Bio-Weidehaltung auf extensiven Flächen optimieren

Bio-Weidehaltung auf extensiven Flächen optimieren

Die Weidehaltung ist ein zentrales Element der ökologischen Milcherzeugung. Doch für extensiv genutztes Grünland gibt nur wenige wissenschaftliche Daten dazu, wie sich die Nutzung in der Praxis optimieren lässt. Im Projekt GrazyDaiSy wurden bestehende Konzepte von Betrieben mit vorwiegend extensiv genutzten Flächen untersucht und miteinander verglichen.

Für ökologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe ist die Weidehaltung in der Regel ein wesentlicher Baustein der Rationsgestaltung und damit auch für den wirtschaftlichen Erfolg. Das gilt auch für extensive Weiden in Mittelgebirgslagen. Allerdings zeichnen sich extensive Weiden in der Regel durch geringere Erträge und Energiegehalte aus, sodass sich meist nur geringere Milchleistungen erreichen lassen als bei der Nutzung intensiverer Weiden.

Im Gegensatz zu intensiv genutzten Weiden gibt es für extensiv genutztes Grünland nur wenige wissenschaftliche Daten dazu, wie sich die Nutzung für die Milcherzeugung optimieren lässt. Deshalb förderte das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft das dreijährige Forschungsprojekt GrazyDaiSy.

28 Milchviehbetriebe im Fokus

In diesem Projekt untersuchte ein Forschungsteam, welche regionalen Anpassungen Praxis-Betriebe in der weidebasierten ökologischen Milchviehhaltung auf extensiven Weiden vornehmen und welche Ansätze besonders erfolgversprechend sind. Dazu wurden 28 Bio-Milchviehbetriebe im südöstlichen Baden-Württemberg nach ihren Weidekonzepten befragt. Zusätzlich haben die Forschenden auf sieben Betrieben konkrete Daten zu den Weideerträgen, zum Futterwert und zum energiekorrigierten Milchertrag aus dem Weidefutter berechnet.

Bei den Futterwerten des Weideaufwuchses zeigten sich große Unterschiede zwischen den Betrieben. So lagen die Energiegehalte zwischen 5,0 bis 6,6 Megajoule Nettoenergielaktation pro Kilogramm Trockenmasse (MJ NEL/kg TM). Die Rohproteingehalte lagen zwischen 120 und 282 Gramm/kg TM. Betriebe mit höheren Niederschlagsmengen kamen im Schnitt auf höhere Rohproteingehalte.

Große Unterschiede in der Milchleistung

Die täglichen Milchleistungen während der Sommerweide lagen energiekorrigiert zwischen 15,4 und 28,8 kg/Kuh. Mit durchschnittlich 46 Prozent konnten alle Betriebe trotz längerer Trockenheit einen relevanten Anteil der Milchmenge aus dem Weideaufwuchs erzielen. Auch hier gab es ein breites Spektrum. Während einige Betriebe nahezu die gesamte Milchleistung mit der Stallfütterung abdeckten, kamen andere auf einen Anteil von bis zu 83 Prozent aus dem Weidefutter.

Je nach Intensität der Weide und des Fütterungsmanagements lag die durchschnittliche tägliche Futteraufnahme auf der Weide bei bis zu 13 kg TM. Wie intensiv die Grünflächen als Weide genutzt werden kann, hängt jedoch neben der Managemententscheidung der Betriebsleitung auch von externen Faktoren ab, etwa von der Lage der Flächen zum Stall und den verfügbaren Futtermengen im Vegetationsverlauf. Auf den untersuchten Betrieben lag der Futterertrag in drei Untersuchungsjahren zwischen 46 und 103 Dezitonnen TM/ha und Jahr.

Hohe Harnstoffgehalte in Milch vermeiden

Allgemein nimmt das Futterangebot von Weiden im Jahresverlauf deutlich ab und auch die Futterqualität des Aufwuchses verändert sich. So steigen häufig gegen Ende der Weidesaison die Harnstoffgehalten in der Milch, weil das Weidefutter viel Protein, aber weniger Energie liefert. Um fehlende Mengen auszugleichen und den Milchertrag aus der Weide zu optimieren, ist eine angepasste Zufütterung im Stall erforderlich.

