Bio in der Kita-Verpflegung richtig ausschreiben

Bio in der Kita-Verpflegung richtig ausschreiben: So geht München dabei vor

Bei der Vergabe von Verpflegungsleistungen in der Außer-Haus-Verpflegung entscheidet nicht allein der Preis, sondern auch bestimmte Qualitätskriterien. Umweltbezogene und soziale Aspekte spielen zunehmend eine Rolle. Wie kann das in der Praxis umgesetzt werden? Silke Schöngart-Mühlegg und Karoline Stojanov von der Fachberatung für Kitas der Stadt München berichten von ihren Erfahrungen.

Die Fachberatung betreut Ausschreibungen für rund 300 der insgesamt 450 städtischen Kitas. Entlang der fünf Schritte aus dem BioBitte-Infoblatt und der BioBitte-Präsentation zeigen die beiden Mitarbeiterinnen auf, was dabei zum Erfolg führte.

Schritt 1: Auftragsgegenstand definieren

"Schon 2007 beschloss der Münchener Stadtrat einen Bio-Anteil von 50 Prozent für die Verpflegung in den städtischen Kitas. Daher war es zunächst notwendig, eine Bestandsaufnahme der damaligen Situation durchzuführen. Das Ergebnis: Der Bio-Anteil in den städtischen Kindergärten und Horten, die keine Krippenkinder versorgen, lag gemessen am monetären Warenwert nur bei etwa zehn bis zwanzig Prozent.

Die Stadt München merkte, dass sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen beim Thema Bio mehr "abholen" und besser informieren muss. Deshalb startete sie mit der "Bio-Offensive" eine Aufklärungskampagne, um die zentrale Frage zu beantworten: Was will die Stadt München eigentlich und was hat es mit dem Bio-Anteil in auf sich?

Das war jedoch nicht die einzige Hürde, denn nun waren die Kitas gut informiert, konnten die Ware aber nicht beziehen. Historisch hatte sich das cook-and-freeze-Verpflegungskonzept in München bewährt. Ende der 2000er Jahre war der Bio-Anteil bei den Tiefkühl-Anbietern für die benötigten cook-and-freeze-Produkte noch sehr gering und es bestand kein Anlass, das Sortiment auszuweiten. Wir haben dann festgestellt, dass unsere Anforderungen von den Anbietern dank unserer Ausschreibung und dem damit nachgefragten Volumen auch umgesetzt werden können. Die Ausschreibung bewirkte, dass die Anbieter einen deutlich höheren Bio-Anteil in ihrem Sortiment generieren mussten. Dass es sich um eine Win-Win-Situation handelte, stellte sich schnell heraus. Die Kitas hatten nun eine große Auswahl an Bio-Lebensmitteln, die sie nicht erst aufwändig suchen mussten. Das größere Bio-Sortiment der Tiefkühl-Anbieter erleichterte es den Kitas dann natürlich auch mehr Bio einzusetzen. Mittlerweile sind deutlich mehr als die Hälfte der eingesetzten Lebensmittel in städtischen Kitas aus ökologischer Erzeugung. Die Anbieter wiederum waren fortan auch für kommende Ausschreibungen gut aufgestellt und stellten fest: Andere Städte ziehen nach."

Schritt 2: Auftragswert schätzen

"Inzwischen arbeiten wir bei den Ausschreibungen in einem multidisziplinären Team zusammen. Daran sind neben der Fachberatung für Kitas beteiligt: die Rechtsabteilung, die Vergabestelle und das Controlling der Stadt München sowie Vertreter des Städtischen Trägers und der Schulen. Die Controlling-Abteilung schätzt das ungefähre Auftragsvolumen anhand der bisherigen Abrechnungsdaten. In München ergibt sich auf diesem Wege ein Auftragswert, der den gesetzlichen Schwellenwert von 214.000 Euro vielfach übersteigt und damit eine EU-weite Ausschreibung erforderlich macht. So sind derzeit neben Unternehmen aus der Nähe von München und anderen deutschen Regionen auch solche aus Österreich mit der Kita-Verpflegung vor Ort beauftragt.

Außerdem erteilt die Stadt ihre Aufträge über einzelne Lose. Die Anzahl der Lose wurde in den bisherigen Vergabeverfahren immer wieder angepasst, um eine sinnvolle Aufteilung der Aufträge zu gewährleisten. Inzwischen versorgt jeder Losnehmer in München durchschnittlich 50 bis 60 Kitas."  

Schritt 3: Art der Leistung und des Vergabeverfahrens bestimmen

"München vergibt die Aufträge über Rahmenverträge. Dabei werden vor allem zubereitete und anschließend tiefgefrorene Menükomponenten ("cook and freeze") bestellt. Die Stadt gibt keinen Speiseplan vor, sondern fordert einzelne Komponenten. Die Kitas können aus diesen Komponenten ihren eigenen Speiseplan zusammenstellen und werden alle ein bis zwei Wochen beliefert."

Schritt 4: Mindestkriterien

"Mit dem Stadtratsbeschluss war es keine große Hürde, die Forderung nach einem Bio-Anteil von 50 Prozent über alle Warengruppen hinweg in die Ausschreibungen zu integrieren. Eine große Auswahl an Produkten in zertifizierter Bio-Qualität sind für die Anbieter zu einer wichtigen Voraussetzung geworden, um die Runden des Vergabeverfahrens erfolgreich zu durchlaufen. Ein weiteres Beispiel für ein Mindestkriterium ist der 4-Wochen-Speiseplan, der bestimmte Bio-Warengruppen enthalten muss. Die geforderte Auswahl orientiert sich an den Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Darüber hinaus fordern wir auch noch ein Grundsortiment mit einer bestimmten Menge an Artikeln in Bio-Qualität. Das Grundsortiment ist aufgeteilt nach Warengruppen, darunter Suppen, Eintöpfe, Saucen, vegetarische Gerichte, Fleischgerichte, Aufläufe. Dabei fordern wir auch einfach eine bestimmte Menge an Artikeln in Bio-Qualität ein.

Die Erfahrung der vergangenen Ausschreibungen zeigte uns, dass dabei eindeutige Formulierungen besonders wichtig sind. Je präziser die Ausschreibung formuliert ist, desto besser sind die abgegebenen Angebote und desto weniger Nachprüfungen werden im Einzelfall erforderlich. Teilweise können die Forderungen auch auf indirektem Wege berücksichtigt werden. So wird zum Beispiel ein hoher Anteil an Bio-Produkten bei den tierischen Lebensmitteln durch die Forderung nach gentechnikfreien Futtermitteln für Tiere begünstigt."

Schritt 5: Angebote bewerten und Zuschlag erteilen

"Bei der abschließenden Bewertung der Angebote stützen wir uns auf ein Punktesystem. Dadurch können wir Qualitätsaspekte berücksichtigen, die über die Mindestkriterien der Ausschreibung – etwa den Bio-Anteil – hinausgehen. Konkret belohnen wir durch zusätzliche Punkte den Einsatz von Verbandswaren, also von Lebensmitteln, die von Bio-Verbänden wie Naturland oder Demeter durch ein Siegel ausgezeichnet wurden. Zusätzliche Punkte vergeben wir zudem für Produkte mit einem Fair-Trade-Siegel. Diese Form der Bewertung ökologischer Kriterien eignet sich im Übrigen nicht nur für die Lebensmittel selbst, sondern auch für weitere ökologisch relevante Bereiche der Kita-Verpflegung wie Verpackung und Transport. Und das ist genau die Richtung, in die wir in Zukunft weitergehen wollen."

Letzte Aktualisierung 07.03.2022

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