Szenenwechsel nach Karlsruhe. Dort betreibt das Ehepaar Gallotti mit dem "Erasmus" das nach eigener Aussage erste Fine-Dining-Restaurant Deutschlands, das zu 99 Prozent Bio-Zutaten verwendet. Ihr "Dreierlei vom biodynamischen Hähnchen mit Pfifferlingen und Steinpilzen" ist natürlich Welten vom Kantinen-Hähnchenragout entfernt, und die Preise sind es auch. Dennoch mussten sich auch die Gallottis genau überlegen, wie sie kalkulieren, um ausschließlich regionales Bio-Fleisch von ihnen persönlich bekannten Betrieben verwenden zu können.
Ihre Lösung: Sie kaufen nicht nur Filet und Steak ein, sondern verwerten nach Möglichkeit das ganze Tier. Für sie ist es nicht nur eine Frage der Nachhaltigkeit, sondern auch des Respekts – aber es rechnet sich auch: Selbst wenn man die Arbeitszeit für das Zerlegen und Zubereiten einbezieht, bringt ihnen die sogenannte Ganztierverwertung eine Kostenersparnis von vierzig Prozent gegenüber dem Einkauf von Einzelteilen.
Selbst die Innereien landen bei ihnen nicht im Hundefutter. Da es allerdings nur wenige Liebhaberinnen und Liebhaber von Leber, Niere und Herz gibt, kochen sie diese Teile ein, um sie über einen längeren Zeitraum abverkaufen zu können.
Die Mischung des "Erasmus" aus hervorragender Küche, regionalen Zutaten und Bio-Qualität kommt bei den Gästen jedenfalls gut an.
Hackfleisch als Kostensenker
Aber lassen sich die Erfahrungen der Gallottis auf andere Bereiche der Außer-Haus-Verpflegung übertragen? "Absolut", sagt Sandra Limpert. Sie geht durchaus ähnliche Wege, um Öko-Fleisch anbieten zu können – in ihrem Fall allerdings bei deutlich begrenzterem Budget und einer überaus preissensiblen Kundschaft. Limpert führt als Küchenleiterin des Ausbildungsverbunds Rhöner Lebensmittel e.V. im kleinen Ort Hilders die Ausbildungs- und Lehrküchen, die Schulen, Kitas und Seniorenheime mit Essen beliefert.
Auch sie möchte möglichst frisch, regional und nachhaltig kochen. Und genau wie das "Erasmus" geht sie von dem Ansatz aus, dass es günstiger ist, das ganze Tier zu verwerten. Bei ihr heißt das: Ihre Küche verwendet vor allem die "unedlen" Teile in Form von Hackfleisch, während die Edelteile weitervermarktet werden. Gleichzeitig bietet sie häufiger vegetarische Gerichte an, um ihre Preise stabil halten zu können. In der ländlich geprägten Rhön ist das durchaus kein Selbstläufer.