Fairpachten – Für mehr Naturschutz auf Pachtflächen

Fairpachten – Für mehr Naturschutz auf landwirtschaftlichen Pachtflächen

Die biologische Vielfalt unserer Agrarlandschaften ist in einem kritischen Zustand und die bisherigen Anstrengungen, etwas daran zu ändern, sind bei weitem nicht ausreichend. Das Projekt Fairpachten des NABU will hier Abhilfe schaffen. Hier werden all diejenigen beraten, die landwirtschaftliche Flächen verpachten und sich dabei mehr Natur wünschen.

Die biologische Vielfalt unserer Agrarlandschaften ist in einem kritischen Zustand. Tagtäglich gehen zahlreiche für unser Ökosystem wichtige Wildpflanzen, Wildtiere und Biotope für immer verloren.

Diese dramatische Entwicklung zeigt, dass die bisherigen Anstrengungen, etwas daran zu ändern, nicht ausreichend sind. Noch zu wenige Landwirtschaftsbetriebe engagieren sich beispielsweise im Bereich der Agrarumweltmaßnahmen. Es müsste zudem dringend mehr Land ökologisch bewirtschaftet werden. Von dem geplanten Ziel der Bundesregierung – 30 Prozent Öko-Fläche bis 2030 – sind wir noch weit entfernt. Ein massiver Rückschlag ist zudem, dass die verpflichtende Bereitstellung von nicht-produktiven Landschaftselementen und Flächen zur Verbesserung der Biodiversität, wie sie im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik 2023 bis 2027 vorgesehen war, bis zum Ende der Förderperiode ausgesetzt ist.

Neue Wege bestreiten – mit Fairpachten

Dass auch Ansätze abseits der agrarpolitischen Ebene mehr Naturschutz bewirken können, zeigt das Projekt Fairpachten, das 2018 von der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe ins Leben gerufen wurde. Fairpachten ist ein kostenloses Beratungsangebot für alle, die landwirtschaftliche Flächen verpachten und sich mehr Natur wünschen.

Laut Karoline Brandt von Fairpachten, gibt es in Deutschland viele Verpächterinnen und Verpächter, die dem Naturschutz bei der Verpachtung ihrer Flächen gerne den Vorzug geben würden – noch vor hohen Pachteinnahmen. "Viele dieser Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer – darunter Kirchen, Kommunen und Privatleute – wissen allerdings zu wenig darüber, wie solche Maßnahmen passend für die Fläche identifiziert und dann konkret im Pachtvertrag vereinbart werden können", so Brandt.

Diese Lücke schließt das Angebot von Fairpachten. Im persönlichen Gespräch identifizieren Fachberaterinnen und -berater geeignete Naturschutzmaßnahmen und erläutern, was deren Umsetzung in der Praxis bedeutet. Sie stellen darüber hinaus einen Musterpachtvertrag zur Verfügung und weisen darauf hin, wenn für geeignete Naturschutzmaßnahmen Fördermöglichkeiten bestehen. Fairpachten beteiligt sich jedoch nicht an den Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien.

Kurz gefasst

Kirchenland bietet großes Potenzial für mehr Naturschutz

Sehr intensiv arbeitet Fairpachten unter anderem mit den Kirchen zusammen. Laut einem Dossier des Instituts für Welternährung besitzen die katholische und evangelische Kirche in Deutschland zusammen rund 500.000 Hektar Acker, Grünland und Wald. Das entspricht etwa drei Prozent der hierzulande genutzten Landwirtschaftsfläche. Den allergrößten Teil des Landes verpachten die Kirchen an Landwirtinnen und Landwirte, deren Familien das Land häufig schon seit Generationen bewirtschaften.

Die "Bewahrung der Schöpfung" ist in der katholischen wie evangelischen Kirche ein wichtiges Thema. Daher wird der Naturschutz zunehmend relevanter auch im Umgang mit kircheneigenen Flächen. Bislang gab es aber nur wenig konkrete Ansätze, die theologisch begründeten Einsichten in die Tat umzusetzen. Ausgelaufene Pachtverträge werden von den Kirchengemeinden auch gegenwärtig meist automatisch verlängert. Naturschutzfachliche Kriterien sind in den Pachtverträgen nicht oder nur in Ansätzen vorhanden. Ein Blick in die Pachtregeln verschiedener evangelischer Landeskirchen zeigt, dass hier bislang nur ein Minimalkonsens besteht: So ist auf Kirchenland meist nur der Einsatz von Gentechnik und Klärschlamm verboten. Darüber hinaus fordern die Kirchen lediglich, dass die Regeln der guten fachlichen Praxis sowie die gesetzlichen Vorschriften des Naturschutzes eingehalten werden.

