Wie wirtschaftlich ist der Anbau von Bio-Kartoffeln?

Wie wirtschaftlich ist der Anbau von Bio-Kartoffeln?

Für viele landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland, ob konventionell oder ökologisch, zählt die Kartoffel zu den Cash Crops, also zu denjenigen Kulturen, welche einen wichtigen Beitrag zum Einkommen der Betriebe leisten. Nachdem wir uns bereits einen Überblick über den deutschen Bio-Kartoffelmarkt verschafft haben, betrachten wir nun die Wirtschaftlichkeit von fünf ausgewählten Bio-Kartoffel-Betrieben. Dabei wird sich zeigen, dass die Betriebe im Jahr 2023 mit verschiedenen Betriebskonzepten das Kartoffelanbaujahr mit recht unterschiedlichen Ergebnissen abgeschlossen haben. Was sind mögliche Kostentreiber? Wo liegen Hemmnisse und Erfolgspotenziale im Bio-Kartoffelanbau? Wir haben es uns angeschaut!

Bio-Kartoffel-Anbaufläche und Marktanteil wächst

Die Bio-Kartoffel konnte sich in den vergangenen Jahren, entgegen dem langjährigen Trend bei der konventionellen Kartoffel sowohl hinsichtlich des Umsatz- und Flächenvolumens als auch des Marktanteils weiter steigern. 2022 lag der Anteil der ökologisch erzeugten Kartoffeln bereits bei 4,8 Prozent am Gesamtmarkt für Kartoffeln und einem Gesamtumsatz von 133 Millionen Euro (Vgl. BÖLW, 2023).

Passt der Bio-Kartoffelanbau in mein Betriebskonzept?

Als humuszehrende Frucht muss die Kartoffel in einer gut gestalteten Fruchtfolge in das ackerbauliche Gesamtkonzept integriert werden. Aufgrund der hohen Ansprüche hinsichtlich Bewässerung, Pflanzenschutz und Lagerung sowie Vermarktung passt die Bio-Kartoffel nicht in jedes Betriebskonzept. Da zudem der deutsche Absatzmarkt derzeit weitestgehend gesättigt ist, sollte einer Neuaufnahme der Bio-Kartoffel in die betriebseigene Fruchtfolge (neben einer Betriebs- und Standortanalyse) unbedingt auch eine sorgsame Marktanalyse bzw. eine eingehende Beratung vorausgehen.

Strukturen der befragten Öko-Betriebe

Für diesen Beitrag haben wir mehrere Betriebe, verteilt über das gesamte Bundesgebiet, hinsichtlich der Kosten und Leistungen ihres Bio-Kartoffelanbaus befragt. Daten, die nicht erhoben werden konnten, wurden der Agrarstatistik 2023 entnommen.

Die befragten Betriebe wirtschaften auf Betriebsflächen zwischen 90 und 750 Hektar. Die Kartoffel-Anbauflächen variieren dabei zwischen 10 und 30 Hektar und liegen zumeist weniger als fünf Kilometer von den Betriebsstellen entfernt. Während die Bodenpunkte von 25 bis 90 Punkten reichen, kommen standort- und konzeptabhängig die unterschiedlichsten Bewässerungssysteme zum Einsatz. Von Tröpfchenbewässerung über Beregnungskanonen bis zum bewässerungsfreien Anbau sind die verschiedensten Systeme vertreten.

Wirtschaftlichkeit des Bio-Kartoffelanbaus durch Berechnung der DAL

Im Rahmen dieser Untersuchung haben wir uns auf die direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung (DAL) als ökonomische Kennzahl fokussiert. Hierdurch lässt sich ein vergleichbarer ökonomischer Wert ermitteln, welcher einen Überblick über die Wirtschaftlichkeit von Produktionsverfahren liefert. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das ökonomische Betriebsergebnis stark von den jeweiligen Standortbedingungen abhängig ist und von Jahr zu Jahr deutlich schwanken kann.

Der Vorteil der DAL als ökonomische Kennzahl liegt darin, dass die gesamten Arbeitserledigungskosten inklusive der Kosten für festangestellte Arbeitskräfte in den Kosten für das Anbauverfahren berücksichtigt werden und so die Effekte der Auslastung der relevanten Arbeitsmittel wesentlich besser erfasst werden (vgl. auch Schroers und Krön 2019).

Berechnung der direkt- und arbeitserledigungskostenfreien Leistung (DAL)

Leistung (Ertrag x Erzeugerpreis)

= direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung (DAL)

Lohnt sich der Anbau von Bio-Kartoffeln?

