Projekt Wandelschwein: Auf- und Ausbau einer regionalen Wertschöpfungskette für Bio-Schweine
Bio-Schweinhaltung statt Betriebsaufgabe - wie kann das funktionieren? Foto: Hendrik Alkemade
Die Öko-Schweinehaltung ist wirtschaftlich und erfüllt Verbraucheranforderungen an Tier- und Umweltschutz. Dennoch werden derzeit nur ein Prozent der Schweine ökologisch erzeugt. Das Projekt "WandelSchwein" entwickelt Wertschöpfungsketten (WSK) für Öko-Schweine in Süddeutschland. WSK-Manager Hendrik Alkemade berichtet über die bisherigen Herausforderungen und Erfolge des Projektes.
Im Interview mit Oekolandbau.de berichtet Wertschöpfungsketten-Manager Hendrik Alkemade über die Ziele und Fortschritte des Projekts.
Oekolandbau.de: Um was geht es bei dem Projekt? Welche Ziele sollen erreicht werden?
Hendrik Alkemade: Die (konventionelle) Schweinehaltung befindet sich in einer tiefen strukturellen Krise. In den vergangenen zwei Jahren gaben acht Prozent der Betriebe auf. Perspektive bietet die Öko-Schweinehaltung: Sie ist wirtschaftlich und erfüllt steigende Verbraucheranforderungen an Tier- und Umweltschutz. Dennoch werden derzeit weniger als ein Prozent der Schweine ökologisch erzeugt.
Die langfristige Festlegung beim Stallbau und die offene Frage, ob dieser auch künftig den gesellschaftlichen und somit neuen gesetzlichen Anforderungen genügt, lassen Betriebe oft vor Investitionen zurückschrecken. Zukunftsweisend haben Öko-Anbau-Verbände wie Bioland demokratische Richtlinien mit strengen Anforderungen unter anderem an die Tierhaltung. Dies gibt Sicherheit. Sie unterstützen weiter mit gutem Netzwerk, kompetentem Beratungsangebot und kommunizieren die Mehrwerte an Verbraucher.
Gesamtziel des Projektes "WandelSchwein" ist daher der Auf- und Ausbau einer regionalen Wertschöpfungskette für Schweine aus Bioland-Erzeugung in Baden-Württemberg und Bayern als Alternative für konventionelle Betriebe zur Aufgabe. Das Projekt soll ein ausbau- und replizierfähiges Best-Practice-Beispiel für einen zukunftsfähigen Strukturwandel in der Schweinehaltung schaffen, indem es Wertschöpfungsketten für Öko-Schweine mit darüberhinausgehenden Mehrleistungen für Tierwohl, Klima und Umwelt am Beispiel der Bioland-Erzeugung schafft. Der Aufbau eines stabilen Netzwerks aus Ferkel- und Mastbetrieben, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen soll eine langfristig erfolgreiche Erzeugung und Vermarktung sicherstellen.
Die landwirtschaftliche Struktur in den Projektregionen wird erhalten, der Selbstversorgungsgrad beim Öko-Schwein erhöht. Eine gut organisierte Bündelung und Verarbeitung soll auch die Nachfrage von größeren Abnehmern (zum Beispiel dem Lebensmitteleinzelhandel) langfristig bedienen. Betriebe erhalten so größtmögliche Sicherheit vor unvorhersehbaren Marktentwicklungen. Der Verzicht auf chemisch-synthetische Betriebsmittel und die Futtererzeugung in regionalen Kreisläufen trägt zudem wesentlich zur Ernährungssouveränität bei.
Wertschöpfungskettenmanager im Projekt Wandelschwein!: Hendrik Alkemade
Hendrik Alkemade
"Zu der Stelle als Wertschöpfungskettenmanager bin ich als Quereinsteiger in den Bereich der Landwirtschaft gekommen. Nach dem Studium der Humanmedizin habe ich zunächst mehrere Jahre in verschiedenen Kliniken gearbeitet, zuletzt als Oberarzt der Notaufnahme der Universitätsklinik Aachen. Nach dem Entschluss, mein bisheriges Berufsfeld zu verlassen, konnte ich fast ein Jahr in der Landschaftspflege der NABU-Naturschutzstation Aachen mitarbeiten. Hier entdeckte ich das spannende Feld der ökologischen Landwirtschaft. Und so bewarb ich mich um die Stelle des Wertschöpfungskettenmanagers bei der rebio, wo ich seither tatkräftig anpacken kann."
Oekolandbau.de: Was sind die Herausforderung in diesem Projekt?