Neue Kriterien für die Verpachtung von Kirchenland

Das soll sich nach Meinung der Kirche jetzt ändern. So hat die Evangelische Kirche in Westfalen (EKiW) 2019 eine Handreichung "Kriterien für die Verpachtung von Kirchenland" herausgegeben. In dieser wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "ökologische und konventionelle Betriebe, die nachhaltig wirtschaften, Vorrang haben sollen". In der Broschüre werden zudem ökologische Kriterien genannt, die bei der Pachtvergabe berücksichtigt werden sollen. Für eine konkrete naturschutzfachliche Beratung und die Umsetzung in den Pachtverträgen kooperiert die EKiW mit der Initiative Fairpachten.

Mehr Ökolandbau auf der Kirchenfläche in Berlin-Brandenburg

Die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg (EKBO) geht noch einen Schritt weiter. Sie strebt an, dass bis 2025 etwa 25 Prozent und bis 2050 rund 50 Prozent der neuverpachteten kircheneigenen Flächen ökologisch bewirtschaftet werden. Ebenso sollen Blühstreifen und Lärchenfenster künftig in die Pachtverträge aufgenommen werden. Wie die Evangelische Kirche in Westfalen arbeitet auch die EKBO mit Fairpachten zusammen.

Katholische Kirche zieht nach

Neben den genannten Kirchenvereinigungen in Westfalen und Berlin-Brandenburg, steht das Thema "Mehr Naturschutz auf Pachtflächen" auch bei zahlreichen anderen evangelischen Landeskirchen auf der Tagesordnung. Und auch die katholische Kirche ist auf dem Weg zu mehr ökologischen Kriterien bei der Pachtvergabe. Die Handreichung "Artenreiche Landwirtschaft auf Kirchengrund", der Fakultät für Katholische Theologie zeigt das Bemühen der katholischen Kirche um nachhaltige und artenreiche Landwirtschaft. Umgesetzt und erprobt werden die Öko-Kriterien derzeit in 20 Klöstern und kirchlichen Einrichtungen, die sich in der Arbeitsgemeinschaft "Ökologie auf Kirchengrund" zusammengeschlossen haben.

Die Deutsche Bischofskonferenz veröffentliche 2018 die Stellungnahme "Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag. Handlungsempfehlungen zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung für die deutschen (Erz-)Diözesen". Darin wird als eine der Handlungsempfehlungen die nachhaltige Bewirtschaftung von Kirchenland gefordert. Bei der Verpachtung soll die Gestaltung der Pachtverträge eine nachhaltige, einschließlich ökologische Landwirtschaft fördern.

Auch auf kommunaler Ebene bewegt sich was

Auch manche Städte und Gemeinden reagieren bereits auf die Forderungen der Gesellschaft. Einige bewirtschaften die kommunalen Grünflächen ohne Pestizide. Andere gehen noch ein Stück weiter und vereinbaren auch in ihren Pachtverträgen mit Landwirtinnen und Landwirten den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel oder ordnen andere umweltschonenden Maßnahmen wie die Anlage von Blühstreifen an. Auch hier berät das Projekt Fairpachten des NABU inzwischen eine Vielzahl von Kommunen in Deutschland. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Harsewinkel in Nordrhein-Westfalen, wo konkrete Maßnahmen bereits umgesetzt wurden. Dort hat der Stadtrat beschlossen, dass auf den landwirtschaftlichen Pachtflächen der Stadt zukünftig keine Pestizide mehr eingesetzt werden dürfen.

Ein anderes Beispiel ist die Stadt Soest, die in ihren Pachtverträgen neben einem Glyphosatverzicht und einer mehrgliedrigen Fruchtfolge auch einen zehn Meter breiten, mehrjährigen Blühstreifen fordert. In Mettingen (NRW) können sich die Pachtenden aus einer Auswahl an geeigneten Maßnahmen aussuchen, was sie umsetzen wollen: Zum Beispiel mehrjährige Blühstreifen oder Wieseninseln.

Druck von Bürgerseite erhöhen

Die meisten Gemeinden sind sich ihrer Verantwortung in diesem Punkt allerdings noch nicht bewusst. Hier kann es helfen, wenn von Bürgerseite nachgeholfen wird, wie das Beispiel Greifswald zeigt. Dort hat es das zivilgesellschaftliche Bündnis "Unser Land schafft Wandel" geschafft, ökologische und soziale Kriterien für die Vergabe von öffentlichem Pachtland durchzusetzen.

Erfahren Sie mehr zum Greifswalder Bündnis in diesem Artikel auf oekolandbau.de.


Letzte Aktualisierung 03.09.2024

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