Die Verwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln ist in der ökologischen Landwirtschaft verboten. Trotzdem kommt es in Bio-Produkten immer wieder zu Rückstandsfunden nicht zugelassener Stoffe. Wie gehen Bio-Verarbeitungsunternehmen mit einem positiven Analysebefund um? Die Herausforderung liegt in der richtigen Einordnung und Rückverfolgbarkeit.
Wer in Deutschland Bio-Lebensmittel erzeugt und vermarktet, muss sich an die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung halten und sich entsprechend kontrollieren und zertifizieren lassen. Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln ist in der landwirtschaftlichen Produktion von Bio-Lebensmitteln verboten.
Um ein sicheres Lebensmittel auf den Markt zu bringen, werden Verarbeitungsunternehmen regelmäßig kontrolliert. Die produzierten Lebensmittel werden dabei auf verschiedene Stoffe geprüft, die der Rückstandshöchstgehalte-Verordnung (EG) Nr. 396/2005 sowie der Kontaminanten-Verordnung (EU) 2023/915 unterliegen. In beiden Verordnungen sind Höchstgehalte geregelt, von denen abhängig ist, ob das Produkt in den Verkehr gebracht werden darf oder nicht – unabhängig ob es ein Bio-Produkt ist oder nicht.
Bei der Herstellung von Bio-Lebensmitteln dürfen nur die Pflanzenschutzmittel oder Zusatzstoffe verwendet werden, die in der Bio-Verordnung (EU) 2018/848 in Verbindung mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1165 gelistet sind. Werden bei einer Kontrolle andere, nicht zugelassene Stoffe gefunden, kann der Bio-Status aberkannt werden.
Es gibt allerdings keine Grenz- oder Orientierungswerte für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Bio-Produkten. Die EU-Bio-Verordnung regelt jedoch, wie mit dem Vorhandensein unzulässiger Stoffe umgegangen werden muss.
Die Unterscheidung ist in der Praxis jedoch nicht so einfach, denn manche Substanzen sind von vornherein nicht automatisch einer der beiden Kategorien zuordenbar. Dies können sogenannte "Multiple-Source Substanzen" sein. Bei ihnen kann es unterschiedliche Gründe geben, weshalb sie in einem Lebensmittel vorhanden sind.
Beispiel für eine "Multiple Source"-Substanz: Chlorat
Das Vorhandensein von Chlorat kann sich als ein Verstoß gegen die Bio-Verordnung herausstellen, wenn das seit 2008 nicht mehr zugelassene Herbizid verbotenerweise angewandt wurde.
Ebenfalls kann ein Chloratbefund durch eine nach Bio-Recht zulässige Verwendung von chloriertem Wasser als Waschwasser für beispielsweise Bio-Gemüse entstehen. In diesem Fall handelt es sich nicht um einen Verstoß gegen die Bio-Verordnung.
Studien zeigen eine ständige Belastung von Naturräumen und landwirtschaftlichen Flächen durch zum Beispiel oben genannte Stoffe, weshalb in der Umweltpolitik das Verursacherprinzip angestrebt wird. Das bedeutet, dass diejenigen, die Umweltschäden verursachen, auch die Kosten für deren Vermeidung und Sanierung tragen sollten. Die Verantwortlichen sind in der Praxis aber oftmals nur schwer auszumachen. Vor allem die Abdrift auf Bio-Flächen, ausgelöst durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf konventionellen Äckern, ist ein viel beobachtetes Ereignis. Einige Pflanzenschutzmittel können sich beispielsweise über mehrere Kilometer hinweg über die Luft ubiquitär verteilen und durch Absinken auf ökologisch angebauten Flächen wiedergefunden werden.
Auf der Suche nach dem Ursprung der Rückstände
Kann ein Messfehler ausgeschlossen werden, können unterschiedliche Gründe Ursache für den Befund einer Substanz sein. Diese gilt es sorgfältig zu prüfen. Wichtig ist hierbei eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Zutaten, um nachvollziehen zu können, ob alle Beteiligten entlang der Prozesskette – von der Landwirtschaft über die Transportwege bis hin zur Verarbeitung – entsprechend den Rechtsvorschriften agiert haben.
Kontaminierte Rohstoffe können zu einer Verschärfung eines ohnehin knappen Rohstoffangebots in manchen Produktbereichen führen. Um die Risiken zu minimieren, wird empfohlen Risikobewertungen der eingekauften Rohwaren vorzunehmen, um kostenintensive Tests oder Audits nur punktuell einsetzen zu müssen.
Der Markt regelt
Neben den rechtlichen Vorgaben, haben auch privatwirtschaftliche Vereinbarungen Einfluss darauf, ob Bio-Produkte in den Markt gelangen. Der Fachhandel gibt hier beispielsweise Orientierungswerte vor und auch einige Handelspartnerinnen sowie -partner legen vertraglich Werte fest, an welche die verarbeitenden Unternehmen gebunden sind. Grundsätzlich empfiehlt es sich, in Verträgen auf die rechtlichen Grundlagen zu verweisen, um nicht in die Situation zu kommen, dass ein Bio-Produkt rechtlich in Ordnung ist, aber von Einkäuferin und Einkäufer am Ende dennoch nicht als Bio-Ware in den Handel gebracht wird.
Text: Melissa Buchholz, BLQ