Sebastian Nuscheler: Seit gut vier Jahren wirtschaften wir biologisch. Zunächst stellte sich uns natürlich die Frage, welche Kulturen wir neben Bio-Weizen anbauen und wie wir den Leguminosenanteil abdecken können. Sonnenblumen sind recht anspruchslos bei der Düngung und es ist eine gute mechanische Unkrautunterdrückung auf Reihe möglich. Wir fahren momentan eine dreigliedrige Fruchtfolge mit Sonnenblumen, Soja und Weizen. Außerdem sind Sonnenblumen eine ideale heimische Eiweißquelle. Das Öl unserer Sonnenblumen selbst zu pressen – dazu haben wir uns erst im zweiten Anbaujahr entschieden. Wir wollten auf unserem Bio-Betrieb eine höhere Wertschöpfung und die Sonnenblume auch selbst weiterveredeln. Das Pressen von Öl an sich ist relativ unkompliziert. Die Idee entstand daraus, dass einer unserer Verpächter Bio-Lebensmittel herstellt und auf der Suche nach in Deutschland produzierten Sonnenblumenöl war. Dieser Lebensmittel-Hersteller ist nun unser bester Kunde. Uns war wichtig, dass wir den Verarbeitungsprozess der Sonnenblumen mit überschaubarem Aufwand und möglichst geringen Investitionskosten in den Betrieb integrieren können. Das Know-how haben wir uns komplett selbst erarbeitet.
Lukas Nuscheler: Grundsätzlich mögen es Sonnenblumen trocken und warm, da waren die Trockenheit der letzten Jahre in Sachsen-Anhalt nicht unbedingt schlecht. Auch das war ein Grund, warum wir uns für die Sonnenblume als Kultur entschieden haben.
Ökolandbau.de: Was ist beim Anbau von Sonnenblumen zu beachten? Was sind die kritischsten Zeitfenster?
Sebastian Nuscheler: Das Problem ist oft die Frage der Folgekultur, da Sonnenblumen eine schlechte Selbstverträglichkeit haben und deshalb danach eine Winterung angebaut werden muss. Weizen eignet sich hierfür gut und unterdrückt spät auflaufende Sonnenblumen. Für die Saat sollte die Bodentemperatur mindestens acht Grad betragen, damit die Sonnenblumen zügig auflaufen. Während der Blüte haben sie den meisten Wasserbedarf. Wir säen die Sonnenblumen vier bis fünf Zentimeter tief, um anschließend als effektive Unkrautbekämpfungsmaßnahme blind striegeln zu können. Außerdem achten wir nach der Ernte auf eine gute Zerkleinerung der Stängel. Bei uns kommt dafür zweimal eine Messerwalzen-Scheibeneggen-Kombination zum Einsatz.
Ökolandbau.de: Wie vermarkten Sie die Sonnenblumen?
Sebastian Nuscheler: Wir verarbeiten unsere eigenen Sonnenblumen und teilweise sogar Zukaufware zu Öl und verkaufen es an den genannten Lebensmittel-Hersteller. Den Presskuchen, der bei der Ölproduktion anfällt, verkaufen wir als hochwertiges Eiweißfuttermittel. Das ist sehr gefragt, wir können aktuell gar nicht genug davon "produzieren". Direkt vermarkten wir das Öl bislang nicht.
Ökolandbau.de: Wie unterscheidet sich der Anbau von biologischen und konventionellen Sonnenblumen zur Ölerzeugung?
Sebastian Nuscheler: Hauptsächlich darin, dass Pflanzenschutz und konventioneller Dünger nicht eingesetzt werden dürfen. Das Saatgut darf außerdem nicht gebeizt sein. Die Unkrautbekämpfung ist dementsprechend aufwendiger, wir striegeln und hacken. Im konventionellen Anbau könnten ungefähr 500 bis 1.000 Kilogramm pro Hektar mehr Ertrag erreicht werden, aber wir sind trotzdem zufrieden.
Ökolandbau.de: Was muss man beim Anbau für Bio-Sonnenblumenöl von Seiten des verarbeitenden Unternehmens beachten? Wie muss man die Ölfrüchte anbauen?
Lukas Nuscheler: Am besten ist es, wenn unsere zuliefernden Landwirte eine Sorte anbauen. Die Feuchtigkeit soll maximal acht Prozent, der Ölgehalt mindestens 44 Prozent betragen. Vorab schließen wir mit den Landwirten Mengenkontrakte ab. Bei Sonnenblumen unterscheidet man zwischen Linoleic-Sorten und High Oleic-Sorten. Wir produzieren und verarbeiten Linoleic-Sorten zu kalt gepresstem Öl, da sie einen hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren mit einem hohen Anteil an Linolsäure aufweisen. Die Sorten werden hauptsächlich als Salatöl verwendet, da sie nicht so hitzebeständig sind. High Oleic-Sorten werden aufgrund des höheren Ölsäuregehalts oft in der Kosmetik, aber auch zum Braten und Backen verwendet.
Ökolandbau.de: Wie hat sich die Nachfrage seit Beginn des Ukraine-Kriegs verändert? Wie schätzen Sie künftig die Nachfrage nach Bio-Sonnenblumenöl ein?
Sebastian Nuscheler: Ungewollt konnten wir mit unserem Sonnenblumenöl in Kriegszeiten punkten, das war so nicht geplant. Der Start war für uns aufgrund des Ukraine-Kriegs und der hohen Nachfrage sicherlich einfacher, auch bei der Gewinnung von Neukunden für unser Öl und der Listung als Lieferant im Lebensmitteleinzelhandel. Die Preise waren gut und die Nachfrage hoch. Jetzt sieht es deutlich magerer aus, auch der konventionelle Sonnenblumenöl-Markt ist rückläufig – überkompensiert aus der letzten Kampagne. Die Nachfrage nach Presskuchen ist aber sehr hoch, da viele Ölmühlen die Produktion reduzieren und dadurch das Eiweißfuttermittel fehlt.
Lukas Nuscheler: Ein großer Vorteil bei uns ist, dass Bio-Sonnenblumenöl aus Deutschland schwierig zu finden und daher besonders für Aufstriche und vegetarische Produkte sehr gefragt ist. Aktuell stehen besonders Schälsonnenblumen hoch im Kurs, da ist die Nachfrage gerade enorm. Wir sind auf jeden Fall gespannt, wie sich die Märkte die nächsten zwei, drei Jahre entwickeln werden.