Doch wie sieht die optimale Zufütterung aus? Dafür gibt es keine allgemeingültigen Empfehlungen. Auch hier sind die betriebsindividuellen Voraussetzungen entscheidend. Grundsätzlich empfehlen die Fachleute aber auf Basis der Projektergebnisse, regelmäßig die Aufwuchsmenge und -qualität zu kontrollieren, etwa durch Weidebegehung mit Plattenmessgeräten, mit denen die Aufwuchsmenge geschätzt werden kann.

Mehr Leistung durch intensive Zufütterung?

Die Auswertung des Fütterungsmanagements der Praxis-Betriebe im Projekt zeigte, dass unterschiedliche Konzepte zum Erfolg führen können. Ein Teil der Betriebe setzte ausschließlich auf Grundfutter wie frisches Grünfutter in Form von Klee- und Weidegras. Andere fütterten vor allem und Gras- und/oder Maissilage zu sowie Kraftfutter auf Getreidebasis.

Mehr Informationen aus dem Projekt GrazyDaiSy

Der Vergleich von Betrieben mit hohen Zufütterungsmengen in Form von Kraftfutter, Gras- und Heusilage mit Betrieben ohne Kraftfutterergänzung und zusätzlichem Grünfutter im Stall erlaubt keine eindeutige Empfehlung. Zwar erzielten die Betriebe mit intensiver Zufütterung im Schnitt eine um etwa vier Kilogramm höhere Milchleistung pro Kuh und Tag. Zudem hatten die Tiere dieser Gruppe eine höhere Futteraufnahme und eine bessere Futternutzungseffizienz.

Kraftfutterwirkung oft geringer als erhofft

Doch insgesamt war die Kraftfutterwirkung auf die Leistung bei vielen Betrieben geringer als erhofft. So erreichten einige Betriebe trotz hoher Kraftfuttergaben von mehr als 5 kg/Kuh/Tag zum Teil kaum höhere Leistungen als Betriebe, die nur auf Grundfutter setzen. Dabei entstehen durch Kraftfutter deutlich höhere Kosten. Das Forschungsteam empfiehlt deshalb, die Menge der Zufütterung regelmäßig zu prüfen und insbesondere bei teuren Kraftfuttergaben zu testen, ob das Leistungsniveau auch mit geringeren Mengen erreicht werden kann.

Eine hohe Zufütterungsmenge kann zudem zu einem Verdrängungseffekt führen und die Aufnahme von Weidefutter verringern. So nahmen die Herden der Betriebe mit intensiver Zufütterung durchschnittlich 2,6 Kilogramm weniger Weidefutter pro Tag auf als bei geringerer Futterergänzung. Dabei hatten die Betriebe mit hoher Zufütterung ein fast doppelt so hohes potenzielles Futterangebot auf ihren Grünlandflächen. Diese Betriebe haben also durch die intensive Zufütterung das Potenzial der Weide nicht ausgeschöpft.

Zufütterung regelmäßig prüfen und anpassen

Nach Einschätzung der Fachleute erscheint es deshalb sinnvoll, die Menge und Zusammensetzung der Zufütterung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und an die jeweiligen Voraussetzungen anzupassen.

Erhöhte Harnstoffgehalte, die bei intensiver Weidehaltung meist ab Juni/Juli auftreten können, ließen sich am besten durch Zufütterung von energiereicher Gras- und Maissilagen sowie Kraftfutter vermeiden. Auch die Vorlage von Heu mit mittlerer bis hoher Qualität wirkte sich positiv auf die Stickstoffverwertung aus, ohne die Milchleistung zu verringern. Frisches Wiesen- oder Kleegras erwies dagegen bei hohen Harnstoffwerten als Futterergänzung im Stall weniger geeignet.

Auch extensive Flächen haben Potenzial

Insgesamt zeigen die Ergebnisse nach Einschätzung des Forschungsteams, dass auch extensive Weideflächen Potenzial für eine wirtschaftliche ökologische Milcherzeugung haben. Selbst in trockenen Jahren kann die Weidehaltung einen relevanten Anteil an der Milcherzeugung leisten. Für ein erfolgreiches Weidemanagement auf extensiven Flächen gibt es jedoch kein allgemein gültiges Patentrezept. Um das Potenzial optimal auszuschöpfen, muss jeder Betrieb das Herden- und Beweidungsmanagement an die Voraussetzungen des Standorts und die Veränderungen im Jahresverlauf anpassen. In der Regel genügt es nicht, nur eine Stellschraube zu verändern.


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Letzte Aktualisierung 20.02.2025

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