Die Berechnung der direkt- und arbeitserledigungsfreien Leistung hat für das Wirtschaftsjahr 2023 für die fünf befragten Betriebe ein vielfältiges Bild ergeben. Es zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Betrieben hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des Bio-Kartoffelanbaus, ausgedrückt über die DAL in Euro je Hektar.

So erreicht Betrieb A einen Spitzenwert von nahezu 16.000 Euro pro Hektar. Betrieb B kommt vergleichsweise im selben Jahr lediglich auf 2.000 Euro je Hektar für die Produktion von Bio-Kartoffeln. Dieser Betrieb berichtete auch von einer extremen Missernte, verursacht durch Befall mit der Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans) aufgrund der hohen Feuchtigkeit in dem Jahr. Aus aktuellen Daten für das Jahr 2024 lässt sich aber ablesen, dass sich die Wirtschaftlichkeit des Kartoffelanbaus dieses Betriebes wieder verbessert hat und mit ca. 8.600 Euro pro Hektar deutlich höher liegt.

Auch Betrieb E konnte eine DAL deutlich über der 10.000 Euro Marke erzielen, wohingegen die Betriebe C und D bei 4.000 Euro bzw. 6.000 Euro je Hektar geblieben sind (siehe Abbildung 1).

Suche nach Einflussgrößen im Bio-Kartoffelanbau

Auf der Suche nach den Einflussgrößen, die auf die Betriebe im Bio-Kartoffelanbau einwirken können, hat sich gezeigt, dass nicht alleine der Erzeugerpreis ausschlaggebend ist. Denn trotz deutlichem Vorsprung hinsichtlich der DAL, weist Betrieb A nicht den höchsten Erzeugerpreis auf. Hier liegt Betrieb E deutlich vorne. Auch Betrieb D erzielt einen Erzeugerpreis für Bio-Kartoffeln, welcher auf dem Niveau von Betrieb A liegt. Für die Betriebe B und C liegen die Erzeugerpreise auf dem niedrigsten Niveau.

Neben dem Erzeugerpreis kommt es natürlich auch auf eine gute Ernte an. Auch hier unterlagen die befragten Betriebe erheblichen Schwankungen, sowohl beim Rohertrag als auch beim Nettoertrag. Der Nettoertrag beschreibt dabei den Ertrag nach Aussortierung der minderwertigen Kartoffeln. So konnte Betrieb A etwa einen mehr als doppelt so hohen Rohertrag erzielen wie Betrieb B, was sich entsprechend auch im Nettoertrag widerspiegelte. Die Betriebe C und D konnten derweil den höchsten Nettoertrag erzielen, wohingegen Betrieb E hier deutliche Verluste zu verzeichnen hatte.

Die Ursachen für die erheblichen Unterschiede sind vielfältig. Hohe Aussortierungsraten aufgrund der hohen Qualitätsansprüche beim Großhandel oder den sogenannten Bündlern (Betriebe, die als Schnittstelle zwischen den Anbaubetrieben und Vermarktern agieren), sowie ungünstige klimatische Bedingungen können zu entscheidenden Faktoren für gute/sichere Erträge im Bio-Kartoffelanbau werden.

Diversifizierung der Bio-Kartoffel-Vermarktung

Die Betriebe vermarkten ihre Bio-Kartoffeln auf unterschiedlichen Wegen. Wie die folgende Tabelle zeigt, vertreibt Betrieb A über zwei verschiedene Absatzkanäle und übergibt 69 Prozent seines Nettoertrags als bereits sortierte und vermarktungsfähige Ware an den Großhandel. Die restliche Ernte geht zu einem deutlich niedrigeren Preis, jedoch unsortiert zu einem Bündler. Dieser zieht schließlich den nicht vermarktbaren Teil der Bio-Kartoffeln vom Erzeugerpreis ab.

Betrieb B geht derweil ausschließlich den Weg über den Bündler, während auch Betrieb C auf mehrere Absatzkanäle setzt. Hier wird zu zwei Drittel direkt vermarktet, wodurch die niedrigeren Erzeugerpreise der Genossenschaft etwas kompensiert werden können. Betrieb D hingegen geht ausschließlich über den Großhandel, während Betrieb E die gesamte Ernte über die Direktvermarktung absetzt.

VermarktungBetrieb ABetrieb BBetrieb CBetrieb DBetrieb E
Großhandel / Genossenschaft69 % 33 %100 % 
Bündler31 %100 %   
Direktvermarktung  67 % 100 %

Kostenübersicht im Bio-Kartoffelanbau

Betrachtet man die Gesamtkosten im Bio-Kartoffelanbau der fünf befragten Betriebe im Vergleich, so zeigen sich deutliche Unterschiede der jeweiligen Kostenfaktoren. Betrieb C liegt bei den Gesamtkosten deutlich vor den anderen Betrieben, was insbesondere auf die hohen Arbeitserledigungskosten zurückzuführen ist.

