Schlachtung auf dem Herkunftsbetrieb

Stressfreie Schlachtung auf dem Herkunftsbetrieb – (wie) ist das möglich?

Landwirtinnen und Landwirte, die Wert auf eine möglichst artgerechte Haltung ihrer Tiere legen, möchten ihnen auch bei der Schlachtung Stress und Leiden ersparen. Gleichzeitig wird bei Verbraucherinnen und Verbrauchern der Wunsch nach mehr Tierwohl in der Landwirtschaft immer lauter. Die Schlachtung auf dem Herkunftsbetrieb ist die Lösung!

Der Großteil der Nutztiere in Deutschland wird in großen Schlachthäusern geschlachtet. Tiertransporte sind die Regel. Und da die Zahl der Schlachthöfe in Deutschland abnimmt, werden die Transportwege im Durchschnitt immer länger.

Das Ein- und Ausladen sowie der Transport verursachen bei den Tieren extremen Stress: Sie verlassen ihre gewohnte Umgebung und werden von ihren vertrauten Artgenossen getrennt. Besonders bei Tieren, die ihr ganzes Leben auf der Weide verbracht haben und wenig Kontakt zu Menschen hatten, führt das häufig zu Panik.

Wie werden Bio-Tiere geschlachtet?

Auch die meisten Bio-Tiere werden in externen Schlachtstätten geschlachtet. Diese müssen bio-zertifiziert sein und gewährleisten, dass das Fleisch von Bio-Tieren und konventionellen Tiere nicht verwechselt werden kann. Darüber hinaus gibt es keine Unterschiede im Schlachtprozess. Die EU-Öko-Verordnung legt lediglich fest, dass die Transportwege "möglichst kurz gehalten werden" sollen. Bio-Verbände wie Bioland, Demeter oder Naturland beschränken die Tiertransporte auf vier Stunden oder maximal 200 Kilometer. Doch ist es möglich, den Transport von lebenden Tieren ganz zu vermeiden und den Tieren bis zum Tod Stress zu ersparen?

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes produzierten die gewerblichen Schlachtunternehmen 2023 6,8 Millionen Tonnen Fleisch. Insgesamt wurden 2023 deutschlandweit in den Schlachtbetrieben 47,9 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 702,2 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet. Quelle: Statistisches Bundesamt

Wie können Tiertransporte vermieden werden?

Die Schlachtung eines Nutztieres ist ein mehrstufiger Prozess, der mit der Betäubung des Tieres beginnt und mit der Grobzerlegung endet. Durch die Schlachtung von Rindern, Schweinen oder Geflügel direkt auf dem Hof wird der Transport der lebenden Tiere zum Schlachthof überflüssig. Dafür gibt es unterschiedliche Optionen, die wir im Folgenden kurz beleuchten.

Tierärztliche Kontrolle gewährleistet
Eine Schlachtung auf dem Hof oder der Weide findet nie ohne eine amtliche Tierärztin oder einen amtlichen Tierarzt statt. Sie müssen mindestens drei Tage im Voraus vom Schlachthof oder dem Tierbetrieb über den Zeitpunkt der Schlachtung informiert werden. Vor der Schlachtung findet immer eine Schlachttieruntersuchung statt, die sicherstellt, dass das Tier nicht krank ist.

Teilmobile Schlachtung

Bei der teilmobilen Schlachtung werden Betäubung und Entblutung der Tiere auf dem Hof in einer mobilen Schlachteinheit durchgeführt. Das Blut wird aufgefangen und das tote Tier zügig zu einem EU-zertifizierten Schlachthof gebracht. Dort finden die weiteren Schritte wie Enthäuten, Ausnehmen und Zerlegen statt.

