Gentechnisch veränderte Organismen

Gentechnisch veränderte Organismen: Rechtliche Anforderungen und Praxistipps für die Bio-Verarbeitung

Die EU-Öko-Verordnung untersagt den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und daraus hergestellten Erzeugnissen in der Produktion und Verarbeitung von ökologischen Lebensmitteln. Für verarbeitende Unternehmen besteht die Herausforderung, die Einhaltung dieser Vorgaben nachzuweisen – vor allem, da die EU-Öko-Verordnung keine standardisierte Vorlage für GVO-Erklärungen mehr bereitstellt.

Die EU-Öko-Verordnung 2018/848 gibt in Artikel 11 vor: Die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und deren Derivaten ist in allen Stufen der Produktion, Verarbeitung und Herstellung von Bio-Produkten strikt verboten. Für die Verarbeitung von Bio-Produkten bedeutet dies, dass keine Zutaten, Verarbeitungshilfsstoffe, Aromen oder sonstige Zusatzstoffe verwendet werden dürfen, die GVO enthalten, aus GVO hergestellt oder durch GVO erzeugt wurden, und dies muss durch geeignete Kontrollmaßnahmen und Dokumente nachgewiesen werden.

Bei zusammengesetzten Produkten (Formulierungen) muss jede Komponente (Zutat, Trägerstoff, Formulierungshilfsstoff, etc.) den Anforderungen nach Freiheit von GVO und aus und durch GVO hergestellten Erzeugnissen genügen. Wenn beispielsweise Nährmedien ein Bestandteil eines zusammengesetzten Produktes sind, müssen alle Komponenten ebenfalls berücksichtigt sein. Dies gilt zum Beispiel bei Flüssigkulturen, welche im Nährmedium verkauft werden.

Das bedeutet, dass alle Zusatzstoffe, Enzyme, aber auch Futtermittelzutaten, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden, grundsätzlich verboten sind. Die Durchführungsbestimmungen listen die erlaubten konventionellen Betriebsmittel, Zutaten und technischen Hilfsstoffe auf.

Nach der EU-Öko-Verordnung (Artikel 5f iii) ist die Verwendung von Tierarzneimitteln (beispielsweise Impfstoffe) ausdrücklich vom Verbot von GVO und von aus oder durch GVO hergestellten Erzeugnissen in Bio-Produkten ausgenommen.

Die Verordnung verweist zugleich auf die EU-Kennzeichnungsverordnung (EU) Nr.1829/2003, die für die konventionelle ebenso wie für die Bio-Produktion gültig ist. Diese Verordnung schreibt vor, dass alle GVO oder aus GVO hergestellten Lebensmittel und Futtermittel als solche zu kennzeichnen sind. Grundsätzlich nicht berücksichtigt werden zufällige oder technisch-unvermeidbare GVO-Beimischungen bis maximal 0,9 %. Wenn Unternehmen GVO-Anteile unterhalb des Schwellenwertes von 0,9 % nicht kennzeichnen, müssen sie allerdings nachweisen, dass sie geeignete Schritte unternommen haben, um das Vorhandensein derartiger Materialien zu vermeiden.

Beispiel: Wo liegt der Unterschied zwischen konventionellen und Bio-Lebensmitteln ohne GVO?

Bei konventionellen Produkten mit dem Vermerk "enthält keine Gentechnik" dürfen keine GVO als Zutaten verwendet werden, jedoch können Verarbeitungshilfsstoffe oder technische Hilfsmittel, die durch GVO hergestellt wurden (z. B. Enzyme oder Vitamine), erlaubt sein, sofern diese im Endprodukt nicht nachweisbar sind. Bio-Produkte gehen darüber hinaus, da nicht nur GVO als Zutaten, sondern auch deren Derivate oder Verarbeitungshilfsstoffe in allen Produktions- und Verarbeitungsschritten vollständig verboten sind, selbst wenn sie im Endprodukt nicht nachweisbar wären.

