Hülsenreich: Snacks aus Bio-Kichererbsen und regionalen Hülsenfrüchten

Hülsenreich: Snacks aus Bio-Kichererbsen und regionalen Hülsenfrüchten

Kichererbsen sind eine beliebte pflanzliche Proteinquelle und als Körnerleguminosen versorgen sie den Boden mit Stickstoff. Das Leipziger Unternehmen Hülsenreich engagiert sich für eine regionale Wertschöpfungskette von Hülsenfrüchten. Im Interview erklärt Katharina Hayn die Besonderheiten regionaler Kichererbsen-Snacks.

Die Idee für "Hülsenreich" entstand vor einigen Jahren in der Küche der Unternehmensgründerin Emilie Wegner. Sie steckte in den letzten Zügen ihres Studiums der Ernährungswissenschaften und bestellte sich bei einem Bio-Lieferunternehmen einen 10 Kilogramm-Sack Kichererbsen. Mit diesem experimentierte sie und stellte unter anderem Puddings, Kuchen, vegane Ei-Gerichte und letztendlich Cracker her. Die Idee – vegane Proteine zum Snacken – überzeugte, sodass Wegner 2019 gemeinsam mit zwei Geschäftspartnern das Start-up "Hülsenreich" gründete.

Das Sortiment von Hülsenreich besteht aktuell vor allem aus Bio-Kichererbsen-Snacks in salzigen und süßen Varianten. Geplant ist eine Ausweitung des Angebots auf heimische Hülsenfrüchte und auch die Kichererbsen sollen in Zukunft aus Deutschland stammen. Hülsenreich arbeitet dafür mit einer Bio-Mühle bei Leipzig und mit Öko-Landwirtinnen und -Landwirten aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt zusammen. So ist bereits das Produkt der unverarbeiteten "Kichererbsen aus Deutschland" entstanden.

Verkauft werden die Snacks unter anderem bei einigen Drogeriemärkten und im eigenen Online-Shop. Das besondere im Herstellungsprozess: Hülsenreich ist das einzige Unternehmen Europas, das die Kichererbsen fettfrei röstet. Diese Expertise in der Nischenverarbeitung perfektioniert das Start-up seit fünf Jahren. Im Interview erzählt Katharina Hayn, die als Wertschöpfungsketten-Managerin bei Hülsenreich arbeitet, von den aktuellen Herausforderungen im regionalen Anbau und der Verarbeitung von Bio-Kichererbsen, den Lücken in der Wertschöpfungskette und den zukünftigen Plänen des Unternehmens.

Interview mit Katharina Hayn

Oekolandbau.de: Woher kommen die Kichererbsen in Ihren Snacks und wo werden sie verarbeitet?

Katharina Hayn: Aktuell beziehen wir die Kichererbsen für die Produktion unserer Kichererbsen-Snacks aus Sizilien. Diese Entscheidung basiert auf mehreren Faktoren, insbesondere der gleichbleibenden Qualität und Größe der Kichererbsen, die für unsere Verarbeitungsprozesse essentiell sind. Zudem spielen wettbewerbsfähige Preise im Vergleich zu anderen europäischen Anbieterinnen und Anbietern eine entscheidende Rolle. Sobald die Kichererbsen in unserer Produktion in Leipzig eingetroffen sind, werden sie dort bis zum finalen Produkt in der Produktverpackung verarbeitet.

Oekolandbau.de: Was benötigt man für die Verarbeitung von Kichererbsen?

Katharina Hayn: Für die Weiterverarbeitung von Kichererbsen zu Hülsenreich-Snacks benötigen wir küchenfertig gereinigte Kichererbsen in einheitlicher Größe. Im ersten Schritt werden die Kichererbsen über Nacht (circa 12 Stunden) eingeweicht. Das trägt zum einen zu einer besseren Bekömmlichkeit bei und reduziert zum anderen die Kochzeit. Diese beträgt durchschnittlich 30 Minuten in einem großen Kochkessel. Danach werden die Kichererbsen auf ihre Qualität hin geprüft, die meistens erst nach dem Kochen erkennbar ist, und ein Teil der Kichererbsen wird aussortiert.

Im nächsten Schritt laufen sie durch eine Heißluft-Röstmaschine, die extra in Zusammenarbeit mit einem Maschinenhersteller für unsere speziellen Anforderungen entwickelt wurde. Nachdem die Kichererbsen dort fettfrei knackig geröstet wurden, werden sie mit verschiedenen Gewürzmischungen und etwas Öl in einer Dragiertrommel veredelt. Über Nacht lagern die Kichererbsen in unserem Trocknungsraum, um den perfekten Crunch zu erhalten, bevor sie dann final entweder mit unserer Abfüllmaschine oder per Hand in die Verkaufstüten abgefüllt werden.

Oekolandbau.de: Welche Rolle spielt der regionale Anbau der zu verarbeitenden Hülsenfrüchte für Sie?

