einem Interview mit dem Internetportal Pflanzenforschung.de sagt er, dass Klimawandel und Nachhaltigkeit im deutschen Weinbau unweigerlich zum Sortenwandel führen werden. Man müsse diesen Prozess aber eher als evolutionären Schritt sehen und nicht als Revolution. Ein Wandel gehe nicht von heute auf morgen. Konsumentinnen und Konsumenten werden sich langsam daran gewöhnen und sich auf "Entdeckungsreise nach neue Sorten" machen müssen.

Text: Jörg Planer


Letzte Aktualisierung 09.04.2025

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