Im Bereich der Direktkosten zählt hier vor allen Dingen das Pflanzgut zu den großen Kostenpunkten. Hier gibt es zwischen den Betrieben deutliche Unterschiede. Betriebe, die wie bspw. Betrieb C, vermehrt auf eigenen Nachbau setzen, können hier Kosten senken.

Die Betriebe B und C fallen zudem im Bereich der sonstigen Kosten etwas aus dem Rahmen, was in erster Linie auf die hohen Kosten für Fremdlagerung der Bio-Kartoffeln zurückzuführen ist.

Große Unterschiede bei den Arbeitserledigungskosten

Mit Blick auf die Arbeitserledigungskosten (AEK) ergibt sich ebenfalls ein sehr unterschiedliches Bild zwischen den fünf befragten Betrieben. DIE AEK setzen sich sowohl aus den Lohnkosten als auch aus den Maschinenkosten (inkl. Diesel) im Bio-Kartoffelanbau zusammen. So fallen zum Beispiel die Arbeitserledigungskosten fürs Roden (siehe Abbildung 4) bei den Betrieben A, C und E um ein Vielfaches höher aus als bei den Betrieben B und D.

Im Bereich Bodenbearbeitung hingegen liegen die Kosten für alle Betriebe eng beieinander. Betrieb C zeigt zudem eine ungünstige Kostensituation im Bereich der unter anderem für das Sortieren der Bio-Kartoffeln in Anspruch genommenen Dienstleistungen.

Kosten für die Vermarktung wurden von den Betrieben B und C genannt. Insbesondere bei Betrieb B liegt hier ein erheblicher Kostenfaktor vor, welcher vor allen Dingen auf die hohen Transportkosten für die Lieferung zum Bündler zurückzuführen ist.

Ökonomische Potenziale im Bio-Kartoffelanbau

Es zeigt sich, dass der Bio-Kartoffelanbau einer Vielzahl von Einflussfaktoren unterliegt, welche in unserer exemplarischen Betrachtung von Betrieb zu Betrieb erhebliche Unterschiede aufweisen. Neben einer ertragreichen Ernte und hohen Nettoausbeute, sind die erzielten Erzeugerpreise entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg. Erzeugerpreise sind abhängig von der Vermarktung und der Qualität der Ernte. Hier liegt für einige Betriebe noch ein Potenzial zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit ihres Bio-Kartoffelanbaus.

Gute Erzeugerpreise können derweil nicht nur Betriebe, die auf eine ausgeprägte Direktvermarktung vertrauen, erzielen. Betrieb A beispielsweise erzielt durch eine partnerschaftliche Beziehung zum Großhandel auch ohne Direktvermarktung einen hohen Erzeugerpreis. Hier liegt also eine weitere mögliche Stellschraube für Öko-Betriebe ihre Wirtschaftlichkeit im Bio-Kartoffelanbau zu erhöhen.

Auch im Bereich der Kosten, insbesonders der Arbeitserledigungskosten, zeigt sich Optimierungspotenzial in unserem Betriebsvergleich. Betrieb C könnte zum Beispiel überprüfen, ob sich hinsichtlich der in Anspruch genommenen Dienstleistungen für das Sortieren der Bio-Kartoffeln dauerhaft günstigere Alternativen finden ließen.

Es zeigt sich aber auch, dass der vermehrte Einsatz von Pflanzenschutz (siehe Betrieb B) gegen Schaderreger von Vorteil hätte gewesen sein können, während bei Betrieb A im Bereich des Rodens durch Einsatz eines Lohnunternehmers möglicherweise hätten Kosten eingespart werden können. Ebenso zeigte sich, dass insbesondere Fremdlager für Betriebe mit hohen Kosten einhergehen, weshalb sich Investitionen in ein eigenes Lager für betroffene Betriebe in diesem Bereich durchaus lohnen und Kosten auf Dauer kompensieren könnten.

Die Auseinandersetzung mit den eigenen "Zahlen" (wie zum Beispiel Kosten, Erträge und Erzeugerpreise) im Bio-Betrieb führt in jedem Fall zu einem besseren Verständnis der Kosten- und Leistungsstruktur und somit zu einer fundierten Einschätzung der Wirtschaftlichkeit des Bio-Kartoffelanbaus des eigenen Betriebes. Darauf aufbauend können Optimierungspotenziale für den eigenen Bio-Betrieb offengelegt und entsprechende Maßnahmen vorgenommen werden, die die Wirtschaftlichkeit erhöhen.

Autoren: Nikolai Scharsich (HNEE) und Dr. Isabella Karpinski (JKI)


Letzte Aktualisierung 19.02.2025

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