Stark torfreduzierte Substrate für die Öko-Topfkräuterproduktion

Stark torfreduzierte Substrate für die Öko-Topfkräuterproduktion

Im Projekt TerÖko werden erste Erfahrungen gesammelt, wie sich die Verwendung von stark torfreduzierten Substraten in der Praxis des ökologischen Topfkräuteranbaus umsetzen lässt. Oekolandbau.de sprach mit Projektkoordinatorin Andrea Frankenberg von der Bioland Beratung GmbH über das Projekt und erste Erkenntnisse.

Viele ökologische Topfkräuterbetriebe zeigen großes Interesse daran, den Torfanteil in ihren Substraten deutlich zu reduzieren. Im BÖL-geförderten Projekt "Torfreduzierte und torffreie Substrate für den Ökologischen Kräuterbetrieb – Erprobung, Optimierung und Wissenstransfer" (TerÖko) wird daher auf Praxis- und Versuchsbetrieben untersucht, wie der ökologische Topfkräuteranbau in torfreduzierten und torffreien Substraten hinsichtlich Bewässerung, Nährstoffmanagement und Pflanzenschutz optimiert werden kann.

Oekolandbau.de: Frau Frankenberg, welche Torfersatzstoffe kommen für Bio-Topfkräuter generell infrage?

Andrea Frankenberg: Bei torfreduzierten Substraten für die ökologische Topfkräuterproduktion bilden derzeit Grüngutkompost, Rindenhumus, Holzfasern sowie Kokos die Hauptkomponenten. Perlite, Ton und Bims werden teilweise, je nach Kulturen und Jahreszeit, als mineralische Bestandteile beigefügt. Kokos ist bislang noch in den meisten torffreien Substraten beigemischt, weil dieser ähnlich gute Eigenschaften wie Torf hat. Viele Öko-Betriebe sehen aber den Einsatz von Kokos kritisch, da dieser nicht regional gewonnen werden kann.

Eine Alternative mit gleichguten Eigenschaften wie Torf ist Sphagnum, ein Torfmoos, das auch hierzulande in Paludikultur erzeugt werden kann. Auch Miscanthus und Hanffaser können in geringeren Mengen ins Substrat gemischt werden. Diese Substratbestandteile sind bislang allerdings nicht in ausreichender Menge verfügbar. Insgesamt haben wir den Fokus im Projekt TerÖko auf Grüngutkompost gelegt. Sowohl in den Versuchen werden Substratmischungen mit einem hohen Anteil an Kompost untersucht als auch in der weiteren Betrachtung hinsichtlich Qualitätskriterien und Verfügbarkeit.

Oekolandbau.de: Warum Kompost?

Andrea Frankenberg: Schon heute enthält fast jedes Substrat im Bio-Anbau 10 bis 20 Prozent Kompost. Hochwertiger Kompost sorgt für eine gesunde Pflanzenentwicklung und eine Belebung des Substrats. Er bringt eine Grunddüngung im Bereich der Makronährstoffe mit, allen voran Phosphor und Kalium, kann aber auch bei den Mikronährstoffen punkten. Da er regional verfügbar ist, bietet Kompost somit beste Voraussetzungen als Substratausgangsstoff für den Öko-Topfkräuteranbau. Das Problem ist jedoch, dass insbesondere Premiumkomposte, die sich für den Öko-Landbau eignen, aktuell nur eingeschränkt verfügbar sind. Hinzu kommt, dass die Komposte teils starken Schwankungen unterliegen. Hier müssen die Verfahren in der Kompostherstellung deutlich verbessert werden, damit insgesamt mehr Anbausicherheit besteht und mehr Kompost ins Substrat gemischt werden kann. Wichtig ist es auch, geeignete Kriterien zur Qualitätssicherung dieser Premiumkomposte für den Bio-Bereich zu erarbeiten.

Oekolandbau.de: Welche Substratmischungen wurden im Projekt untersucht?

Andrea Frankenberg: In den TerÖko-Versuchen wurden Substratmischungen mit einem Kompostanteil von 40 bis 70 Prozent verwendet. Zum Einsatz kamen verschiedene Premium-Grüngutkomposte aus holzreichem Rohmaterial mit einer Reifezeit von 6 bis 12 Monaten. Zum Kompostanteil wurden stets 30 Prozent Holzfasern gemischt und die Substratmischung dann schließlich, abhängig vom Kompostanteil, mit bis zu 30 Prozent Torf aufgefüllt. Die Varianten mit 70 Prozent Kompostanteil waren immer torffrei.

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Oekolandbau.de: Welche Ergebnisse bietet das Projekt bisher?

