Bio-Wintergemüse im Speiseplan

Bio-Wintergemüse im Speiseplan von Kitas und Schulen

Rosenkohl & Co sind schmackhaft und stecken voller Nährstoffe. Trotzdem ist saisonal-regionales Wintergemüse im Speiseplan von Schulmensen und Kitas oft nicht gerade der Renner. Aber muss das so sein oder so bleiben? Oekolandbau.de sprach dazu mit der Diplom-Oecotrophologin Hanne Weise.

Was ist Wintergemüse?

Unter Wintergemüse versteht man Gemüsesorten, die vorwiegend im Winter geerntet werden beziehungsweise die durch ihre Lagerfähigkeit den ganzen Winter über verfügbar sind. Dazu gehören Kohlsorten, Senf, Kohlrabi, Wurzelpetersilie, Möhren, Pastinaken, Schwarzwurzeln, Lauch, Rote Bete, Winterkürbis und mehr.

Bedingt durch den globalen Handel, die Intensivierung der Landwirtschaft und technologisierte Lagerhaltung ist heute jedoch eine Vielzahl an unterschiedlichen Gemüsesorten ganzjährig verfügbar – und daran haben sich viele Menschen gewöhnt. Der Großteil des Gemüses wird im Winter entweder importiert oder in beheizten Gewächshäusern mit einem hohen Energieverbrauch kultiviert. Für Küchen der Gemeinschaftsverpflegung ist es deshalb oftmals eine Herausforderung, die Wintergemüse auf den Teller zu bringen.

Mehr Wintergemüse im Speiseplan

Dabei gäbe es viele Gründe dafür: Wintergemüse ist schmackhaft, steckt voller Nährstoffe und ist gut für die Umwelt, wenn es regional und ohne Heizenergie angebaut wird. Die Pluspunkte für Wintergemüse liegen also klar auf der Hand. Aber trotzdem sind Rosenkohl & Co auf den Speiseplänen von Kitas und Schulmensen oft nicht gerade der Renner. Die Akzeptanz bei den Tischgästen ist häufig ein Problem. Aber muss das so sein oder so bleiben?

Oekolandbau.de sprach dazu mit der Diplom-Oecotrophologin Hanne Weise. Die ganzheitliche Ernährungsberaterin geht im Auftrag der Vernetzungsstelle Schulverpflegung oder der Verbraucherzentrale in Schulen und stellt sich dieser Herausforderung. Und bei Bio kann jeder-Workshops in Hessen teilte sie ihre Erfahrungen mit Verantwortlichen aus der Schul- und Kita-Verpflegung.

Oekolandbau.de: Wie lässt sich bei Kindern die Akzeptanz für diese Gemüsesorten erhöhen?

Weise: Wichtig ist, dass die Kinder mit allen Sinnen mit den Gemüsen in Kontakt kommen. Und das so früh wie möglich. Wenn ich beispielsweise in eine Grundschule gehe, dürfen die Kinder meinen Gemüsekorb ausräumen. Die Schülerinnen und Schüler suchen sich etwas aus und beschreiben es dann: Wie fühlt es sich an? Wie sieht es aus, wie riecht es? Und natürlich dürfen die Kinder das Gemüse betasten, biegen, zupfen und – wenn sie wollen – auch etwas abschneiden und probieren. Ich bitte sie dann zu erzählen, was ihnen alles dazu einfällt. Ob sie das kennen und wo sie es schon mal gesehen haben.

Oekolandbau.de: …und dann kochen Sie auch mit den Kindern?

Weise: Wo dies möglich ist, dann sehr gerne. Wo kochen nicht geht, kann auch in Klassenzimmern mit den Schülerinnen und Schülern ein klimafreundliches Frühstück oder Snack mit reichlich Gemüsebeilagen zubereitet werden. Beim Kochen und Backen gibt es noch viel mehr Möglichkeiten. Mein absoluter Favorit ist dabei Ofengemüse. Dafür eignen sich: Pastinaken, Kürbisse, Kartoffeln, Zwiebeln, Rote Bete, Karotten und Grünkohl. Dazu gibt es Quark mit Kräutern und im Winter auch mal selbst gemachten Hummus aus Kichererbsen. Bei den Kindern kommen meist Suppen sehr gut an. Viele leckere Zutaten dafür gibt es im Winter: Lauch, Kartoffel, Sellerie, Pastinaken…

Oekolandbau.de: Haben Sie noch Tipps, die vielleicht nicht so bekannt sind?

