Torfreduzierung: Stimmen aus dem Demo-Netzwerk

Torfreduzierung: Stimmen aus dem Demo-Netzwerk

Im Öko-Gartenbau ist Torf nach wie vor der beliebteste Ausgangsstoff für Substrate. Wir haben einige Betriebe aus dem Demo-Netzwerk nach Ihren Erfahrungen mit torfreien und torfreduzierten Substraten im ökologischen Gartenbau gefragt und stellen Ihre Tipps und die Hindernisse auf dem Weg zu einem klimaangepassten Gartenbau vor.

Auch wenn der Torfabbau in Deutschland laut Industrieverband Garten e.V. (IVG) seit einigen Jahren insgesamt rückläufig ist, bleibt die Nutzung von Torf für die Substratherstellung hoch. Der Torf wird heutzutage vor allem aus dem Baltikum importiert. Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, den Torfanteil in Kultursubstraten zu verringern und auf lange Sicht durch Alternativen komplett zu ersetzen. Hintergrund ist, dass entwässerte Moorböden viel CO2 freisetzen und deshalb zurück in die nasse Nutzung überführt beziehungsweise extensiviert und wiedervernässt werden sollen.

Wir haben Gartenbaubetriebe im Netzwerk der Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau gefragt, was sie von den Zielen der Bundesregierung halten und wie ihre bisherigen Erfahrungen mit Torfersatzstoffen aussehen. Die Meinung der Gärtnerinnen und Gärtner gehen auseinander, was den kompletten Verzicht auf Torf in naher Zukunft angeht, da der Einsatz von Alternativen wie Holzfasern, Grüngutkompost, Kokos und Rindenhumus in der Praxis noch nicht ausgereift ist. Allerdings sind sich die meisten darüber einig, dass der Schutz von Moorgebieten, eine Reduzierung der Torfanteile und die Förderung wirksamer und nachhaltiger Alternativen für einen klimaangepassten Gartenbau enorm wichtig sind.



Torffrei oder Torfreduziert?

Während einige Betriebe wie die Wildpflanzengärtnerei Strickler, die Rosenschule Ruf und die Staudengärtnerei Gaißmayer bereits Erfahrungen mit torffreien Substraten haben, äußern andere Bio-Gärtnerinnen und -Gärtner wie Klaus Umbach von der Umbach Bioland Gärtnerei Bedenken: "Wir haben unsere Versuche mit torffreier Erde abgebrochen. Das bringt Stress für die Pflanze, Stress in der Produktion, Stress in der Lieferkette/Vermarktung und Stress bei den Kundinnen und Kunden. Das verdirbt die Freude an der Pflanze." Die Umbach Bioland Gärtnerei arbeitet allerdings seit Jahren erfolgreich mit torfreduzierten Substraten, die 25 bis 30 Prozent Torfanteil besitzen.

Max Liebrich von der Bio-Gärtnerei Watzkendorf merkt an, dass die Pläne des Klimaschutzprogramms 2030 zwar begrüßenswert seien, die aktuellen Torfalternativen allerdings zu schlecht entwickelt. "Wir testen regelmäßig weiter torfreduzierte Alternativen, die aber bisher durchweg bei wichtigen Parametern wie Pressbarkeit, Nährstoffdynamik, Wasserhaltefähigkeit oder Luftführung deutlich schlechtere Eigenschaften aufwiesen", erklärt Liebrich. Auch Eike Frahm von der Hofgemeinschaft Grummersort sieht die Umstellung auf torffreie Substrate nicht in naher Zukunft. Die Hofgemeinschaft verbraucht aktuell drei Paletten Erde mit 70 Prozent Torfanteil pro Saison. Die Jungpflanzen werden teilweise vorgezogen eingekauft.

Die Wildpflanzengärtnerei Strickler hingegen bezieht ihre torffreien Erden von Ökohum und hat mit Biouniversalerde/Staudensubstrat, Gehölzerde in eigener Zusammenstellung, Anzuchtsubtrat und Moorbeeterde gute Erfahrungen gemacht. Auch die Staudengärtnerei Gaißmayer setzt seit 2019 auf eine Sondermischung von Ökohum für Stauden im Freiland und unter Folie. Die Rosenschule Ruf verwendet seit diesem Jahr für Gemüsejungpflanzen in neun Zentimeter-Töpfen ein torffreies Substrat. Für Rosen in Containern von drei und vier Litern setzt die Rosenschule ein Substrat mit 50 Prozent Torf ein und hat außerdem einen Versuch mit einem Substrat gestartet, das nur noch 30 Prozent Torf beinhaltet.

Christian und Eva-Maria Herb von der Biogärtnerei Christian Herb betonen, dass eine Reduzierung des Torfanteils – anders als ein kompletter Verzicht auf Torf – sehr gut funktionieren kann. Die Biogärtnerei verwendet eigene Mischungen mit Kompost und hat so ihren Torfverbrauch auf circa 10 Prozent in der Gesamtgärtnerei reduziert.

Erfahrungen mit torfreduzierten Substraten: Anbau und Ertrag

Kai Himstedt von der Gärtnerei Röllingsen empfiehlt die Anzucht von Jungpflanzen in QuickPot-Platten. QuickPots sind Anzuchtplatten, die aus sehr dicker und wiederstandfähiger Polystyrolfolie gefertigt werden. Sie zeichnen sich durch die zentrierten, großen Bodenlöcherund einehohe UV-Beständigkeit aus. 2024 hat die Gärtnerei Röllingsen zudem auf Erden von Kleeschulte in Rüthen umgestellt und experimentiert mit den drei für den Öko-Landbau zugelassenen Substraten:

  • Für die QuickPots wurde das torffreie Bio-Anzuchtsubstrat und das torffreie Bio-Kräutersubstrat verwendet. Beides gemischt mit dem betriebseigenen Kompost zu je 50 Prozent habe gut funktioniert.
  • Die Topfkulturen der Gärtnerei Röllingsen werden in diesem Jahr komplett torffrei mit einem Bio-Topfsubstrat, ebenfalls mit 50 Prozent eigenem Kompost, versorgt und zusätzlich nach einem betriebseigenen Rezept aufgedüngt. Auch dies will Himstedt in der nächsten Saison so weiterführen.