Andrea Frankenberg: Die Qualitäten, die bei Basilikum, Petersilie und Minze in Substraten mit ausgereiften Komposten in höheren Anteilen produziert wurden, konnten überzeugen. Das zeigen neun Versuche an zwei Versuchsstandorten. In den Substraten mit Anteilen von 40 bis 50 Prozent Kompost konnten vergleichbare Qualitäten erzielt werden wie mit Praxis- und Kontrollsubstraten mit 15 Prozent Kompostanteil. Hinsichtlich Pflanzenhöhe zeigten sich die Kräuter der Varianten mit Kompostanteilen von 60 bis 70 Prozent meist kompakter als die in der Kontrolle. Der Frischmasseertrag fiel demzufolge aber auch geringer aus. Die Durchwurzelung war bei allen Varianten gut und zeigte sich entsprechend der oberirdischen Frischmasse – das heißt, bei stärkerem Aufwuchs war auch das Wurzelbild besser. Alle getesteten Varianten konnten zudem optisch überzeugen.

Noch mehr Infos zum Projekt finden Sie auf der Webseite der Fördergemeinschaft ökologischer Zier- und Gartenpflanzen (föga e.V.). Ergebnisse aus den Versuchen sind auf der Webseite des Portals hortigate nachzulesen.

Oekolandbau.de: Bei welchen Topfkräuter-Kulturen ist eine Umstellung einfacher, bei welchen weniger?

Andrea Frankenberg: Insgesamt sind Säkulturen von Küchenkräutern wie Petersilie und Basilikum empfindlicher, da die Keimbedingungen hier optimal sein müssen und die Kulturen in kurzer Zeit mit optimaler Qualität produziert werden. Niedrige Salzgehalte im Substrat sind für solche Kulturen vor allem zur Keimung zu bevorzugen. Holzige Grüngutkomposte bringen eine geringere Salzfracht mit sich als krautige Grüngutkomposte. Vegetativ vermehrte Gartenkräuter, wie Minze, sind in der Regel weniger empfindlich, sodass eine Umstellung auf eine torffreie Produktion hier einfacher ist.

Oekolandbau.de: Was muss bei der Verwendung torfreduzierter Substrate beachtet werden?

Andrea Frankenberg: Die größten anbautechnischen Herausforderungen bei einem höheren Torfersatzanteil liegen in der Düngung, Bewässerung und im Pflanzenschutz. Die Erfahrungen auf den Praxisbetrieben haben gezeigt, dass vor allem höhere Holzfaseranteile im Substrat, aber auch nicht ausreichend reife Grüngutkomposte zu einer erhöhten Stickstofffixierungen führen. In diesen Fällen ist eine höhere Grunddüngung nötig, außerdem muss mehr Stickstoff nachgedüngt werden. Eine zu hohe Grundbevorratungsmenge im Substrat führte aber in manchen Praxisbetrieben zu erhöhten Problemen mit Trauermücken, die es dann zu bewältigen galt.

Neben der Düngung muss auch die Bewässerung an die veränderte Substratmischung angepasst werden. Gegebenenfalls muss zur Keimung auch von oben bewässert werden, da stärker torfreduzierte und torffreie Substrate – vor allem solche mit viel Holzfaser – schneller austrocknen. Generell müssen die Bewässerungsintervalle an das veränderte Substrat angepasst werden.

Oekolandbau.de: Mit welchen Mehrkosten ist bei der Umstellung auf torfreduzierte und torffreie Kultursubstrate zu rechnen?

Andrea Frankenberg: In der Regel sind torffreie oder torfreduzierte Substrate teurer als solche mit Torf. Zusätzliche Kosten können aber auch aufgrund von Kulturzeitverlängerungen entstehen, zu denen es durch den Einsatz alternativer Substrate kommt. Diese machen sich insbesondere im Winter über erhöhte Heizkosten bemerkbar. Höhere Kosten werden zudem durch die Düngung verursacht. Beispielsweise dann, wenn durch die Holzfaserbestandteile Stickstoff gebunden wird und dieser Verlust über die Kulturzeit ausgeglichen werden muss. Wenn die Qualität der eingesetzten Ausgangsstoffe in torffreien Erden nicht stimmt, kann auch ein Kulturrisiko nicht ausgeschlossen werden, das zu Ausfällen führt.

Bei der Vermarktung über den Lebensmitteleinzelhandel ist dieses Thema bisher noch nicht angekommen und es wird bislang auch keine Werbung dafür gemacht. Somit erhalten torfreduziert oder torffrei produzierende Betriebe über diesen Vermarktungsweg noch keine höheren Preise. Die meisten Betriebe vermarkten deswegen bislang entweder selbst oder über ausgewählte Gartencenter, wo sie besser auf das Thema aufmerksam machen können. Dort werden die höheren Preise von den Verbraucherinnen und Verbrauchern meist gut angenommen.

Wo finden Öko-Betriebe Beratung zu torfreduzierten und torffreien Substraten?

Beratung für die Umstellung auf torfreduzierte oder torffreie Substrate gibt es unter anderem bei den ökologischen Anbauverbänden, Landwirtschaftskammern sowie einigen freien Öko-Beraterinnen und -Beratern. Eine spezielle betriebsindividuelle Begleitung zur Torfreduktion und weitreichende Fachinfos werden über das Projekt FiniTo angeboten. Das Projekt richtet sich nicht nur an Topfkräuterbetriebe, sondern an alle Gartenbausparten.



Letzte Aktualisierung 22.07.2024

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