Am Anfang waren die Ideale. Mit dem Hof Stolze Kuh bauten Anja und Janusz Hradetzky 2014 einen völlig neuen Betrieb auf und verbinden ökologischen Landbau, Naturschutz, die eigene Hofkäserei und Bildungsveranstaltungen.
„Wir haben uns im Studiengang Ökolandbau & Vermarktung kennengelernt“, sagt Janusz Hradetzky. „Nach dem Studium leiteten wir einen Milchviehbetrieb bei Stuttgart, bewirtschafteten eine Kuh- und Ziegen-Alm in Südtirol und unterstützten einen Bergbauern beim Käsen und Vermarkten.“
Dann war es Zeit für etwas Eigenes, und zwar mit Schwerpunkt auf der wesensgemäßen, naturnahen Milchviehhaltung. Auf dem Hof Stolze Kuh weiden ganzjährig 30 Kühe alter Zweinutzungsrassen auf Naturschutzflächen des Nationalparkvereins Unteres Odertal nordöstlich von Berlin an der polnischen Grenze. Daran ist gleich mehreres besonders. „Wir ziehen unsere Kälber nicht von den Kühen getrennt auf“, erklärt Anja Hradetzky. „Sie trinken eine Woche direkt bei der Mutter. Danach gewöhnen wir jeweils zwei Kälber an eine Amme. Eine Kuh behält ihr Kalb und adoptiert ein Zweites. Die Mutter des Zweiten kann es besuchen, wird aber von uns gemolken. So ist das soziale Lernen in der Herde stärker.“ Auch die männlichen Kälber wachsen auf der Weide auf und werden im Alter von drei Jahren geschlachtet.
Natürlich behalten alle Tiere ihre Hörner. Der Herausforderung, dass die Weiden weit vom Stall entfernt sind, begegnen die Hradetzkys pragmatisch mit einem Weidemelkstand. Direkt im Nationalpark werden die Tiere gemolken. Seit 2020 darf sogar auf der Weide geschlachtet werden. Diesen Ansatz der Tierhaltung „Low Stress Stockmanship“ gibt Anja Hradetzky gern weiter: Als Trainerin für wesensgemäße Tierhaltung spricht sie auf Tagungen, gibt Seminare zum stressarmen Umgang mit Herdentieren und liest aus ihrem Buch „Wie ich als Cowgirl die Welt bereiste und ohne Land und Geld zur Bio-Bäuerin wurde“.
Selbstbedienungsladen durchgängig geöffnet
Die zertifizierte Heumilch verarbeitet der Hof in der eigenen Käserei, die über Crowdfunding finanziert wurde. Das Sortiment umfasst Trinkmilch, Joghurt, handgeschöpften Quark, Frischkäse, Weichkäse, Bratkäse und verschiedene Schnittkäse. Kein Käse schmeckt wie der andere. „Das liegt daran, dass unsere Kühe ihr Futter auf der Weide selbst suchen“, so Janusz Hradetzky. Der Mineralien- und Ölgehalt der Wildpflanzen wirkt sich auf Geschmack und sogar Farbe der Milch aus. So erhält der leuchtend gelbe „Stolze Udo“ seine Farbe beispielsweise vom Carotin im Gras.
Letzte Aktualisierung 03.09.2020