Rohstoffbeschaffung

Beschaffung von Bio-Rohstoffen für die Lebensmittelherstellung

Der Markt für ökologische Rohstoffe ist aufgrund der sehr viel kleineren Mengen im Vergleich zum konventionellen Rohwarenmarkt volatiler. Das Risiko von unvorhersehbaren und erheblichen Preisänderungen ist hoch. Lebensmittelherstellende sollten daher ein besonderes Augenmerk auf eine gesicherte und nachhaltige Rohstoffbeschaffung legen.

Welche Rohstoffe dürfen in der Bio-Lebensmittelherstellung verwendet werden?

Wie Bio-Lebensmittel hergestellt werden und welche Rohstoffe und Zutaten eingesetzt werden dürfen, ist in der EU-Öko-Verordnung geregelt. Wer Bio-Lebensmittel herstellt und vermarktet, muss die Vorgaben der Verordnung einhalten und sich entsprechend kontrollieren und zertifizieren lassen.

Die EU-Öko-Verordnung legt fest, dass landwirtschaftliche Rohwaren für die Herstellung von Bio-Lebensmitteln in der Regel aus ökologischer Landwirtschaft stammen müssen. Sollen Produkte mit einem Verbandslogo eines Anbauverbandes wie zum Beispiel Bioland, Demeter oder Naturland gekennzeichnet werden, müssen die Rohstoffe von Verbandsbetrieben stammen. Die Richtlinien der Bio-Anbauverbände gehen in bestimmten Bereichen über die Anforderungen der Öko-Verordnung hinaus. Dies betrifft zum Beispiel einen höheren Anteil an regionalen Zutaten.

Die "Fünf-Prozent-Regelung"

Lebensmittel dürfen nur dann einen Hinweis auf die ökologische Erzeugung und Verarbeitung in der Verkehrsbezeichnung tragen, wenn mindestens 95 Gewichtsprozent der Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs aus ökologischer Erzeugung oder aus den in Anhang I der Verordnung (EU) 848/2018 gelisteten Stoffen stammen. Das bedeutet, dass in Bio-Produkten maximal fünf Prozent der Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungsunter bestimmten Bedingungen aus konventioneller Erzeugung stammen dürfen.

Marktsituation und Verfügbarkeit von Bio-Rohstoffen

Der Markt für ökologische Rohwaren ist aufgrund der sehr viel kleineren Mengen im Vergleich zum konventionellen Rohwarenmarkt volatiler. Das Risiko von unvorhersehbaren und erheblicher Preisänderungen ist hoch. Dies ist für Verarbeitungsunternehmen mit Unsicherheiten in Bezug auf die Verfügbarkeit verbunden.

Die Versorgung mit ökologische Rohstoffen war in den vergangenen Jahrzehnten häufig unzureichend. Ein Grund dafür lag in der zu geringen Anzahl von regionalen Bio-Betrieben. Eine Betriebsumstellung ist immer mit einem Risiko verbunden. Während der Umstellungszeit sinken in der Regel die Erträge, die Ware kann jedoch noch nicht höherpreisig als Öko-Ware vermarktet werden kann. Häufig fehlen auch langfristige Vermarktungsperspektiven.

Eine sorgfältige und langfristige Planung der Rohwarenbeschaffung ist in Verarbeitungsunternehmen von großer Bedeutung. Die Nicht-Einhaltung von Lieferzusagen aufgrund von Rohstoffmangel oder unzureichender Qualität der Rohstoffe sollte unbedingt vermieden werden. Eine Erweiterung der Produktionskapazitäten sollte mit Blick auf die Umstellungszeit der landwirtschaftlichen Betriebe geplant werden. Es muss sichergestellt werden, dass der Bedarf an Rohwaren bei höherer Nachfrage auch gedeckt werden kann. Belastbare Vereinbarungen mit Erzeugergemeinschaften oder landwirtschaftlichen Betrieben bieten langfristige Perspektiven und verringern das Risiko für die Marktpartner.

Es muss ebenfalls bedacht werden, dass Erntemenge und Qualitäten der Produkte stark schwanken können. Durch ungünstige Witterungsbedingungen kann es beispielsweise bei sensiblen Kulturen zum Beispiel im Obst- und Gemüseanbau zu Ernteausfällen kommen. Im Weizenanbau kann zum Beispiel der Klebergehalt unterschiedlich ausfallen. Typische Erwartungen aus der konventionellen Backwarenbranche an den Klebergehalt von Weizenmahlprodukten können aus ökologischem Landbau in der Regel nicht erfüllt werden.

Hier finden Sie Informationen rund um den Bio-Markt.

