BioBitte: Mehr Bio in Großküchen für Stadt und Landkreis Aschaffenburg.
63739 Aschaffenburg
Digitale Plattformen können dabei helfen, Angebote von lokalen Höfen und Verarbeitungsunternehmen besser mit der Nachfrage der Gemeinschaftsverpflegung zu vernetzen. Zwei Beispiele aus der Region Stuttgart und Leipzig zeigen die Potenziale solcher digitalen Lösungen. Nicht zuletzt können sie Mengen bündeln und die Logistik optimieren.
Wie empfindlich Lieferketten sein können, zeigen die aktuellen Krisen. Regionale Bio-Wertschöpfungsketten können einen Beitrag dazu leisten, unsere Ernährungssysteme resilienter zu machen. Die Nachfrage aus der AHV kann dabei wichtige Impulse liefern, um solche regionalen Wertschöpfungsverbünde aufzubauen und zu stärken. Doch die kleinteilige Vernetzung von Angebot und Nachfrage in einer Region erscheint erst einmal als eine große Hürde. Digitale Werkzeuge können dabei helfen, regionale Bio-Produkte besser sichtbar machen, Angebote und Nachfrage zu vernetzen und Logistik zu bündeln.
"Wir wollen die deutsche Lebensmittelwirtschaft nachhaltig verändern", postuliert das 2022 im Kontext der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen gegründete Start-up Unternehmen Lokora.
Mit seiner digitalen Plattform will es im Großraum Stuttgart Kantinen, Individualgastronomie und den regionalen Lebensmitteleinzelhandel direkt mit landwirtschaftlichen Betrieben vernetzen und damit Wertschöpfungsketten verkürzen. Dabei kümmert sich der Fullservice-Dienstleister nicht nur um das Matching von Angebot und Nachfrage sondern auch um den Vertrieb und die Logistik. "Wir beliefern regionale Gastronomien, Kantinen und Einkaufsläden mit frischen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Trockenwaren und Molkereiprodukten von ortsansässigen Landwirtschaftsbetrieben", so Co-Founder Finn Seidel. "Und zwar so, dass es für alle transparent, unkompliziert und wirklich ökologisch nachhaltig ist." Auch wenn die Regionalität im Fokus der Gründungsidee stand, so machen regionale Bio-Produkte inzwischen einen höheren Anteil aus als konventionell-regionale Lebensmittel. Die saisonalen Produkte kommen in der Regel aus maximal 30 bis 50 Kilometer Entfernung direkt von landwirtschaftlichen oder Gemüsebaubetrieben. Mit klimafreundlichen E-Transportern liefert Lokora die lokalen Frischeprodukte oder Trockenwaren schnell und pünktlich zur Kundschaft. Die Logistikplanung basiert auf einer hauseigenen Software. Mit seinem Fokus auf eine sehr kleinteilige und direkte regionale Vernetzung, dem Verzicht auf den Zwischenhandel sowie seinen regional aufgestellten Logistik- und Vertriebsdienstleistungen versucht sich das Start-up-Unternehmen auf dem Markt zu profilieren.
Das Projekt "Nachhaltige Entwicklung und Ernährungssouveränität: Wertschöpfung durch Gemeinwohl" (NEUE WEGE) hat sich zum Ziel gesetzt, für den Raum Leipzig bio-regionale Wertschöpfungsverbünde für die Gemeinschaftsverpflegung zu erschließen. Dabei verfolgen die Projektpartner aus Wissenschaft und Praxis einen innovativen Ansatz: Es geht nicht darum, nach dem Vorbild amerikanischer "regional food hubs" eine zentral gelegene, physische Einrichtungen zu erschaffen, die für einen bestimmten geografischen Umkreis von die Bündelung, Lagerung, Verarbeitung, Verteilung und Vermarktung von regionalen Erzeugnissen organisiert. Vielmehr soll mit dem hybriden Foodhub vor allem auf bestehenden Strukturen der Logistik und Vorverarbeitung aufgebaut werden. Regionale Bio-Produkte sollen besser sichtbar und verfügbar gemacht und neue Wege erschlossen werden, wie sie am Ende zu den Küchen kommen.