Weise: Aus Spitzkohl, den viele Kinder vom Döner kennen, machen wir einen Salat mit Karottenraspel und Schafskäsewürfelchen. Rosenkohl, Wirsing, Weißkraut, Grünkohl oder Lauch packen wir in eine Quiche oder Lasagne. Bei Polenta-Schnitten können wir rote Bohnen, Wirsing, Grünkohl oder Brokkoli in die Maisgrießmasse einarbeiten, auf ein Blech streichen und ausbacken. Und Vollkornhefeschnecken werden mit einer Quark-Käse-Kohl- oder Karottenfüllung gerollt. Ganz wichtig ist dabei immer: Es muss den Kindern auf jeden Fall gut schmecken!

Deshalb nehme ich beim Abschmecken die Kinder auch immer mit dazu und lasse sie mit einem Probierlöffel auch selbst den Geschmack testen. Außerdem isst das Auge mit: Kräuter, Saaten, Nussstückchen als Topping lassen ein Gericht auf dem Teller gleich viel ansprechender aussehen.

Oekolandbau.de: Ernährungsbildung sollte also nicht nur den Kopf ansprechen, sondern immer auch mit Hand und Bauch erfolgen?

Weise: Ja, auf jeden Fall. Der Kopf ist wichtig, aber die Kinder nehmen etwas für sich ganz anders mit, wenn sie es selbst zubereitet und probiert haben. Deshalb sollte Kochunterricht meiner Meinung nach in den Schulen einen regelmäßigen Platz haben. Früher wussten meiner Erfahrung nach viele Kinder noch, wie man eine Kartoffel schält oder Sahne schlägt, weil sie dies zuhause gemacht und geübt haben. Dieses Wissen und auch ganz "banale" Fingerfertigkeiten sind verloren gegangen. Lehrküchen an den Schulen könnten dabei helfen, diese Lücke wieder aufzufüllen.

Oekolandbau.de: Und könnte diese Art Ernährungsbildung auch Essgewohnheiten verändern?

Weise: Ich mache natürlich keine wissenschaftlichen Studien dazu. Aber nach meinen Erfahrungen öffnen solche praktischen Aktionen eine Tür, durch die die Kinder dann gehen können. Vor allem wenn solche Aktionen in Gruppen mit anderen stattfinden. Das gemeinsame Erleben und Ausprobieren spielen eine ganz wichtige Rolle. Und natürlich auch die Qualität der Lebensmittel. Wie wurden die Gemüse angebaut? Hier können Schulgärten oder Hochbeete eine wunderbare Brücke bilden und sind begeisterungsfähige Projekte, wenn der Lauch oder Rosenkohl aus dem eigenen Garten, der beim Wachsen gepflegt und beobachtet wurde, am Ende geerntet und verarbeitet werden kann. Ein Bio-Rosenkohl hat einen anderen Geschmack als ein konventioneller.

Über solche Geschmackserfahrungen lernen wir, wieder mehr auf Qualität zu achten. Und am Ende mündet das natürlich in die Frage: Von welchen Lebensmitteln in welcher Qualität wollen wir uns ernähren und kaufen wir sie auch für unsere Schul- und Kita-Küchen ein?

Rezepte-Tipps mit Wintergemüse

Gemüse im Winter kultivieren – das geht!

An der Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn in Österreich werden seit vielen Jahren neue Verfahren für den Anbau von Wintergemüse entwickelt. Sie erlauben es, auch im Winter eine Vielzahl frischer Gemüse ohne Heizenergie anzubauen. Es wird dabei die Tatsache genutzt, dass viele Gemüsearten, besonders Salate, Salatkräuter und Knollengemüse, wesentlich frostfester sind, als das bisher bekannt war.

Durch die Entdeckung einer verlorenen Jahreszeit kann eine regionale, im echten Sinn des Wortes saisonale Frischversorgung durch heimische Betriebe ganzjährig gewährleistet werden,

so der Agraringenieur und Abteilungsleiter für Gemüsebau Wolfgang Palme.

Text: Andreas Greiner, Ökonsult


Letzte Aktualisierung 20.01.2025

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