Nachhaltige Strategien zur Bio-Rohstoffbeschaffung

Für Unternehmen, die in die Bio-Verarbeitung einsteigen möchten, ist es unerlässlich, sich umfassend über die Verfügbarkeit der erforderlichen Rohstoffe zu informieren. Dabei ist es empfehlenswert, folgende Fragen zu berücksichtigen:

  • Sind die Rohstoffe regional verfügbar oder muss ich sie innerhalb des EU oder sogar auf dem Nicht-EU-Marktes einkaufen?
  • Benötige ich für die Rohstoffe eine Verbandszertifizierung, weil mein fertiges Produkt das Label eines Anbauverbandes tragen soll?
  • Falls regionale Rohstoffe angestrebt werden: Gibt es Organisationen in der Region, mit denen ich zusammenarbeiten kann, zum Beispiel Ökomodellregionen?

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat 2024 eine Studie zur Struktur der Bio-Verarbeitungswirtschaft in Deutschland durchgeführt. Dabei wurden Verarbeitungsunternehmen nach dem Bezug ihrer Rohware befragt.
Von den befragten Betrieben verarbeiteten 12,5 Prozent auf dem eigenen Hof und produzieren daher auch viele ihrer Rohstoffe selbst. 72 Prozent der Unternehmen verarbeiteten ausschließlich Bio-Rohstoffe. 68 Prozent der Rohware stammten dabei aus Deutschland; mehr als die Hälfte (56 Prozent) aus der Region. 28 Prozent der befragten Unternehmen verarbeiten sowohl konventionelle als auch ökologische Rohstoffe. 55 Prozent dieser "Mischhersteller" gab an, dass mehr als die Hälfte ihrer Rohwaren Bio war.

Bio-Rohstoffbeschaffung: Regionale Vermarktung und Vertragsanbau

Viele Akteurinnen und Akteure der Branche setzen auf Vertragsanbau, um von Beginn an die Planung der Produktion auf vertraglich festgelegte Rohwarenmengen und Qualitäten aufbauen zu können. In diesem Rahmen haben viele Unternehmen gute Erfahrungen mit eher mittel- und langfristigen Verträgen mit festen Preisvereinbarungen beziehungsweise Preiskorridoren gemacht.

Solche Strategien sind besonders gut geeignet, wenn regionale Vermarktungskonzepte verfolgt werden. Dann kann es gelingen Wertschöpfungsketten von der Urproduktion bis zum Handel in die Region zu integrieren und nachvollziehbar und glaubwürdig Regionalvermarktung zu etablieren. Es kann sich lohnen, von Beginn an in die Wertschöpfungsketten zu investieren!



Bio-Rohstoffe aus Deutschland und der EU

Für Unternehmen, die den nationalen oder den EU-Markt im Blick haben, ist es empfehlenswert, mögliche Lieferanten für Bio-Ware frühzeitig zu kontaktieren und so die Versorgung sicherzustellen.

Hier finden Sie Adressen von Molkereien, Schlachthöfen, Mühlen und Handelsunternehmen, die in Deutschland tätig sind:

Import-Ware: Was gilt es bei der Bio-Rohstoffbeschaffung aus Drittländern zu beachten?

Viele Rohwaren wie beispielsweise Gewürze, Kakao oder tropischen Früchte sind auf dem EU-Markt nicht oder nicht ausreichend verfügbar und müssen aus Drittländern importiert werden. Wer nicht selbst importieren will, kann sich an etablierte Unternehmen mit langjähriger Erfahrung im Bio-Import wenden

Aber auch der Direktimport kann unter Umständen eine Option für Verarbeitungsbetriebe sein. Direkte Beziehungen zu landwirtschaftlichen Betrieben oder Initiativen in Drittländern können einen entscheidenden Beitrag zur Verfügbarkeit und zur Sicherung der Bio-Qualität leisten und den Bio-Anbau vor Ort vorantreiben. Die Transparenz gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern ist eine wesentliche Grundlage für die Glaubwürdigkeit. Berichte über die Betriebe, Projekte und die dort tätigen Menschen schaffen wichtige Bezüge und binden die Kundinnen und Kunden.

Der Import von Bio-Waren hat strenge formale Anforderungen. Diese müssen im Detail beachtet werden, damit die Importwaren in der EU auch für die Herstellung von Bio-Lebensmitteln verwendet werden können.

Sicherheit durch Rückverfolgbarkeit von Bio-Rohstoffen

Das Bio-Kontrollverfahren betrifft die gesamte Warenkette – vom Anbau bis ins Verkaufsregal. Das ist eine große Stärke des Bio-Systems: Die Rückverfolgbarkeit über die gesamte Warenkette ist gesichert.

Dennoch ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Betrugsfällen mit nicht regelkonformer Bio-Rohware gekommen. Je nach Produktarten und Beschaffungssystem ist es deshalb notwendig Lieferanten- und Rohwarenbewertungssysteme zu etablieren, um das eigene Unternehmen vor falscher oder fehlerhafter Bio-Ware zu schützen. Ein solches System, selbstverständlich angepasst an die jeweilige tatsächliche betriebliche Situation, stellt einen Teil der im Unternehmen gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgemaßnahmen dar.


Letzte Aktualisierung 22.04.2025

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