Projekt reffiSchaf: Innovative Vermarktung von regionalem Schaffleisch

Projekt reffiSchaf: Innovative Vermarktung von regionalem Schaffleisch

Ziel des Projekts "reffiSchaf – ressourceneffiziente Schafhaltung" ist der Aufbau einer regionalen Wertschöpfungskette für Bio-Schaffleisch in der Metropolregion Berlin-Brandenburg. Denn Schaffleisch findet, anders als Schafsmilchprodukte, in Deutschland kaum Abnehmerinnen und Abnehmer. Das Projektteam hat neue Rezepte und Ideen entwickelt, um das Fleisch ausgewachsener Tiere schmackhafter zu machen.

Altschafe werden aktuell häufig aus Deutschland lebend in Drittländer verschifft oder zu Tiernahrung verarbeitet. Für die Schafhalterinnen und Schafhalter ist dies aus wirtschaftlicher Sicht nicht sehr lukrativ und außerdem aus Sicht des Tierwohls zu kritisieren.

Im Projekt "reffiSchaf" werden Bio-Produkte aus Schaffleisch mit neuen Rezepturen entwickelt, die das schafeigene Aroma durch technologische Maskierungsverfahren, Gewürze, Marinaden und durch die Beimischung von Gemüseanteilen reduzieren und somit maskieren. Die Schaffleisch-Produkte entstehen unter dem Gedanken der Ganztierverwertung und sollen den Verbraucherinnen und Verbrauchern in erster Linie schmecken, jedoch auch die Bedeutung der Schäferei für den Naturschutz in der Region näherbringen. Entwickelt wurden von der Frankenförder Forschungsgesellschaft mbH im Projekt bereits

  • eine Mini-Salami,
  • eine Bratwurst,
  • ein Leberkäse und
  • eine Frikadelle.

Film ab: Das Projekt "reffiSchaf" im Video


Neben der Produktentwicklung sind Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung ein wichtiger Bestandteil des Projekts, sodass die Gemeinwohlleistungen, die Schäferinnen und Schäfer erbringen, für Kundinnen und Kunden sichtbar werden. Das Projekt richtet sich in seiner Öffentlichkeitsarbeit allerdings nicht nur an Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch an die Außer-Haus-Verpflegung (AHV). Denn gerade hier können die innovativen Bio-Schaffleischprodukte eine Zielgruppe finden. Geplant sind zudem Workshops für Verarbeitungsbetriebe, in denen das im Projekt erarbeitete Wissen in Bezug auf Herstellung und Rezepturen mit Schaffleisch weitergeben werden soll.

Im Interview erzählt Peter Schmidt, der Projektkoordinator von "reffiSchaf", von seinen Erfahrungen mit den ersten Verkostungsaktionen der Bio-Schaffleischprodukte, der Bedeutung der Schafhaltung für die Region Brandenburg und wie man diese Bedeutung an Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch an Mitarbeitende in der AHV, kommunizieren kann.

Interview mit Peter Schmidt

Oekolandbau.de: Wie kann man den Leitspruch des Projekts "Erhalt durch Konsum", den Sie auf Ihrer Webseite nennen, in Bezug auf die Schafhaltung in Brandenburg verstehen?

Peter Schmidt: Der Leitspruch "Erhalt durch Konsum" in Bezug auf die Schafhaltung bedeutet, dass unsere traditionellen Kulturlandschaften und Deiche sowie deren Biodiversität durch die Beweidung von Schafen entstehen beziehungsweise erhalten werden. Daher wird durch den Konsum des Fleisches vom Weideschaf die Wirtschaftlichkeit der Schafhaltung gestärkt. Ohne den Konsum des Fleisches der Weideschafe oder Lämmer, der Schafsmilch oder des Käses und dem Kauf von Wolle und Fellen werden die Anzahl der Schäfereibetriebe und Schafe zurückgehen und somit auch die Pflege der Landschaft, Naturschutzgebiete, der Deiche oder auch der Heide abnehmen. Schäferinnen und Schäfer finanzieren sich aktuell zum Großteil von Subventionen, die sie für diese gesellschaftlichen Leistungen erhalten – und genau diese kann man mit dem Konsum der Erzeugnisse des Schafes unterstützen und fördern.

Der "Konsum" ist ein wichtiges Werkzeug, um die Nachhaltigkeit und den Fortbestand dieser regionalen Schäfereien zu sichern. Der Umsatz, der durch den Verkauf der Schafprodukte erzielt wird, trägt dazu bei, dass die Schäferinnen und Schäfer in Brandenburg weiterhin in der Lage sind, die Schafhaltung zu betreiben und somit auch die damit verbundenen ökologischen und kulturellen Werte zu bewahren und die gesellschaftlichen Leistungen zu erbringen.