Katharina Hayn: Wir engagieren uns für die Förderung von Hülsenfrüchten in Deutschland. Unsere Vision ist es, das Image von Hülsenfrüchten zu transformieren und deren Anbau in der deutschen Landwirtschaft und den allgemeinen Verzehr zu stärken.

Während wir uns langfristig auch bei unserer Snacklinie die Möglichkeiten mit deutschen Kichererbsen anschauen werden, fokussieren wir uns zunächst auf einen anderen innovativen Ansatz: Wir planen, eine neue Produktlinie auf Basis regionaler Hülsenfrüchte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Unser Ziel ist es, Produkte zu kreieren, die optimal zu den Eigenschaften der regionalen Hülsenfrüchte passen.

In Zusammenarbeit mit der Lerchenbergmühle als aufbereitendem und veredelndem Betrieb möchten wir herausfinden, welche Unterstützung Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland benötigen, um erfolgreich Hülsenfrüchte anzubauen. Dazu zählen die Wissensvermittlung über Anbautechniken, Saatgutproblematiken sowie die Gewährleistung von garantierten Abnahmemengen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt unseres Projekts ist die zunehmende Vermarktung von hülsenfruchtbasierten Produkten. Mit der neuen Produktlinie möchten wir die Sichtbarkeit und Verfügbarkeit von Hülsenfrüchten in den Regalen der Supermärkte und in der Gastronomie erhöhen. Dies ist entscheidend, um das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schärfen und den Konsum zu steigern.

Langfristig betrachtet ist unser großer Ziel, ausschließlich Hülsenfrüchte aus Deutschland zu beziehen. Jedoch werden wir uns in den nächsten Jahren aufgrund der aktuellen Strukturen und Anbaumengen noch mit Importware absichern müssen. Gemeinsam mit unseren Projektpartnerinnen und -partnern sowie Unterstützerinnen und Unterstützern sind wir aber entschlossen, die Zukunft der Hülsenfrüchte in Deutschland mitzugestalten und deren Potenzial als nachhaltige Proteinquelle zu nutzen.

Oekolandbau.de: Wie sieht ihre Verbindung zu LeguNet aus?

Katharina Hayn: Das LeguNet ist ein wichtiger Akteur, um ein starkes Netzwerk aus Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft, Wissenschaft und Wirtschaft aufzubauen, welches sich gemeinsam dem Ziel widmet, Hülsenfrüchte als Anbaukultur in Deutschland zu etablieren, Risiken des Anbaus zu minimieren und deren Absatz zu sichern. Wir sind bereits im Austausch und möchten dies zukünftig auch noch weiter ausbauen.

LeguNet

Im Rahmen der bundesweiten Eiweißpflanzen­strategie setzt das Projekt LeguNet die Arbeit von drei Netzwerken zu Erbse/Bohne, Lupine und Soja fort und bündelt das Wissen rund um alle Körnerleguminosen. In Deutschland eher selten angebaute Kulturen wie Kichererbsen und Linsen sind ebenfalls in das Netzwerk integriert, denn durch Klimaveränderungen steigt auch ihr Anbaupotenzial. LeguNet will den Selbstversorgungsgrad mit Körnerleguminosen in Deutschland mit vielen Maßnahmen steigern.

Mehr Informationen über das Projekt LeguNet

Oekolandbau.de: Können Unternehmen wie Hülsenreich dazu beitragen, dass zum Beispiel Bio-Kichererbsen vermehrt regional angebaut werden?

Katharina Hayn: Ja, zentrale Erkenntnisse aus Umfragen unter Landwirtinnen und Landwirten zeigen, dass viele bereit sind, Hülsenfrüchte anzubauen. Besonders die unzureichenden Vermarktungsstrukturen und die niedrigen Preise – zusätzlich zu anderen Herausforderungen wie Ertragsschwankungen – halten sie aber davon ab. Unternehmen wie Hülsenreich können Landwirtinnen und Landwirten die Vermarktung für die Humanernährung ermöglichen, indem sie attraktive Absatzmöglichkeiten mit Vorkontrakten oder Vertragsanbau anbieten und die Bio-Bäuerinnen und -Bauern mit fachlicher Beratung unterstützen.

Oekolandbau.de: Wo sehen Sie noch Lücken in der Wertschöpfungskette für Kichererbsen in Deutschland?

Katharina Hayn: Zusätzlich zu den bereits erwähnten Anbauproblematiken ist ein weiteres Problem die Zwischenverarbeitung. Derzeit fehlen in Deutschland die notwendigen Strukturen, um Kichererbsen in handelsüblichen Abpackungen gereinigt zu beziehen. Es gibt keine zentrale Bezugsstelle, die eine einfache Großabnahme von zum Beispiel Kichererbsen ermöglicht. Ein Zusammenschluss von Landwirtinnen und Landwirten in Erzeugergemeinschaften bietet erste Lösungsansätze.


Letzte Aktualisierung 30.10.2024

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