Beispiel Zitronensäure: Zitronensäure wird häufig mit Hilfe von Mikroben hergestellt, deren Genom mit Methoden der Gentechnik verändert wurde. In der Zitronensäure sind diese Mikroben nicht enthalten, sie enthält somit auch kein GVO. Nach klassischem Lebensmittelrecht muss die Zitronensäure daher nicht mit einem Hinweis auf GVO versehen werden. Bio geht über diese "enthält kein GVO"-Erklärung hinaus: Wenn die Zitronensäure mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroben hergestellt wurde, darf sie in einem Bioprodukt nicht verwendet werden.

GVO-Erklärung: Worauf müssen Bio-Unternehmen achten?

Bio-Unternehmen sind verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und in ihrem Vorsorgekonzept zu dokumentieren, um eine Kontamination mit GVO zu verhindern. Dies umfasst die sorgfältige Auswahl von Zutaten und die Sicherstellung, dass keine GVO oder mithilfe von GVO hergestellte Produkte verwendet werden.

Zwei Aspekte sind wichtig:

  • Nachweisführung: Obwohl die neue EU-Öko-Verordnung keine spezifische, einheitliche Vorlage für GVO-Erklärungen mehr bereitstellt, bleibt die Verpflichtung bestehen, die Einhaltung des erweiterten GVO-Verbots zu dokumentieren. Unternehmen sollten daher eigene Verfahren entwickeln, um die Einhaltung des erweiterten GVO-Verbots der Bio-Produkte nachzuweisen. Erfolgen kann das z.B. durch mit Lieferantenerklärungen, dass die gelieferten Zutaten kein GVO enthalten oder mit Hilfe von GVO hergestellt wurden. Durch Tests kann überprüft werden, ob GVO enthalten ist, nicht jedoch, ob das Erzeugnis mithilfe von GVO hergestellt wurde.
  • Rückverfolgbarkeit der Zutaten: Verarbeitende Unternehmen müssen sicherstellen, dass jede Zutat bis zu ihrem Ursprung nachvollziehbar ist. 

Was gehört in die GVO-Erklärung von einem Bio-Verarbeitungsunternehmen?

Die üblichen GVO-Erklärungen hinsichtlich der Kennzeichnungspflichten für Lebens- oder Futtermittel reichen für Bio-Erzeugnisse nicht aus, da sie den Aspekt der Herstellung mit Hilfe von GVO nicht berücksichtigen. Auch Erzeugnisse, die keine Lebens- oder Futtermittel sind, dürfen in der ökologischen Produktion nicht eingesetzt werden, beispielsweise Mikroorganismen zur Aktivierung des Bodenlebens.

Eine aussagekräftige GVO-Erklärung sollte mindestens folgende Informationen enthalten:

  • Produktdetails: Name der Zutat oder des Hilfsstoffs, Chargennummer, Herstellungsdetails.
  • Lieferantennachweis: Schriftliche Bestätigung durch den Lieferanten, dass weder GVO noch durch oder aus GVO hergestellte Produkte verwendet wurden.
  • Herstellungsverfahren: Angaben, ob der Herstellungsprozess potenziell GVO-relevante Schritte umfasst.
  • Dokumente zur Rückverfolgbarkeit

Mustertext für eine GVO-Erklärung in der Verarbeitung von Bio-Produkten

Tipp: Auch wenn die neue EU-Bio-Verordnung kein Muster für die GVO Erklärung vorgibt, ist es ratsam, sich an der Erklärung aus der alten Verordnung zu orientieren.

Hier ein Bespiel als PDF-Dokument

Praxistipps für Bio-Verarbeitungsunternehmen bei der GVO-frei Kontrolle

Zusammenfassend müssen verarbeitende Unternehmen, die ökologische Produkte herstellen, trotz des Fehlens einer standardisierten GVO-Erklärung in der Verordnung weiterhin nachweisen, dass ihre Produkte dem erweiterten GVO-Verbot entsprechen. Dies erfordert eine sorgfältige Dokumentation und ein Vorsorgekonzept, das die Rückverfolgbarkeit aller Zutaten und eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten voraussetzt, um die Einhaltung der strengen Vorgaben der EU-Öko-Verordnung sicherzustellen.

Text: Dr. Ines Hensler, Walter Faßbender / Ecocert


Letzte Aktualisierung 29.01.2025

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