Oekolandbau.de: Schaffleisch hat häufig einen intensiveren Geschmack, der für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ungewohnt ist. Welche Gewürze und Marinaden eignen sich, um das "Schafaroma" zu überdecken?

Peter Schmidt: Marinieren ist ein häufig angewandtes Verfahren, bei dem Fleisch in Marinaden, die Geschmacksstoffe, Gewürzen oder funktionellen Zusatzstoffen enthalten, eingelegt wird oder diese injiziert werden. Marinaden sind in der Regel Mischungen aus verschiedenen Zutaten wie Wasser und Öl, Essig, Salzen, Kräutern, Gewürzen und weiterem. Durch diese Art der Vorbehandlungen des Fleisches können dessen sensorische Eigenschaften verbessert sowie die Haltbarkeit verlängert werden.

Im Projekt wurde von unserem Projektpartner, der Frankenförder Forschungsgesellschaft mbH, festgestellt, dass Ingwersaft bereits in geringen Mengen dazu beiträgt, das Schafaroma zu maskieren, ohne die Sensorik des Endproduktes negativ zu beeinflussen. Die Zugabe von Olivenöl kann ebenfalls zu einer Abmilderung das Schafaroma beitragen. Auch der Zusatz von stark aromatisierten Verbindungen, wie Zitrone, oder Gewürzen mit ätherischen Ölen, wie Oregano oder Thymian, trägt dazu bei, Geruch und Geschmack zu überdecken.

Die im Projekt "reffiSchaf" entwickelten Rezepturen für Schaf-Salami und -Bratwurst sind auf der Webseite online gestellt. Außerdem finden sich dort weitere Rezepte, um mit den verschiedenen Fleischstücken vom Schaf zu kochen.

Oekolandbau.de: Wie kommen Ihre Produkte in den Verkostungsaktionen mit Verbraucherinnen und Verbrauchern, zum Beispiel auf der Grünen Woche, an? Welche Produkte sind besonders beliebt?

Peter Schmidt: Die entwickelten Produkte wurden in den Verkostungsaktionen sehr gut angenommen und wiesen eine hohe Akzeptanz auf. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher erwähnten in den Verkostungen, dass sie kein Weideschaf herausschmecken konnten. Insbesondere die Bratwurst bietet den Vorteil, dass sie oberhalb des Schmelzpunktes von Schaffett verzehrt wird und somit das Problem des wächsernen und talgigen Mundgefühls verringert wird.

Die beliebteste Wurstwaren-Kategorie in Deutschland ist die Brühwurst, wobei die Bratwurst zu den besonders gefragten Produkten zählt. Diese Statistik deckt sich mit den bisherigen Erfahrungen im Projekt. Weitere geplante Produktentwicklungen, wie die Frikadelle, bieten ebenfalls ein großes Potential auf dem deutschen Markt.

Ziel ist es eben, das nicht in der deutschen Kulinarik verankerte Fleisch von Weideschafen mithilfe von uns bekannten und beliebten Produkten zugänglicher zu machen und zumindest bei der Produktart auf eine vorherrschende Gewohnheit zu setzen. Kombiniert mit der Maskierung des als oftmals zu streng wahrgenommenem Geschmacks versucht das Projekt Produkte zu entwickeln, welche den Gaumen und die Vorstellungen und Gewohnheiten der breiten Masse treffen.

Oekolandbau.de: Wo wird man die von Ihnen entwickelten Produkte kaufen können?

Peter Schmidt: Bisher wurden die Produkte über die Bio Company in Berlin und die Märkische Kiste in Berlin vermarktet. Zudem sind zu Ostern Aktionswochen geplant mit Naturkost Globus in Eberswalde, der Bio Company und dem Hofladen des Biohof Phöben. Aktuell in Arbeit ist die Platzierung der Produkte in der Gemeinschafts- und Individualgastronomie.

Bisher wurden die Produkte in Form von Aktionswochen vermarktet, um eine Etablierung von Schaffleisch zu unterstützen. Solche Aktionen sind mit Verkostungen und viel Bewerbung kombiniert, um Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und die Verbraucherinnen und Verbraucher zu informieren. Ziel ist es, dass die Produkte zukünftig im Standartsortiment zu finden sind.

Oekolandbau.de: Wie kann man Verbraucherinnen und Verbrauchern den Wert von Schaffleisch – sowohl für die Region als auch für die Umwelt – näherbringen?