Hendrik Alkemade: In der Folge des Ukrainekrieges kam es zu einer fulminanten Inflation mit einer darauffolgenden Kaufzurückhaltung der Bevölkerung bei Bio-Schweinefleisch, deren Folgen sich bis heute auswirken. Insbesondere kleinere und mittlere Verarbeitungs- und Handelsunternehmen von Bio-Schweinefleisch haben nach wie vor große Schwierigkeiten, die hohen Produktionskosten an ihre preissensible Kundschaft weiterzugeben. Aus diesem Grund hat sich die Diversifizierung der Wertschöpfungskette als eine große Herausforderung erwiesen. Des Weiteren sind die Preise, die Landwirtinnen und Landwirte aus der Wertschöpfungskette bei diesen Partnerunternehmen erzielen können noch nicht vollkostendeckend.
Gleichzeig erholte sich im Lebensmitteleinzelhandel die Nachfrage nach Bio-Schweinefleisch, so dass aktuell wieder ein erhöhter Bedarf besteht. Diese erhöhte Nachfrage macht eine Aufnahme von weiteren Ferkelerzeugungs- und Mastbetrieben oder geschlossenen Systemen in die Wertschöpfungskette notwendig, um den Bedarf zu decken. Insbesondere im Bereich der Ferkelerzeugung besteht aktuell wieder eine erhöhte Nachfrage, die durch die momentane Produktion nicht gedeckt werden kann.
Die aktuelle Wirtschaftslage, sich verändernde politische Rahmenbedingungen und hohen Baukosten führen aber zu einer anhaltend geringen Umstellungsbereitschaft der Landwirtinnen und Landwirte.
Ein stabiles Netzwerk aus Ferkel- und Mastbetrieben, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen für eine langfristig erfolgreiche Erzeugung und Vermarktung. Foto: Hendrik Alkemade
Welche Erkenntnisse konnten bereits erzielt werden? Was sind die nächsten Schritte?
Die Vermarktung von Bio-Schweinen über langfristige (zehn Jahre) Verträge mit Partnerunternehmen aus dem Handel ermöglichen den Ferkel- und Mastbetrieben eine verlässliche Planung. Diese Planungssicherheit zusammen mit der Festlegung vollkostendeckender Preise in der Schweinefleischvermarktung eröffnen den landwirtschaftlichen Betrieben eine Perspektive, die eine Umstellung auf ökologische Schweinehaltung attraktiv macht.
Durch eine zentrale Mengenplanung und Disposition können die Produktion effizient gesteuert und die Kosten für Logistik und Vertrieb minimiert werden. Das bei der rebio durchgeführte Qualitätsmanagement sichert zudem den Abnehmern in der Wertschöpfungskette eine gleichbleibende Produktqualität und steigert die Kundenzufriedenheit.
Ziel für die verbleibende Projektzeit ist die Diversifizierung der Wertschöpfungsketten, um resilienter gegenüber zukünftigen Marktschwankungen zu sein. Hier steht die Vermarktung von Bio-Schweinen an kleinere und mittlere Verarbeitungs- und Handelsunternehmen im Vordergrund. Um hier auch den Bedürfnissen der kleinen und mittleren Handwerksbetriebe gerecht zu werden, gleichzeig aber vollkostendeckende Preise für die Erzeuger zu erreichen, erfolgt aktuell die Entwicklung und die Etablierung eines abgestuften Preisanpassungsmodells. Dieses soll den kleineren Betrieben einen längeren Zeitraum zur Anpassung an höhere Erzeugerpreise gewähren. Des Weiteren sollen die Betriebe bei der Vermarktung und Kommunikation zum Bio-Schweinefleisch unterstützt werden.
Wer ist noch am Projekt beteiligt? Wie funktioniert die Zusammenarbeit vor Ort?
Hendrik Alkemade: Antragstellerin für das Projekt ist die rebio (Regionale BIOLAND Erzeugergemeinschaft GmbH). Weitere Projektpartner sind die Bio-Landgut Fleisch EZG GmbH, der Bioland Landesverband Baden-Württemberg e.V. sowie der Bioland Landesverband Bayern e.V. und die BFG Bio-Fleisch GmbH.
Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos. Insbesondere die enge Abstimmung mit weiteren Projekten der Richtlinie zur Förderung von Bio-Wertschöpfungsketten (RIWERT), die bei den Bioland Landesverbänden angesiedelt sind, sind ein großer Mehrwert für das Wandelschwein Projekt. Außerdem steht mit den Bioland Verbänden auch ein Netzwerk an Beraterinnen und Beratern und Expertinnen und Experten für verschiedene Aspekte der Lebensmittelvermarktung zur Verfügung, auf die im Projekt jederzeit zurückgegriffen werden kann.
Projektinfos
Weitere Informationen rund um das Projekt finden Sie im Projektsteckbrief.
Das Projekt wird über die Förderrichtlinie RIWERT gefördert. Die Richtlinie ist eine Maßnahme des Bundesprogramms Ökologischer Landbau, initiiert und finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
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