Von guten Erfahrungen mit torffreien Substraten kann ebenfalls die Wildpflanzengärtnerei Strickler berichten. "Wir arbeiten schon seit circa 30 Jahren torffrei und haben nach anfänglichen Schwierigkeiten (versalzener Kompost im Substrat, dieser war nicht von Ökohum) sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Kulturen wachsen gut und bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern wachsen sie besser an als Torfsubstrate, da diese schlecht wiederbenetzbar sind, wenn sie austrocknen", erzählt Friedhelm Strickler.

Laut Daniel Pfeiffer von der Staudengärtnerei Gaißmayer sind Anbau und Ertrag beim Einsatz torffreier Erden vergleichbar mit einem Substrat, das 30 Prozent Torfanteil aufweist. Mit diesem habe die Staudengärtnerei vor 2019 gearbeitet. Auch Manuel Ruf von der Rosenschule Ruf sieht vergleichbare Erträge in torffreien Erden, wenn etwas früher nachgedüngt wird. Christian Herb beurteilt den Anbau und Ertrag in torfreduzierten Substraten unterschiedlich: "Starkzehrende Gemüse- und Kräuterkulturen gehen sehr gut, schwachzehrende Kräuter und Blumen sind schwieriger und brauchen noch Erfahrungen."

Dass ein Verzicht auf Torf vor allem in der Jungpflanzenanzucht schwierig ist, betont Max Liebrich: "Der Standard in unserer Jungpflanzenanzucht ist ein Presstopfsubstrat mit 70 Prozent Schwarztorf und 30 Prozent Torfersatz aus Kompost und aufbereiteten Holzfasern. Diese Mischung entstand aus einem vor Jahren geschlossenen Kompromiss in der Bio-Branche, speziell den Verbänden, den Torf-Anteil zu reduzieren." Aktuell testet die Bio-Gärtnerei Watzkendorf ein vielversprechendes Substrat mit Torfmoosen, das nur noch 35 Prozent Torfanteil aufweist.

Vielversprechende Torfalternativen

Als bedeutendsten Torfersatzstoffe für den Einsatz im Profi-Gartenbau werden von den Demo-Betrieben häufig Holzfasern, Grüngutkompost, Kokos und Rindenhumus genannt. Christian Herb nennt zudem Miscanthus, welches die Biogärtnerei Christian Herb in einer Mischung mit Kompost, Holzfasern und Kokos in verschiedenen Verhältnissen einsetzt.

Klaus Umbach und Friedhelm Strickler betonen beide, dass Torf in Zukunft wahrscheinlich nicht von einem einzelnen Produkt ersetzt werden wird, sondern von einem ausgewogenen Mix verschiedener Komponenten, abgestimmt auf den Verwendungszweck und die Pflanzenansprüche. Neben Holzfasern könnte laut Klaus Umbach auch Holzschaum zu diesem Mix beitragen. Friedhelm Strickler nennt zusätzlich industriellen Tonbruch aus der Ziegelsteinproduktion.

Für Rosen, die eine lange Kulturdauer besitzen und hohe Ansprüche an die Substratstruktur stellen, muss ein torffreies Substrat laut Manuel Ruf einen hohen Kokosfaseranteil aufweisen. "Kokosfaser sehe ich jedoch nicht als sinnvolle Alternative zu Torf, aufgrund der weiten Transportwege und Umweltprobleme bei der Herstellung sowie Aufbereitung", fügt Ruf hinzu.

Über die Nachhaltigkeit von Torfalternativen denkt auch Max Liebrich nach: "Ich bin der Überzeugung, dass torffreie Substrate nur ein Teilziel sein können, wenn im Baltikum (dem Hauptlieferanten für Schwarztorf) seit dem Ukraine-Krieg in großem Stil Torf in Heizkraftwerken verbrannt wird." Ihn stört an der Diskussion vor allem, dass die Nutzung von Moorflächen für die Torfgewinnung überproportional im Fokus steht, obwohl sie nur einen kleinen Teil ausmacht, während ein Großteil der landwirtschaftlich bewirtschafteten Moorflächen für Ackerland genutzt werden.

Doch auch Liebrich sieht Hoffnungsschimmer in der Suche nach Torfalternativen beziehungsweise Möglichkeiten, den Torfanteil von Substraten im ökologischen Gartenbau zu reduzieren. Einerseits seien da funktionierende torfreduzierte Substrate in der Beerenobstanzucht mit circa 50 Prozent Torf. Andererseits ließe sich der Torfanteil auch durch die Verringerung des Volumens der Anzuchtsysteme senken. Die Bio-Gärtnerei Watzkendorf konnte so in den letzten zwei Jahren ihren Torfeinsatz um 16 Prozent reduzieren. Auch die Weiterentwicklung bestehender Anzuchtsysteme und -maschinen, mit dem Ziel der Torfreduktion, ist laut Liebrich vielversprechend.

Wo bekomme ich torffreie und torfreduzierte Erden für den Öko-Gartenbau?


Sie vertreiben torffreie/torfreduzierte Substrate beziehungsweise kennen ein Unternehmen? Dann schicken Sie uns eine E-Mail und wir nehmen Ihren Betrieb in unsere Liste auf.


Letzte Aktualisierung 25.07.2024

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