Peter Schmidt: Bei der Vermarktung wird darauf geachtet, durch Marketing gezielt Konsumentinnen und Konsumenten zum Kauf zu bewegen, anhand von Aufklärungsarbeit über alle Vorteile der Schafhaltung, und dadurch eine Kundenbindung zu schaffen. Für Produkte mit einer Vielzahl an Nachhaltigkeitsaspekten und positiven Eigenschaften ist es besonders wichtig, zu differenzieren und die Konsumentinnen und Konsumenten zu Beginn nicht mit zu vielen Informationen zu erschlagen. Daher wird mit unterschiedlichen Medien wie einer Webseite, Instagram, Broschüren und Flyern, Videos, aber auch klassisch mit Verkostungen gearbeitet. Wichtig ist in erster Linie, dass das Produkt geschmacklich überzeugt und gekauft wird.

Um Verbraucherinnen und Verbrauchern den Wert von Schaffleisch sowohl für die Region als auch für die Umwelt näherzubringen, kann eine Mischung aus Aufklärung, emotionaler Ansprache und praktischen Informationen zu folgenden drei Punkten genutzt werden:

  1. Regionale Verbundenheit und nachhaltige Landwirtschaft betonen: Die lange Tradition der Schafhaltung in der Region Brandenburg sollte hervorhoben werden. Man kann darauf hinweisen, wie wichtig diese Praxis für den Erhalt von Kulturlandschaften und regionaler Identität ist. Schafhaltung hat oft eine tiefe kulturelle Bedeutung und trägt zur Erhaltung von charakteristischen Landschaften bei, wie etwa der Offenlandpflege.
  2. Umwelt- und Naturschutzaspekte herausstellen: Schafe tragen durch ihre Weidewirtschaft zur Pflege von Flächen bei, die für viele Pflanzen- und Tierarten wichtig sind. In vielen Regionen Brandenburgs helfen Schafe dabei, Feuchtwiesen oder Landschaften offen zu halten, die für bestimmte Vogelarten und andere Wildtiere wichtig sind und fördern somit die Biodiversität. Außerdem ist Schafhaltung oft eine Form der extensiven Landwirtschaft, die weniger Ressourcen verbraucht als industrielle Tierhaltungsformen. Schafe weiden auf Weiden, die keine intensiven Düngemittel oder chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel erfordern und tragen so zu einer ökologischeren und nachhaltigeren Nutzung der Flächen bei.
  3. Tierwohl und ethische Produktion betonen: Wenn Schafhaltung in der Region stattfindet, können Verbraucherinnen und Verbraucher sicher sein, dass die Tiere artgerecht gehalten werden, insbesondere, wenn sie bei einem Bio-Betrieb oder einer nachhaltigen Schäferei gekauft werden. Es ist wichtig, den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu zeigen, dass Schafhaltung unter guten Bedingungen stattfindet, was das Tierwohl betrifft.

Oekolandbau.de: Und wie sieht es beim Küchenpersonal von Restaurants und Kantinen aus: Welche Überzeugungsarbeit muss hier geleistet werden?

Peter Schmidt: Auch für das Küchenpersonal gelten die oben genannten Vorteile und Argumente. Neben diesen theoretischen Argumenten werden im Projekt aber auch Workshops und Exkursionen organisiert. Die Events sind meist eine große Motivation und sorgen für direkte, praktische Eindrücke und Ideen, welche die Teilnehmenden dann in der Küche einbringen.

Wichtig hierbei ist das an die Hand geben von Rezeptideen, was wir mit unserer Broschüre gemacht haben. Da es hierzulande kaum Rezepte für die Verwendung von Weideschaf gibt beziehungsweise diese nicht bekannt sind, ist es von Bedeutung, hier Kreativität und Ideen zu fördern und zu ermutigen, sich an das Thema Weideschaf heranzutrauen.

Wie immer steht auch der Preis im Fokus, gerade in der Gemeinschaftsgastronomie. Es handelt sich im Projekt um regionales Bio-Fleisch, welches teurer ist als konventionelles Fleisch aus Übersee. Allerdings können vor allem bei der Schafhaltung die gesellschaftlichen Leistungen und der Mehrwert eindrücklich und nachvollziehbar dargestellt werden.

Am besten funktionieren sowohl bei Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch bei Köchinnen und Köchen Verkostungen. Hier können die Menschen das Produkt erleben, schmecken und bekommen dank der Informationen aus dem Projekt auch den Kontext zum Produkt aufgezeigt.

Das Projekt "reffiSchaf" wird von der Frankenförder Forschungsgesellschaft mbH und der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg e.V. sowie weiteren Praxispartnerinnen und -partnern durchgeführt. Eine Karte der beteiligten Betriebe findet sich auf der Projektwebseite. Das Projekt wird vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert.


Letzte Aktualisierung 04.04.2025

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