Rechtsänderung erleichtert Schlachtung im Herkunftsbetrieb

Durch eine Rechtsänderung im Jahr 2021 wurde die Durchführung von mobilen Schlachtungen auf dem Herkunftsbetrieb vereinfacht. Dadurch kann die Schlachtung in einer sogenannten "Mobilen Schlachteinheit" erfolgen, welche vom zuständigen Veterinäramt zugelassen sein muss. Für die Zulassung und Ausstattung gibt es jedoch noch keine bundesweit einheitliche Regelung, so dass es unterschiedliche Auslegungen in den Bundesländern gibt.

Je nach Bauart, Genehmigung und Nutzungsvereinbarung kann die mobile Einheit für die Fixierung, Betäubung und Entblutung und den anschließenden Transport zur Grobzerlegung oder aber im einfachsten Fall nur für den Transport der Schlachtkörper zum Schlachthof eingesetzt werden.

Landwirtinnen und Landwirte sollten nach Kapitel VI a in Anhang III der VO (EU) Nr. 853/2004 folgende rechtliche Anforderungen beachten:     

  • Bis zu drei Hausrinder, Pferde, Esel oder sechs Schweine pro Schlachtvorgang im Herkunftsbetrieb sind erlaubt.    
  • Genehmigung der Schlachtung muss durch die zuständige Veterinärbehörde erfolgen.
  • Für die Antragsstellung müssen ein Antrag auf Genehmigung von Schlachtungen im Herkunftsbetrieb, eine schriftliche Vereinbarung zur Nutzung einer mobilen Schlachteinheit mit einem Schlachtbetrieb (Vereinbarung zwischen Herkunftsbetrieb und Schlachtbetrieb), eine Kopie der Prüfbescheinigung der mobilen Einheit oder Kopie des Antrags zur Prüfung der mobilen Einheit sowie die Schießerlaubnis des sachkundigen Schützen (nur bei Kugelschuss erforderlich) vorliegen.   
  • Schlachthof oder Eigentümerin beziehungsweise Eigentümer der zur Schlachtung bestimmten Tiere muss amtlichen Tierarzt oder amtliche Tierärztin mindestens drei Tage vor dem Datum der Schlachtung unterrichten.    
  • Anwesenheit von amtlichem Tierarzt oder Tierärztin ist notwendig.    
  • Eignungsprüfung zur hygienischen Handhabung der mobilen Einheit muss vorliegen.    
  • Entbluten außerhalb der mobilen Einheit ist möglich.    
  • Transport direkt nach Schlachtung zum Schlachthof ist erforderlich.    
  • Kühlung bei Transport erst nötig, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Schlachtung des ersten Tieres und dem Zeitpunkt der Ankunft der geschlachteten Tiere im Schlachthof mehr als zwei Stunden vergangen sind.    
  • Anmeldung der Ankunft der Tiere beim Schlachthof sowie Standarderklärung und Gesundheitsbescheinigung im Voraus ist nötig.

Hilfreiche Checklisten und ein Leitfaden für die Antragsstellung der mobilen Schlachteinheit wurden im Projekt "von der Hofschlachtung auf den Teller – fair für Mensch und Tier" entwickelt. Die Dokumente stehen auf der Projektwebseite zum Download.

Welche Förderungen gibt es für die mobile Schlachtung?

Einzelne Bundesländer, wie beispielsweise Bayern oder Baden-Württemberg, unterstützen den Ausbau der mobilen Schlachtung im Rahmen der Marktstrukturförderung. Zahlreiche Landesämter und Landwirtschaftskammern bieten zudem hilfreiche Beratungen und Leitfäden zu dem Thema an.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist sich ebenfalls der Bedeutung der Hofschlachtung als Instrument für mehr Tierwohl und zur Vermeidung von Tiertransporten bewusst, sodass seit 2023 Innovationen rund um die mobile Schlachtung gefördert werden.