Projektpartner bei NEUE WEGE sind die Universität Kassel-Witzenhausen, die ANSTALT für Koch- und Lebensmittelkultur Leipzig ("Kochanstalt") und die Regionalwert Research gGmbH. Das Referat für Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz der Stadt Leipzig fungiert als Kooperationspartner. Das von 2023 bis 2026 laufende Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau.
Bislang mangelt es vor allem daran, dass bereits vorhandene Betriebe aus Landwirtschaft und Gartenbau nicht effektiv mit Großküchen in der Region logistisch verknüpft werden. Der hybride Foodhub bringt Stakeholder aus Stadtverwaltung und Gesellschaft, Unternehmen der regionalen Land- und Ernährungswirtschaft und Kantinen zusammen, bündelt Warenströme, fördert die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der Leipziger Region, vermittelt Wissen und trägt zum Kapazitätsaufbau bei. Durch eine enge Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig und dem Ernährungsrat Leipzig soll eine Multi-Akteur-Allianz gebildet werden, die mit vereinten Kräften Nachhaltigkeit, Gesundheit und Gemeinwohlleistungen im Ernährungssystem voranbringt.
Auf einem digitalen Marktplatz können sich landwirtschaftliche Betriebe aus einem Umkreis von rund 80 Kilometern um Leipzig präsentieren und ihre großküchengeeigneten Produkte präsentieren und anbieten. Die auf einer digitalen Pinnwand angebotenen Produkte lassen sich – wenn gewünscht – über bereits bestehende Dienstleister bündeln, bei Bedarf vorverarbeiten und über die vorhandenen Wege an die Küchen ausliefern. Vor allem saisonale Produkte, gegebenenfalls auch kurzfristige Ernteschwemmen können so gezielt angeboten werden.
Das Projekt will nicht nur eine neue Form eines klassischen Foodhubs entwickeln, sondern auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette auch ein Umdenken bewirken.
Dr. Lilliana Stefanovic, Universität Kassel (Projektleiterin)
Der "Frische Kalender Leipzig" zeigt, was in welchen Zeiträumen in relevanten Mengen für Großküchen in der Region Leipzig verfügbar ist. Darüber hinaus gibt er Tipps zur Menüplanung und informiert darüber, auf welchen Transportwegen die Produkte in die Küchen gelangen können.
So soll der Saisonkalender Küchenverantwortlichen dabei helfen, verfügbare Bio-Produkte aus der Region besser in ihre Menüplanung zu integrieren. Das Produzentenradar zeigt in Listen und auf einer Karte in Netz, welche speziell für die Gemeinschaftsverpflegung geeignete Betriebe der Produktion, Vorverarbeitung, Bündelung und Logistik es in der Region bereits gibt.
Neue Produkte werden vom Praxispartner Kochanstalt mit Großküchenblick auf Eignung geprüft und können dann kostenfrei aufgenommen werden.
Der Aufbau eines Prototyps für einen hybriden Foodhub soll 2025 von Testwochen mit Aktionsgerichten begleitet werden, an denen fünf Projekt-Partnerküchen aus der Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen. In der Menüplanung werden Regionalität, Umwelt-, Gesundheits- und Nachhaltigkeitsaspekte anhand eines Frische-Warenkorbs mit regionalen Bio-Produkten und eines offenen Menüansatzes berücksichtigt. Die Resonanz bei den Tischgästen soll durch Umfragen und Menü-Feedbacks erhoben werden. Mittelfristig könnte die Koordination des Foodhubs in Kooperation mit der Kochanstalt weitergeführt und in die Ernährungsstrategie der Stadt Leipzig integriert werden.
Text: Andreas Greiner
Letzte Aktualisierung 08.04.2025