Vollmobile Schlachtung

Bei der vollmobilen Schlachtung werden alle Teilschritte des Schlachtprozesses – also Betäubung, Entblutung, Enthäutung, Ausnehmen und Grobzerlegung – vor Ort mithilfe eines Trucks oder Trailers durchgeführt. Vorgeschrieben ist unter anderem eine Einrichtung zur Fixierung der Tiere zur Betäubung. Darüber hinaus ist ein Kühlungsmodul integriert. Der Truck oder Anhänger fungiert somit wie eine Art "fahrbarer Schlachthof" und kann von Betrieb zu Betrieb fahren.

Genau wie ein stationäres Schlachtunternehmen muss ein vollmobiler Schlachttrailer eine EU-Zulassung nach den Verordnungen (EG) Nr.852 und 853/2004 erwirken. Das ist mit viel Aufwand und umfangreichen Anträgen verbunden, lohnt sich also vor allem für Schlachthöfe und Dienstleistungsunternehmen, da der "fahrbare Schlachthof" unabhängig vom landwirtschaftlichen Betrieb zugelassen ist und damit eine höhere Stückzahl hervorbringen kann.

Sowohl die teilmobile als auch die vollmobile Schlachtung durch eine EU-Zertifizierten Schlachthof unterliegen nicht den oben genannten Beschränkungen hinsichtlich der Tierzahl.

Schlachtung im eigenen Schlachthaus

Neben den mobilen Lösungen gibt es für tierhaltende Betriebe zudem die Möglichkeit, ein eigenes stationäres Schlachthaus zu betreiben – damit wird die gesamte Wertschöpfung auf dem Hof gehalten und Tiertransporte werden ebenfalls vermieden. In Kombination mit einer eigenen Metzgerei, einem Hofladen und einem Online-Shop sowie der Zusammenarbeit mit dem regionalen Lebensmitteleinzelhandel kann sich diese Investition durchaus lohnen – ist aber auch mit hohen Kosten und umfangreichen Zulassungen verbunden.

Welche Förderungen gibt es für die mobile Schlachtung?

Einzelne Bundesländer, wie beispielsweise Bayern oder Baden-Württemberg, unterstützen den Ausbau der mobilen Schlachtung im Rahmen der Marktstrukturförderung. Zahlreiche Landesämter und Landwirtschaftskammern bieten zudem hilfreiche Beratungen und Leitfäden zu dem Thema an.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist sich ebenfalls der Bedeutung der Hofschlachtung als Instrument für mehr Tierwohl und zur Vermeidung von Tiertransporten bewusst, sodass seit 2023 Innovationen rund um die mobile Schlachtung gefördert werden.

Stressfreie Schlachtung stärkt das Tierwohl und die Region

Die Schlachtung auf dem Herkunftsbetrieb ermöglicht den Tieren einen stressfreien beziehungsweise stressarmen letzten Gang – egal ob teil-, vollmobil oder im eigenen Schlachthaus. Zusätzlich zum Gewinn für das Tierwohl profitiert auch die Region: Durch die hofnahe Schlachtung bleibt die Wertschöpfung vor Ort. Die mobilen Lösungen verhindern eine zunehmende Marktkonzentration und ermöglichen kleinen Verarbeitungsunternehmen eine Erweiterung ihres Angebots. Durch die kürzeren Wege reduziert sich auch der Ausstoß von Treibhausgasen, sodass die Umwelt ebenfalls geschont wird.

Sowohl die regionale Metzgerei als auch der direktvermarktende Hof kann durch eine transparente Kommunikation das Bewusstsein der Kundschaft für mehr Tierwohl steigern und beispielsweise Crowdbutching anbieten.

Gleichzeitig können sich die Verbraucherinnen und Verbraucher über eine bessere Fleischqualität freuen: Durch die stressfreie Schlachtung wird bei den Tieren weniger Adrenalin freigesetzt, wodurch weniger in den Muskelzellen gespeicherte Glukose in Energie umgewandelt und im Fleisch eingelagert wird. Es steht demnach genügend Glykogen für die Fleischreifung zur Verfügung und das Fleisch wird zarter.

Letzte Aktualisierung 04.10.2024

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